Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch auf Erlass von KiSt aufgrund einer sog. Kappung der Progression (KiSt-Kappung)

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Tarifkorrektur nach Maßgabe des § 1 der Bischöflichen Anordnung (sog. Kappung der Progression) ist von der Erlassermächtigung gemäß § 227 AO i.V. mit § 8 Abs. 1, 4 KiStG NRW nicht gedeckt.

 

Normenkette

KiStG NW § 8 Abs. 1; AO § 227; KiStG NW § 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Erstattung von Kirchensteuern aufgrund der Bischöflichen Anordnung zu Kirchensteuerhöchstbeträgen (sog. Kirchensteuerkappung, Streitjahr 2015).

Die Kläger sind Ehegatten und beide Mitglied der römisch-katholischen Kirche. DasFinanzamt D-Stadt setzte gegenüber den zusammenveranlagten Klägern mit Bescheid vom 20.07.2017 die Kirchensteuer in Höhe von 18.007,38 EUR fest. Dem lagen ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 370.702,00 EUR mit einer tariflichen Einkommensteuer in Höhe von 139.042,00 EUR (Kirchensteuer hierauf = 12.536,01 EUR) sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 248.647,00 EUR mit einer nach Maßgabe von § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelten Einkommensteuer in Höhe von 60.793,00 EUR (Kirchensteuer hierauf = 5.471,37 EUR) zugrunde.

Am 07.11.2019 beantragten die Kläger die Anwendung der sog. Höchstbegrenzung der Kirchensteuer gemäß der Bischöflichen Anordnung zu Kirchensteuerhöchstbeträgen vom 15.09.2012. Nach Ziff. 1 Satz 1 dieser Anordnung wird die Kirchensteuer, die über 4 Prozent des zu versteuernden Einkommens (bemessen nach § 2 Abs. 5 EStG i. V. m. § 51a EStG) hinausgeht, auf Antrag erstattet.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Schreiben vom 13.11.2019 ab. Er verwies auf Ziff. 2 der Bischöflichen Anordnung, wonach die gemäß § 32d EStG ermittelten Einkommensbeträge sowie die darauf entfallenden Kirchensteuern außer Ansatz bleiben. Dies bedeute, dass die nach § 32d EStG besteuerten Kapitaleinkünfte zur Berechnung der Höchstgrenze außer Ansatz bleiben und dies ungeachtet der Frage, ob es sich um Zinserträge oder Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft handele.

Der Beklagte nahm folgende Berechnung vor:

Ermittlung des Höchstbetrages

(4 Prozent von 370.702,00 EUR)

14.828,08 EUR

Festgesetzte Kirchensteuer

./. davon auf § 32d EStG entfallende Kirchensteuer

= für den Vergleich mit dem Höchstbetrag maßgebliche Kirchensteuer

18.007,38 EUR

./. 5.471,37 EUR

12.536,01 EUR

Aufgrund von Ziff. 2 der Bischöflichen Anordnung erreiche die Kirchensteuer der Kläger (= 12.536,01 EUR) den Höchstbetrag (= 14.828,08 EUR) nicht und eine Erstattung komme nicht in Betracht. Das Schreiben vom 13.11.2019 enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.

Hiergegen legten die Kläger am 18.05.2020 Einspruch ein. Sie wenden sich gegen die Kürzung der maßgeblichen Kirchensteuer um den Betrag i. H. v. 5.471,37 EUR. Auch dieser Betrag sei in die Höchstbetragsberechnung einzubeziehen, so dass sich eine Erstattung ergebe.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 20.05.2020 als unbegründet zurück und verweist darin auf die Begründung der Antragsablehnung.

Die Kläger haben am 23.06.2020 Klage erhoben. Trotz mehrfacher Erinnerung haben sie die Klage nicht begründet.

Sie beantragen (sinngemäß),

dass der Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 13.11.2019 sowie der Einspruchsentscheidung vom 20.05.2020 verpflichtet wird, die Kirchensteuer in Höhe von 3.179,30 EUR zu erlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung weiterhin auf Ziff. 2 der Bischöflichen Anordnung.

Der Berichterstatter hat den Beklagten um Auskunft darüber gebeten, ob die Bischöfliche Anordnung zu Kirchensteuerhöchstbeträgen vom 15.09.2012 staatlich anerkannt ist. Der Beklagte hat die Frage nicht explizit beantwortet. Er führt aus, dass der staatliche Anerkennungsvorbehalt nur insoweit verfassungsrechtlich zulässig und gerechtfertigt sei, als er sich auf Bestandteile des kirchlichen Besteuerungsrechts beziehe, die staatlich verliehen sind, wie der weltliche Steuerzwang und andere Formen staatlicher Mitwirkung bei der Kirchensteuererhebung. Bei den sog. Kappungsfällen sei Letzteres nicht der Fall. Das Instrument der Kappung diene auch der Kundenpflege und bedürfe keiner staatlichen Genehmigung.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet durch Gerichtsbescheid (§ 90a der Finanzgerichtsordnung [FGO]).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Ablehnung der begehrten „Erstattung” war nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 101 FGO).

I. Das Begehren der Kläger ist auf einen Erlass der Kirchensteuer gerichtet. Richtige Klageart ist damit die Verpflichtungsklage. Die Kläger haben zwar einen lediglich auf die isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung gerichteten Klageantrag formuliert. Allerdings versteht das Gericht den Antrag rechtsschutzerweiternd als Verpflichtungsantrag gerichtet auf die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung des begehrten Teilerlasses der Kirchensteuer i. H. v. 3.179,30 EUR...

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