Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung von betrieblich und gesellschaftlich veranlaßtem Forderungsverzicht

 

Leitsatz (redaktionell)

1.) Der Forderungsverzicht gegenüber einer GmbH ist nicht betrieblich, sondern gesellschaftlich veranlaßt, wenn der Gesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns keinen Forderungsverzicht ausgesprochen hätte. Dies gilt entsprechend für den Fall, daß Gläubiger der erlassenen Schuld eine Personengesellschaft ist, an der der Gesellschafter der GmbH als Mitunternehmer beteiligt ist.

2.) Von einer gesellschaftlichen Veranlassung ist auszugehen, wenn die übrigen Gläubiger der Gesellschaft keinen Forderungsverzicht ausgesprochen haben, sowie dann, wenn der Gesellschafter gegenüber der GmbH Patronatserklärungen abgegeben hat.

3.) Ein gesellschaftlich veranlaßter Forderungsverzicht ist bei der Schuldnergesellschaft in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung als verdeckte Einlage in das Gesellschaftsvermögen zu beurteilen.

4.) Beim Gläubigerpersonenunternehmen führt der gesellschaftlich veranlaßte Forderungsverzicht zu einer verdeckten Entnahme, die mit dem Teilwert zu bewerten ist.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1, 1 Nrn. 4, 4 S. 1, Nr. 5, § 4 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 26.08.2004; Aktenzeichen IV R 60/02)

 

Gründe

Streitig ist, wie der Forderungsverzicht gegenüber einem verbundenen Unternehmen steuerlich zu bewerten ist.

Der Kläger (Kl.) war im Streitjahr 1994 mit 90 v.H. als Kommanditist an den Firmen

  1. M-GmbH & Co KG (M-KG) und
  2. E-GmbH & Co KG (E-KG)

beteiligt. Weitere Kommanditistin mit 10 v.H. war seine am 25.02.1995 durch Tod aus den Gesellschaften ausgeschiedene Mutter. Deren Kommanditanteile sind im Wege der Erbfolge auf den Kl. übergegangen, der ab diesem Zeitpunkt alleiniger Kommanditist war. Die vorbezeichneten Firmen betrieben im Streitzeitraum das Gewerbe der Montage von Industrieanlagen bzw. des Anlagenbaus. Beide Firmen wurden mit Vertrag vom 18. 12. 1997 mit Wirkung auf den 01. 06. 1997 auf die Firma U-GmbH (GmbH), an der der Kl. ebenfalls zu 97 v. H. der Anteile hielt, unter Ausschluss der Liquidation umgewandelt. Diese GmbH firmiert heut als Firma MU-GmbH.

Die vorbezeichneten Firmen ermitteln ihren Gewinn im Rahmen eines am 31.05. eines jeden Jahres endenden abweichenden Wirtschaftsjahres.

Die GmbH wies in der Bilanz zum 31.05.1993 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i.H.v. 652.054,96 DM aus. Im nachfolgenden Wirtschaftsjahr 1993/1994 erzielte die GmbH einen Gewinn i.H.v. 698.670,64 DM, der aus einem Forderungsverzicht der Firma E-KG sowie der Firma M-KG resultiert. Wegen des Inhalts des Forderungsverzichtes vom 12.05.1994 wird auf die bei den Finanzgerichtsakten befindliche Fotokopie des Verzichtes Bezug genommen. Zum Zeitpunkt des Forderungsverzichtes und auch nachfolgend bestanden jeweils Patronatserklärungen des Kl. nach denen sich dieser mittelbar oder unmittelbar verpflichtete, die GmbH so auszustatten, dass sie ihren finanziellen Verpflichtungen jederzeit nachkommen konnte.

Am 14.05.1994 vereinbarten die Firmen E-KG sowie M-KG mit der GmbH ergänzend, dass die ausgesprochenen Forderungsverzichte steuerlich als Entnahmen bzw. Einlagen des Kl. zu werten seien, sofern die Finanzverwaltung die Ausbuchung der Forderungen bei den KG's nicht als Aufwand bewerte.

Auf Grund der von den KG's eingereichten Feststellungserklärungen für das Streitjahr 1994 erfolgten die einheitlich und gesonderten Feststellungen des Gewinns/Verlustes zunächst antragsgemäß.

Im Februar 1998 fand bei den vorbezeichneten Firmen eine Betriebsprüfung (Bp) durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung Herne statt. Der Bp-Prüfer vertrat die Auffassung, dass der streitbefangene Forderungsverzicht als Entnahme durch den Kl. zu behandeln sei, da der Forderungsverzicht seinen Ursprung im Gesellschaftsverhältnis habe. Er erhöhte die Gewinne für das Wirtschaftsjahr 1993/1994 um 758302,25 DM (E-KG) sowie 871.285,91 DM (M-KG).

Der Beklagte (Bekl.) folgte dieser steuerlichen Behandlung und änderte die Feststellungsbescheide für 1994 der vorbezeichneten Firmen entsprechend. Die Änderungsbescheide datieren vom 07.04.1998. Die Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbetragsfestsetzungen für das Streitjahr 1994 änderte der Bekl. entsprechend.

Der Kl. legte gegen die geänderten Steuerbescheide Einspruch ein, die der Bekl. mit Einspruchsentscheidungen (EE'en) vom 28.12.1998 als unbegründet zurückwies.

Mit der am 20.01.1999 erhobene Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter.

Er ist der Auffassung, dass ein wie im Streitfall mit einem Besserungsschein ausgestatteter Forderungsverzicht in der Weise steuerlich anzuerkennen sei, dass er zu Betriebsausgaben des Verzichtenden führe, wenn er aus betrieblichen Interessen des Verzichtenden erklärt werde. Diese Auffassung vertrete auch der BFH. So habe das Oberste Finanzgericht zuletzt in seiner Entscheidung vom 09.06.1997 (BStBl. II 1998, 307, 312) ausdrücklich festgestellt, dass ein Forderungsverzicht im eigenwirtschaftlichen Interesse des Gläubigers...

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