Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerberaterprüfung 1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.07.1999; Aktenzeichen VII R 22/99)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Beschluß:

Der Streitwert beträgt 10.000 DM.

 

Tatbestand

Im Rahmen der Steuerberaterprüfung 1997 wurde die Gesamtnote für die schriftliche Prüfung der Klägerin (Klin.) auf 5,33 festgesetzt (Verfahrensrechts-Klausur 5,5; Ertragsteuerrechts-Klausur 5,0; Buchführung-Bilanzwesen-Klausur 5,5) und die Klin. mit Verfügung des Beklagten (Bekl.) vom 30.01.1998 nach § 25 Abs. 2 DVStB von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen. Zugleich wurde ihr mitgeteilt, sie habe die Steuerberaterprüfung 1997 nicht bestanden.

Dagegen wendet sich die Klin. mit ihrer Klage.

Sie trägt vor, nach ihrer Prüfung habe sie erfahren, daß eine der drei Prüfungsklausuren – die Ertragsteuerklausur – den Teilnehmern des Steuerrechtsrepetitoriums Knoll GmbH, München, bereits bekannt gewesen sei. Außerdem sei in Schleswig-Holstein eine andere – leichtere – Verfahrensrecht-/AO-Klausur als in den anderen Bundesländern geschrieben worden; die Thematik sei zum Teil unterschiedlich gewesen, nämlich in Schleswig-Holstein Bewertungsrecht, im übrigen Bundesgebiet Erbschaftsteuerrecht. Dadurch sei die Klin. benachteiligt worden, so daß die vorliegende Prüfung nicht als Fehlversuch gewertet werden dürfe. Die Prüfungsteilnehmer, die die Ertragsteuerklausur bereits vorab gekannt hätten, seien im Vorteil gewesen und erheblich besser benotet worden. Dieser Vorteil bedeute eine Verletzung des Gleichheitssatzes und des Rechts der Klin. auf Chancengleichheit.

In Ergänzung ihres Klagevorbringens hat die Klin. Kopien eines Schreibens des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen an das Steuerrechts Institut Knoll GmbH vom 23.10.1997 sowie eines Schreibens der Knoll GmbH vom 10.11.1997 vorgelegt. Darauf wird verwiesen (Bl. 11–14 d.A.).

Der Bekl. stellt nicht in Abrede, daß der Ertragsteuerklausur als Vorlage eine Übungsklausur des Instituts Knoll gehabt habe. Davon habe er, der Bekl., aber erst nach der schriftlichen Prüfung erfahren. Von einer bewußten Bevorzugung bzw. Benachteiligung der Prüfungskandidaten könne keine Rede sein. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liege deshalb nicht vor. Die begünstigten Kandidaten hätten zufällig das „Glück” gehabt, eine Prüfungsaufgabe zur Bearbeitung zu erhalten, auf die sie vorbereitet gewesen seien. Dadurch werde der Grundsatz der Chancengleichheit aber nicht verletzt. Es gebe keinen Rechtssatz, der es einer Prüfungsbehörde verbiete, bei der Auswahl ihrer Arbeiten auf bereits veröffentlichte Fälle zurückzugreifen. Eine Benachteiligung der Klin. scheide im übrigen aus, weil die Bewertungskriterien für die Steuerberaterprüfung bereits im Vorfeld der schriftlichen Prüfung festgelegt worden seien. Die Bewertung orientierte sich an einem absoluten Bewertungsmaßstab und nicht an einer irgendwie gearteten Durchfallquote. Der Prüfling solle mit der Prüfung seine wahre Leistung und Befähigung zeigen und darlegen, daß er den Beruf eines Steuerberaters ordnungsgemäß ausüben könne. Die gezeigte Qualität der einzelnen Prüfungskandidaten ändere sich aber nicht dadurch, daß andere durch eine „gewisse Unzulänglichkeit” des Prüfungsverfahrens einen Vorteil erlangten. Solange das Prüfungsverfahren eines Kandidaten selbst korrekt verlaufe, könne er sich nicht auf eine Begünstigung anderer Prüfungsteilnehmer berufen. Der Bewertungsmaßstab für die Korrektur der Erstklausur sei nach Bekanntwerden der Umstände „Knoll” nicht geändert worden, habe mithin zu keiner Wettbewerbsverzerrung für die Kandidaten geführt.

Auch die Ausgabe unterschiedlicher Verfahrensrechts-/AO-Klausuren in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen verletze die Chancengleichheit nicht. Die Steuerberaterprüfung sei eine Landesprüfung, die nur länderübergreifend koordiniert sei. Innerhalb Nordrhein-Westfalens hätten einheitliche Prüfungsbedingungen bestanden.

Selbst wenn aber eine Verletzung der Chancengleichheit vorläge, beträfe diese nicht die gesamte Prüfung, sondern nur Teilbereiche. Die Klin. könne daher allenfalls erreichen, daß ihr Gelegenheit gegeben werde, erneut eine Aufsichtsarbeit aus dem Gebiet des Verfahrensrechts und/oder des Ertragssteuerrechts zu fertigen.

Die Klin. ist der Ansicht des Bekl. unter Hinweise auf Rechtsprechung (u. a. FG Hamburg vom 22.08.1997, EFG 1998, 245; OVG Berlin vom 26.06.1998 7 N 15.98) entgegengetreten, Rechtsprechung, die wiederum der Bekl. vorliegend nicht für einschlägig hält.

Die Klin, beantragt,

die Entscheidung des Prüfungsausschusses für Steuerberater beim Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen vom 30.01.1998 aufzuheben.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Bekl. zu Az. S 0936-Schm 278- V A 3 vorgelegen nebst Begutachtung der Prüfungsklausuren der Klin. Darauf wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 10.02.1999 wird ver...

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