rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlass einer einstweiligen Anordnung im laufenden Aussetzungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Vollstreckung ist von Gesetzes wegen auch während eines laufenden Aussetzungsverfahrens zulässig. Ein Antrag, dem Finanzamt im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, Vollstreckungsmaßnahmen bis zur Entscheidung des BFH über eine vom FG nicht zugelassene Beschwerde gegen den AdV-Beschluss durchzuführen, ist daher unzulässig.

2) Die Zwangsvollstreckung ist in diesen Fällen auch dann nicht unbillig, wenn der Aussetzungsantrag aller Wahrscheinlichkeit nach Erfolg haben wird, da dies dazu führen würde, dass im Vollstreckungsverfahren die Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes zu überprüfen wäre (entgegen BFH, BFH/NV 1992, 156).

 

Normenkette

FGO §§ 114, 114 Abs. 1, 1 S. 2, Abs. 2-3, 5, § 69

 

Tatbestand

I.

Zu entscheiden ist, ob dem Finanzamt (FA) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen ist, Vollstreckungsmaßnahmen durchzuführen bis der Bundesfinanzhof (BFH) über eine von der Antragstellerin (Astin.) eingelegte, vom Finanzgericht nicht zugelassene Beschwerde gegen einen gerichtlichen AdV-Beschluss entschieden hat.

Mit dem Beschluss des Finanzgerichts Münster vom 07.01.2003 wurde ein gegen die Astin. ergangener Haftungsbescheid gegen Sicherheitsleistung von der Vollziehung ausgesetzt. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wurde nicht zugelassen.

Da die Astin. die geforderte Sicherheitsleistung nicht erbringen konnte, legte sie durch ihren Prozessbevollmächtigten Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Beschwerde ein, die sie auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, der Fortbildung des Rechts bzw. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie Verfahrensmangel stützte. Über die Beschwerde ist noch nicht entschieden worden (Az. des BFH: I B 28/03).

Nachdem der Antragsgegner (Ag.) die Vollstreckung der rückständigen Beträge (rund 153.000 EUR) angekündigt hatte, hat die Astin. am 04.08.2003 den Erlass einer einstweiligen Anordnung, gerichtet auf Vollstreckungsaufschub bis zur endgültigen Beendigung des Aussetzungsverfahrens beantragt.

Zur Begründung trägt sie vor, dass die Vollstreckung des offenen Betrages wesentliche Nachteile verursachen würde, und dass sie nach wie vor der Auffassung sei, dass die Haftungsbeträge falsch berechnet worden seien. Diesbezüglich sei ein Steuerberater mit der Neuberechnung beauftragt worden.

Die Astin. beantragt,

die Aufhebung der Vollstreckung aus dem Gerichtsbeschluss vom 07.01.2003 des Finanzgerichts Münster 9 V 3515/02 L, U, 9 V 3589/02 K bis zur endgültigen Beendigung des Aussetzungsverfahrens einstweilig anzuordnen.

Der Ag. beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass aus dem Haftungsbescheid in dem in dem AdV-Beschluss festgeschriebenen Umfang vollstreckt werden könne, da eine Beschwerde nicht zulässig und die geforderte Sicherheitsleistung nicht gestellt worden sei. Hinzu komme, dass Maßnahmen nach § 258 Abgabenordnung (AO) nicht mit der angeblichen Rechtswidrigkeit des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes begründet werden könnten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist unzulässig.

Der Astin. fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Gemäß § 5 dieser Vorschrift gelten die Abs. 1 – 3 nicht für Fälle des § 69 FGO.

Aus dieser Regelung folgt, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Rechtsschutzbedürfnisses dann nicht in Betracht kommt, wenn ein Verwaltungsakt angegriffen wird, gegen den der vorläufige Rechtsschutz nach § 69 FGO gegeben ist.

Soweit die Astin. den Erlass der einstweiligen Anordnung aus der Rechtswidrigkeit des der Vollstreckung zu Grunde liegenden Haftungsbescheides herleitet, handelt es sich eindeutig um Einwendungen, die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des angefochtenen Bescheides verfolgt werden können, so dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung aus Gründen der gesetzlich angeordneten Subsidiarität ausscheidet (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 11. Januar 1984 II B 35/83, BFHE 139, 508, BStBl. II 1984, 210 und BFH-Beschluss vom 12. Juni 1991 VII B 66/91, BFH/NV 1992, 156).

Der Antrag ist aber auch unzulässig, soweit die Astin. die Untersagung der Vollstreckung beantragt, bis der BFH über den Antrag auf AdV entschieden hat.

Der BFH hat im Hinblick auf die Regelung des § 114 Abs. 5 FGO ein Rechtsschutzinteresse auch für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für den Fall verneint, dass dem FA einstweilig untersagt werden soll, vor dem Ergehen einer gerichtlichen Entscheidung über einen ebenfalls gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung de...

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