Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuflussbesteuerung der Kapitalabfindung aus einer Pensionskasse – Verteilungswahlrecht bei Vorauszahlungen für Nutzungsüberlassung – Analoge Anwendung auf Einmalzahlungen aus Pensionskassen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Dem Empfänger einer einmaligen Kapitalabfindung aus einer der betrieblichen Altersversorgung dienenden Pensionskasse wird durch § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG kein Wahlrecht eingeräumt, die entsprechenden Einnahmen gleichmäßig verteilt auf den seiner Lebenserwartung entsprechenden Bezugszeitraum zu versteuern.
  2. Eine derartige aus den angesparten Altersvorsorgebeiträgen zuzüglich Zinsen resultierende Kapitalabfindung stellt keine Vorauszahlung für die Nutzungsüberlassung von Sachen oder Rechten i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG dar.
  3. § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG ist auf Einmalzahlungen aus Pensionskassen nicht analog anwendbar.
 

Normenkette

EStG § 11 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 2 S. 3, § 22 Nr. 5 S. 1; BGB § 100

 

Streitjahr(e)

2020

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Rentnerin, vor ihrem Renteneintritt erzielte sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie erhielt am ...2020 eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe von…€ von einer der betrieblichen Altersversorgung dienenden Pensionskasse, die sie im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 2020 (Streitjahr) erklärte.

Der Beklagte veranlagte sie mit Einkommensteuerbescheid für 2020 vom 24.11.2021 erklärungsgemäß und berücksichtigte „Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag, einem Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder eine Direktversicherung“ von…€.

Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 25.10.2022 als unbegründet zurückwies.

Mit der Klage macht die Klägerin geltend, es werde die Besteuerung nach der gleichmäßigen Verteilung auf den Zeitraum der Nutzungsmöglichkeit, hier die Lebenserwartung, entsprechend § 11 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beantragt. Die Einnahmen in Höhe von…€ beruhten auf einer Nutzungsüberlassung eines Rechts. Ihr früherer Arbeitgeber sei Inhaber eines Rentenbezugsrechts gegenüber der Pensionskasse gewesen, das er an sie abgetreten habe. Typischerweise fielen unter die Nutzungsüberlassung Erbbaurechte, Miet- und Pachtverhältnisse, Nießbrauch oder Leasinggeschäfte. Die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG sei aber nicht auf diese Entgelte beschränkt. Im Zeitpunkt der Kapitalauszahlung habe ihre Lebenserwartung 21,12 Jahr betragen. Für das Streitjahr ergebe sich demnach bei gleichmäßiger Verteilung auf die Nutzungsmöglichkeit ein Betrag von…€. Die Auszahlung aus der betrieblichen Altersversorgung diene ihrer Versorgung im Alter bis zu ihrem Ableben. Unabhängig von der gewählten Auszahlungsform müsse die Versorgung für den verbleibenden Lebensabschnitt stattfinden. Ohne Durchbrechung des Zuflussprinzips und somit unter Missachtung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit werde die Altersversorgung empfindlich gemindert und es ergebe sich eine Übermassbesteuerung.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid für 2020 vom 24.11.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.10.2022 dahingehend zu ändern, dass die Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag um…€ gemindert werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG seien nicht erfüllt. Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung beruhten, seien Entgelte, die wirtschaftlich eine Gegenleistung für die Nutzung beweglicher oder unbeweglicher Sachen und Rechte darstellten. Die Kapitalauszahlung stelle in diesem Zusammenhang kein solches Entgelt dar. Eine analoge Anwendung des § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG komme nicht in Betracht.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist unbegründet.

Der Einkommensteuerbescheid für 2020 vom 24.11.2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.10.2022 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat die Einmalzahlung zu Recht gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in voller Höhe der Besteuerung unterworfen.

Gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung gehören zu den sonstigen Einkünften Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen, Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen. Der im Streitjahr an die Klägerin ausgezahlte und ihr damit zugeflossene Betrag i. H. von…€ beruht - zwischen den Beteiligten unstrittig - auf einer Pensionskasse.

a) Die Leistungen sind der Klägerin im Streitjahr vollumfänglich zugeflossen.

Gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Der Steuerpflichtige kann gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung i. S. des Absatz 2 Satz 3 EStG beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird (§ 11 Ab...

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