Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung der Einmalzahlung aus einer Direktversicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Einmalzahlung an einen im Ruhestand befindlichen früheren Arbeitnehmer aus einer Direktversicherung ist in voller Höhe zu versteuern.

2. Die volle Steuerpflicht tritt schon dann ein, wenn die früheren Beitragszahlungen zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung nach § 3 Nr. 63 EStG tatsächlich steuerfrei gestellt waren.

3. Einmalzahlungen aus Direktversicherungen sind nicht als außerordentliche Einkünfte in Form einer Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten ermäßigt zu besteuern. Denn solche Vergütungen sind nur dann außerordentlich, wenn die Zusammenballung der Einkünfte nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkünfteerzielung entspricht.

4. Die volle Besteuerung von Einmalzahlungen aus Direktversicherungen ist verfassungsgemäß.

 

Normenkette

GG Art. 14; EStG § 22 Nr. 5 Sätze 1-2, § 25 Abs. 1 S. 1, § 3 Nr. 63, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 4; GG Art. 3

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob die Besteuerung der Einmalzahlung aus einer Direktversicherung rechtmäßig ist.

Die Klägerin, die bis zu ihrem Ruhestand Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielte, bezog im Streitjahr 2012 Leistungen aus einer Direktversicherung i. H. von 23.407 €. Mit Bescheid vom 10.3.2014 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2012 im Wege der Schätzung auf 5.966 € unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Datierend auf den 4.3.2014, eingegangen am 18.3.2014, reichte die Klägerin eine Einkommensteuererklärung für 2012 ein, in der sie Leistungen aus einer Direktversicherung erklärte. Mit Bescheid vom 1.4.2014 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2012 auf 5.717 € fest, wobei er „Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag, einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung” i. H. von 23.407 € berücksichtigte. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob der Beklagte auf.

Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Mit Bescheid vom 29.3.2016 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2012 auf 5.588 € herab, wobei er bislang nicht berücksichtigte Sonderausgaben in Ansatz brachte. Mit Einspruchsentscheidung vom 11.4.2016 wies der Beklagte den Einspruch (im Übrigen) als unbegründet zurück und führte im Wesentlichen aus, dass die Besteuerung der Eimalleistung aus der Direktversicherung gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in vollem Umfang der Besteuerung unterliege. Die Vorschrift sei verfassungsgemäß.

Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, dass zwischen der Besteuerung der Einmalzahlung einer Direktversicherung (hier: i. H. von 23.407 €) und der monatlichen Rente eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung (Art. 3 des GrundgesetzesGG –) vorliege. Hätte sie sich eine monatliche Rente auszahlen lassen, so hätte die Steuernachzahlung lediglich 328,09 € betragen. Außerdem liege eine Ungleichbehandlung gegenüber den Nachzahlungen zur Krankenversicherung vor, die über zehn Jahre gestreckt würden. Die Besteuerung der Einmalzahlung verstoße auch gegen Art. 14 GG. Von der Gesamtversicherungsleistung würden ihr, der Klägerin, lediglich 12.722,44 € verbleiben, wenn hiervon die Steuernachzahlung i. H. von 6.600,96 € und die Krankenversicherungsbeiträge i. H. von insgesamt 4.083,60 € abgezogen würden. Außerdem dürfe nur der Ertragsanteil und nicht der gesamte Betrag besteuert werden. Die Besteuerung der Versicherungsleistung verstoße auch gegen Art. 2 GG, da durch die hohe Besteuerung die Wahl der Einmalzahlung nachteilig beeinflusst werde. Insgesamt liege ein Verstoß gegen das Übermaßverbot vor. Die Besteuerung unterliege keiner Befristung. So könne, wenn der Steuerpflichtig lange genug lebe, der Staat ein Vielfaches dessen als Rente besteuern, was der Steuerpflichtige angespart habe. Schließlich fühle sie sich getäuscht, weil sie die als staatlich gefördert angepriesene Direktversicherung in der Erwartung abgeschlossen habe, mindestens das herauszubekommen, was sie eingezahlt habe. Bei Abschluss der Verträge würde nicht ausreichend auf die steuerlichen Konsequenzen hingewiesen. Sie habe lediglich den Hinweis der … in deren Faltblatt erhalten, dass „die späteren Leistungen individuell besteuert” würden. Dass das die Besteuerung die Hälfte der Leistung bedeute, darauf habe weder der Staat noch die … hingewiesen.

Des Weiteren sei unklar, aus welchem Grund der Beklagte i. H. von 3.089 € „Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag oder einer betrieblichen Altersversorgung oder Leistungen wegen schädlicher Verwendung” in Ansatz gebracht habe.

Außerdem sei die Steuerersparnis in der Ansparphase nicht so hoch gewesen, wie die festgesetzte Steuernachzahlung im Steuerbescheid für 2012, da lediglich der steuerlich geförderte Höchstbetrag von 210 € habe abgezogen werden können (4 % der Beitragsbemessungsgrenze von 5.250 €).

In den während des Einspruchsverfahrens und der Klage eingereichten Gehaltsmitteilungen ist unter d...

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