Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1976–1979

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Gründe

Im Verlauf einer anhängigen Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des FG Münster vom 30.11.1990 (Az.: 11 K 4523/82 E) änderte das Finanzamt (FA) die streitbefangenen Einkommensteuer (ESt)-Bescheide 1976 bis 1979 unter dem 6.5.1992 ab und erklärte sie hinsichtlich der Höhe von Grund- und Kinderfreibetrag (1976–1979) bzw. wegen der Höhe des Tariffreibetrages (1978, 1979) im Hinblick auf anhängige Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gemäß § 165 Abs. 1 AO für vorläufig.

Mit Schreiben vom 19.5.1992 erhob der Kläger (Kl.) gegen die geänderten ESt-Bescheide Einspruch. Zur Begründung führte er aus, vor dem Bundesverfassungsgericht schwebten sechzehn Verfahren, die sich mit zentralen Steuerfragen (Familienlastenausgleich, Haushaltsfreibetrag, Kinderbetreuungskosten, Ausbildungsfreibetrag, Versorgungsaufwendungen usw.) befaßten. Die Vorläufigkeiten in den streitbefangenen ESt-Bescheiden müßten so gefaßt werden, daß später alle diesbezüglichen Änderungen, die auf geänderter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beruhten, möglich seien.

Durch Einspruchsentscheidung (EE) vom 9.6.1992 wies das FA die Einsprüche zurück. Zur Begründung führte es aus, es bestünde hinsichtlich der vom Kl. angesprochenen Punkte kein Ungewißheit im Sinne des § 165 Abs. 1 AO. Neben den die Höhe von Grund-, Kinder- und Tariffreibetrag betreffenden Verfahren seien für die Streitjahre zu den vom Kl. genannten Rechtsfragen keine Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig.

Mit Schreiben vom 6.7.1992 erhob der Kl. gegen die EE Klage. Zur Begründung trägt er vor, das Bundesverfassungsgericht müsse sieh mit zentralen Steuerfragen befassen. Anhängig seien Verfahren zur Höhe der Grundfreibeträge, zum Familienlastenausgleich, den Kinderfreibeträgen, der Höhe der Kinderbetreuungskosten, der Höhe des Haushalts- und Grundfreibetrages, der Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen und dem Verbot des Abzugs privater Schuldzinsen, der Kürzung bestimmter außergewöhnlicher Belastungen und der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Bezogen auf den Familienlastenausgleich sei den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 29.5. und 12.6.1989 zu entnehmen, daß das auf Kinder entfallende Familienexistenzminimum aus der Besteuerungsgrundlage der ESt auszuscheiden sei. Daher gelte der „Steuertabu-Grundsatz” auch für die Jahre 1976 bis 1979, in dem das Steuerrecht überhaupt keine Kinderfreibeträge vorgesehen habe.

Der Gesamtkomplex des Familienlastenausgleichs (Kinderfreibeträge, Kinderbetreuungskosten, Haushalts- und Tariffreibetrag usw.) müsse unter den Vorläufigkeitsvermerk fallen, da zur Zeit nicht beurteilt werden könne, welche Änderungen der Gesetzgeber für die obigen Jahre vornehmen müsse.

Im übrigen liege auch durch den Wegfall des Verwitwetenprivilegs, der im Streitfall zur Anwendung der Grundtabelle ab 1978 führe, auf der Grundlage der genannten Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts eine verfassungswidrige Besteuerung vor, da willkürlich ab 1978 die Besteuerung erheblich verschärft worden sei, obwohl sich an der Rechtsgemeinschaft und dem anerkannten Mindestbedarf gegenüber den Vorjahren nichts geändert habe.

Das FA erklärte daraufhin im Klageverfahren durch Bescheid vom 22.7.1994 die ESt-Bescheide in weiteren Punkten für vorläufig, und zwar hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen, der Nicht-Abziehbarkeit privater Schuldzinsen, der Höhe der Kinderfreibeträge und des Haushaltsfreibetrages sowie der Höhe des Abzugs von Kinderbetreuungskosten. Wegen der Höhe des Grundfreibetrages und des allgemeinen Tariffreibetrages erklärte es die streitbefangenen ESt-Bescheide für endgültig.

Mit Schreiben vom 15.8.1994 erklärte der Kl. die geänderten ESt-Bescheide 1976 bis 1979 gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens. In der Sache begehrte er eine umfassendere Verfügung der Vorläufigkeitsvermerke. Insbesondere sei der Gesamtkomplex des Familienlastenausgleichs, der ESt-Tarif, bezogen auf den Wegfall des Verwitwetenprivilegs und die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen einzubeziehen.

Mit Schreiben vom 3.12.1994 stellt er nunmehr den Antrag,

die ESt der Jahre 1976–1979 in verfassungskonformer Höhe festzusetzen und das Verfahren selbst gemäß § 74 FGO auszusetzen.

Zur Begründung führt er aus, die Vorläufigkeit der Steuerfestsetzungen beseitigten sein Rechtsschutzinteresse schon deshalb nicht, weil die Stellung des Steuerpflichtigen bei vorläufigen Steuerfestsetzungen einerseits sowie im Einspruchs- und Klageverfahren andererseits grundlegend verschieden sei. Nur im Einspruchsverfahren könne Aussetzung der Vollziehung verlangt werden. Bei Wegfall des Musterverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht infolge Rücknahme der Verfassungsbeschwerde könne er nur in diesem Fall ohne zeitliche Verzögerung selbst die verfassungsrechtliche Kläru...

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