Entscheidungsstichwort (Thema)

Organschaft; Steuerschuldnerschaft; Bereitstellung von Flüssigfuttermittel als einheitliche Lieferung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Neben der organisatorischen und finanziellen Eingliederung besteht im Streitfall zwischen den wirtschaftlichen Tätigkeiten der Stpfl. und des U T auch eine enge wirtschaftliche Verflechtung. U T verpachtet der Stpfl. gegen Entgelt einen Anmischbehälter und eine computerbasierte Fütterungsanlage. Diese bilden die Grundlage der wirtschaftlichen Betätigung der Stpfl.

2. In unionsrechtskonformer Auslegung umfasst der Begriff der juristischen Person jedenfalls kapitalistisch geprägte Personengesellschaften, wozu – wie im Streitfall die Stpfl. – GmbH & Co KGs gehören.

3. Eine Anfechtungsberechtigung der Stpfl. im Verhältnis zur Steuerfestsetzung des Organträgers scheidet aus. Die Stpfl. ist als im Streitfall vom Organträger (U T) beherrschte Organgesellschaft weder Vertreterin oder Bevollmächtigte des Organträgers noch kraft sonstigen eigenen Rechts gegenüber dem Organträger anfechtungsbefugt.

4. Der erkennende Senat kann keinen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben darin erkennen, dass die Stpfl. sich auf ihre materiell-rechtliche Qualifikation als Organgesellschaft beruft. Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Stpfl. in Widerspruch zu ihrem früheren Verhalten setzt, wenn sie nunmehr darauf verweist, dass sie nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG als Organgesellschaft nicht selbständig gewerblich oder beruflich tätig ist.

 

Normenkette

AO § 166; UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.05.2023; Aktenzeichen XI R 34/21)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten anlässlich einer Meinungsverschiedenheit über die Besteuerung der Bereitstellung von Flüssigfuttermittel für die Schweinemast über das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft im Jahre 2014.

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft, an deren Kapital U T zu 100 % als Kommanditist und die T Verwaltungs GmbH als Komplementärin beteiligt sind. Einziger Gesellschafter der T Verwaltungs GmbH ist U T. Die Geschäftsführung der Klägerin obliegt der T Verwaltungs GmbH, deren Geschäftsführer wiederum U T ist.

Im Streitjahr 2014 pachtete die Klägerin bei U T entgeltlich einen Anmischbehälter und eine computerbasierte Fütterungsanlage. Zur Herstellung und Verfütterung von Flüssigfutter erwarb die Klägerin unter anderem bei U T Einzelkomponenten wie Getreide, Mais, Eiweiß- und Mineralfutter und Ergänzungsstoffe, die sie in dem Anmischbehälter unter Beifügung von Wasser zu Flüssigfutter verarbeitete und computergestützt über die Fütterungsanlage im Rahmen der Schweinemast verfütterte. Die weitere Infrastruktur zur Fütterung der Tiere bestehend aus Trögen, Sensoren und Leitungen sowie jeweils zwei Ställen stand im Eigentum des U T und der T Vermietung- und Verpachtung GbR. An dieser waren die Eheleute U T und C T beteiligt. Die T Vermietung- und Verpachtung GbR verpachtete die Infrastruktur an die X KG. Abnehmer des Flüssigfuttermittels waren ausschließlich die Betriebe des U T und der X KG. Die Belieferung dieser Betriebe bildete den alleinigen Gegenstand des Unternehmens der Klägerin.

Die Klägerin meldete am 25.1.2016 die Umsatzsteuer des Jahres 2014 i. H. von ./. 29.715,04 € an und ermittelte einen Erstattungsanspruch zu ihren Gunsten i. H. von 3.817,99 €. Der Beklagte stimmte dieser Anmeldung am 24.3.2016 zu.

Beginnend im August 2016 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung N bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Ausweislich des Berichtes über die Außenprüfung vom 9.11.2016, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, traf die Prüferin unter anderem die folgenden Feststellungen: Die Versorgung der Ställe des U T und der X KG beinhalte auch eine Dienstleistung, die dem Regelsteuersatz zu unterwerfen sei. Einvernehmlich sei ein Anteil von 15 % der bis einschließlich 30.6.2014 erbrachten Umsätze als sonstige Leistung zu erfassen. Ab dem 1.7.2014 seien die Umsätze in voller Höhe zum Regelsteuersatz zu besteuern.

Der Beklagte folgte den Ausführungen der Prüferin und setzte mit Änderungsbescheid vom 25.9.2017 für das Jahr 2014 Umsatzsteuer i. H. von 11.858.86 € fest. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob der Beklagte in diesem Zuge auf.

Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 25.7.2018 als unbegründet zurückwies.

Die Klägerin hat am 30.8.2018 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass sie nicht Schuldnerin der Umsatzsteuer sei. Sie sei als Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers, hier in das Einzelunternehmen des U T, eingegliedert. Ein Billigkeitsantrag im Sinne des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 26.5.2017 (BStBl I 2017, 790) sei nicht gestellt worden. Es sei auch nicht beabsichtigt, einen solchen Antrag auszubringen. Vorsorglich werde ausgeführt, dass die Bereitstellung von Flüssigfuttermittel als einheitliche Lieferung zu qualifizieren sei, die dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliege. Es ...

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