Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1994

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Streitig ist, ob es verfassungsrechtlich geboten ist, die Einkommensteuer(ESt)-Festsetzung für das Streitjahr 1994 aus dem Gesichtspunkt einer Übermaßbesteuerung herabzusetzen.

Die Kläger (Kl.) werden als Eheleute zur ESt zusammenveranlagt. Der Kl. erzielt als beteiligter Mitunternehmer an der Druck GmbH & Co. KG und an der Grundstücks- und Beteiligungs-GmbH & Co. KG jeweils Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 a Abgabenordnung (AO) einheitlich und gesondert festgestellt werden. Für das Streitjahrwaren bei den Kl. zunächst folgende Einkünfte zu berücksichtigen:

Ehemann

Ehefrau

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

839.702,– DM

Einkünfte aus Kapitalvermögen

130.923,– DM

48.238,– DM

Einkünfte aus Vermietung und Ver-

pachtung

2.447,– DM

./. 6.565,– DM

sonstige Einkünfte

1.864,– DM

4.822,– DM

Summe der Einkünfte

974.936,– DM

46.495,– DM

Unter Berücksichtigung eines Altersentlastungsbetrages und Sonderausgaben betrug das zu versteuernde Einkommen 963.720,– DM, für das die ESt nach der Splitting-Tabelle festzusetzen war. Bei einer Entlastung der gewerblichen Einkünfte von ./. 34.316,– DM und einem Steuerabzug für ausländische Einkünfte in Höhe von ./. 1.970,– DM setzte das Finanzamt mit dem ESt-Bescheid zunächst vom 27.05.1997 die ESt auf 428.782,– DM fest sowie die evangelische Kirchensteuer bei der Ehefrau auf 766,– DM.

Daneben wurde für die Kl. im Streitjahr 1994 Vermögensteuer (VSt) in Höhe von 40.565,– DM festgesetzt.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kl. Klage erhoben. Sie machen geltend, daß in ihrem Fall die steuerliche Gesamtbelastung mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren sei. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seinem Beschluß vom 22.06.1995 2 BvL 37/91 (BStBl. II 1995, 655) den sog. Halbteilungsgrundsatz als verfassungsrechtliches Prinzip aufgestellt. Dem steuerlichen Zugriff durch die Gesamtsteuerbelastung sei eine Grenze derart gesetzt, daß die Abgabenlast, die ein Steuerpflichtiger zu tragen habe, „in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleiben müsse”. Steuerfestsetzungen, die insgesamt zu einer höheren Belastung mit Erfrag- und VStn als 50 v.H. des zu versteuernden Einkommens führten, seien mithin rechtswidrig.

Für das Streitjahr hätten sie, die Kl., bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 963.720,– DM folgende Steuern gezahlt:

ESt

428.782,– DM

anteilige Gewerbesteuer aus den mitunternehmerischen

Beteiligungen an den beiden KG 35,81 v.H. von

(407.929,– DM + 92.272,– DM = 500.201,– DM)

179.122– DM

VSt

40.565,– DM

648.469,– DM

Dies seien bezogen auf einen vorher erteilten ESt-Bescheid vom 02.07.1996, in dem das zu versteuernde Einkommen mit 959.059,– DM errechnet worden sei, 67,62 v.H. und damit deutlich mehr als die Hälfte – nämlich 17,62 v.H. Verfassungsgemäß wäre allenfalls eine Gesamtsteuerbelastung mit Ertragsteuern in Höhe von 50 v.H. von 959.059 DM = 479.530,– DM. Damit sei die Gesamtsteuerlast der Kl. um 168.939,– DM zu hoch festgesetzt. Um diesen Betrag sei also die festgesetzte ESt zu vermindern. Sollte die VSt 1994 auf 0,– DM herabgesetzt werden, bliebe immer noch eine Übermaßbesteuerung in Höhe von 128.374,– DM.

Entgegen der Rechtsauffassung des FA sei der Beschluß des BVerfG auch auf andere Steuerarten anwendbar. Dies ergebe sich aus dem Leitsatz 3 und im übrigen aus den Gründen des Beschlusses. Wenn auch gemäß § 31 Abs. 2 BVerfG-Gesetz (BVerfGG) lediglich die Entscheidungsformel Gesetzeskraft habe, sei aber zu beachten, daß der Beschluß als Ganzes Verbindlichkeit im Sinne des § 31 Abs. 1 BVerfGG beanspruche.

Diese Bindungskraft leite sich aus den tragenden Gründen einer Entscheidung ab. Diese tragenden Gründe seien aber offensichtlich nicht nur auf die VSt beschränkt.

Es sei zwar richtig, daß es bei der Umsetzung des Halbteilungsbegrenzungsgrundsatzes zu praktischen Schwierigkeiten kommen könne, wenn – wie im Streitfall – erst mehrere Steuerarten zusammen zur Überschreitung der Grenze von 50 v.H. führten. Dem sei dadurch zu begegnen, daß die Herabsetzung allein bei der ESt vorzunehmen sei. Denn diese Steuer sei gewissermaßen die „letzte”, die den Steuerpflichtigen persönlich treffe. Die VSt sei auf den Beginn des Jahres 1994 veranlagt worden, und die Gewerbesteuer habe den Gewinn der KG, an denen er, der Kl., beteiligt sei, vermindert, ehe dieser bei der Festsetzung der ESt erfaßt werde. Daher sei die ESt für die „Übermaßbelastung” unmittelbar verantwortlich. Insofern müsse diese Steuer in erster Linie reduziert werden.

Die Grundsätze des BVerfG seien auch für das Streitjahr 1994 anzuwenden. Das BVerfG habe dem Gesetzgeber lediglich für die Neugestaltung des VSt-Gesetzes (VStG) eine Frist eingeräumt, nicht aber eine „Schonfrist” für die Geltung des Halbteilungsbegrenzungsprinzips. Dieses sei vielmehr für alle Steuerart...

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