Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerungsverlust i.S.des § 17 Abs. 4 EStG bei Liquidation

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 4 EStG im Falle der Liquidation einer Gesellschaft ist ausnahmsweise bereits vor Abschluss der Liquidation realisiert, wenn die Umstände aus dem Bericht des Insolvenzverwalters den Schluss zulassen, dass das Vermögen der Gesellschaft zu Liquidationswerten die Schulden nicht mehr decken wird, die Auskehrung von Restvermögen somit ausscheidet und zudem weder Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass noch weitere Beiträge für die Insolvenzmasse generiert werden können, noch auf Ebene der Gesellschafter nachträgliche AK auf die Beteiligung oder wesentliche Veräußerungskosten zu erwarten sind.

 

Normenkette

EStG § 17

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 23.11.2018; Aktenzeichen IX B 87/18)

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung eines steuerlichen Verlustes aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft, § 17 Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 2013 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden.

Die Klägerin war Gesellschafterin der N GmbH(GmbH); ihr Geschäftsanteil von 184.000 DM (= 94.078 €) entsprach 9,2 % des Stammkapitals der Gesellschaft.

Mit Beschluss vom 31.10.2001 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Dezember 2001 hatte die Insolvenzverwalterin angezeigt, dass Masseunzulänglichkeit vorliege. Im Insolvenzverwalterbericht vom 12.12.2001 wurde des Weiteren darauf hingewiesen, dass Insolvenzgläubiger gemäß § 38 Insolvenzordnung (InsO) mit einer Quote von ca. 10 % auf ihre Insolvenzforderung rechnen könnten. Eine endgültige Quotenaussage könne noch nicht getroffen werden, weil noch nicht alle Gläubiger ihre Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet hätten. Die feststellbaren Verbindlichkeiten beliefen sich auf rd. 14,2 Millionen DM, die Liquidationswerte der Sachanlagen auf ca 3,5 Millionen DM. Eine Abwicklung des Verfahrens über einen Insolvenzplan sei weder von ihr beabsichtigt, noch von den Insolvenzgläubigern beantragt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht der Insolvenzverwalterin vom 12.12. 2001 Bezug genommen.

Abgeschlossen wurde das Insolvenzverfahren im Streitjahr.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin einen Beteiligungsverlust aus § 17 EStG in Höhe ihrer Stammeinlage i.H.v. 94.078 € geltend.

Im Einkommensteuerbescheid vom 11.08.2014 erkannte der Beklagte den Verlust nicht an, da er seiner Meinung nach bereits im Jahr 2001 realisiert gewesen sei.

Dagegen legten die Kläger Einspruch ein, da sie der Ansicht waren, dass hinsichtlich der Geltendmachung des Auflösungsverlustes auf den Zeitpunkt der Liquidation abzustellen sei, da dann erst feststehe, ob und in welcher Höhe der Gesellschafter mit einer Zuteilung oder Rückzahlung von Vermögen der Gesellschaft rechnen könne. Erst im Oktober 2013 habe das Amtsgericht der Schlussverteilung zugestimmt und dabei ausgeführt, dass für die Forderungen der Insolvenzgläubiger in Höhe von rund 4,7 Millionen € lediglich ein Betrag von 57.000 € zur Verfügung stehe.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 26.02.2016 stellte der Beklagte im Wesentlichen darauf ab, dass es für den Zeitpunkt der Geltendmachung eines Verlustes im Zusammenhang mit der Auflösung einer Kapitalgesellschaft auf die zivilrechtliche Auflösung der Gesellschaft und auf die hinreichende Konkretisierung des Verlustes ankomme. Letzteres sei dann der Fall, wenn mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen sei. Es müsse daher klar sein, dass einerseits kein Vermögen mehr an die Gesellschafter verteilt werde und dass für den Gesellschafter keine nachträglichen Anschaffungskosten oder sonstige berücksichtigungsfähige Aufwendungen mehr anfielen. Frühestmöglicher Zeitpunkt sei das Jahr der Auflösung der Gesellschaft. Im Falle der Durchführung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft sei der Auflösungsverlust im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG regelmäßig erst mit Abschluss der Liquidation oder des Insolvenzverfahrens realisiert. Bei feststehender Vermögenslosigkeit der Gesellschaft könne der Auflösungsverlust aber schon im Jahr des Auflösungsbeschlusses bzw. der Erklärung der Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter realisiert sein, wenn zu diesem Zeitpunkt mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen sei. Bei der Auflösung der Gesellschaft wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens müsse deshalb auch die Möglichkeit ausgeschlossen sein, dass die Gesellschaft nach Abschluss eines Zwangsvergleichs fortgeführt werde. Spätester Zeitpunkt der Verlustrealisierung sei die Löschung der Gesellschaft im Handelsregister. Im Streitfall sei die GmbH mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 31.10. 2001 zivilrechtlich aufgelöst gewesen. Bereits zu diesem Zeitpunkt habe mit einer Rückzahlung der Stammeinlage nicht mehr gerechnet werden können. Die...

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