rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit von § 22 Nr. 3 EStG, Vorkostenabzug nach § 10i EStG a.F.

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung ergeben sich ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 22 Nr. 3 EStG, da die Durchsetzung der Norm bei Gewinnen aus Optionsgeschäften in den vorliegend streitigen Veranlagungszeiträumen 1994 und 1996 wegen struktureller Vollzugshindernisse weitgehend vereitelt war und daher durch die Finanzbehörden tatsächlich nicht gleichmäßig vollzogen wurde.

2) Es erscheint zumindest zweifelhaft, dass das Bundesverfassungsgericht, bei dem zu dieser Rechtsfrage zwei Normenkontrollverfahren anhängig sind (Az. 2 BvL 8/05 und 2 BvL 12/05), für den Fall, dass es die Verfassungswidrigkeit von § 22 Nr. 3 EStG feststellt, von einer Nichtigkeitserklärung für die Vergangenheit absehen und dem Gesetzgeber stattdessen eine Übergangsfrist für die Schaffung einer verfassungsgemäßen Neuregelung einräumen wird (entgegen BFH, Urt. v. 29.6.2004 - IX R 26/03, BStBl. II 2004, 995 sowie Urt. v. 23.11.2004 - IX R 3/02, BFH/NV 2005, 850).

3) Der Vorkostenabzug nach § 10i EStG setzt die Anschaffung oder Herstellung einer nach dem Eigenheimzulagengesetz begünstigten Wohneinheit voraus. Hieran fehlt es, wenn der Steuerpflichtige zwar das zivilrechtliche Eigentum an der Wohnung nach vorangegangener Übertragung wieder zurück erlangt, ihm die wirtschaftliche Verfügungsmacht an der Wohnung jedoch aufgrund eines Treuhandvertrages auch in der Zwischenzeit tatsächlich zustand.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 3; GG Art. 3 Abs. 1; EStG a.F. § 10i

 

Tatbestand

I.

Streitig sind die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Gewinnen gem. § 22 Nr. 3 EStG und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 i EStG.

Die Antragsteller sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

In den Streitjahren 1994 und 1996 tätigten sie Optionsgeschäfte an der Deutschen Terminbörse und erzielten hieraus Gewinne in Höhe von… DM (1994) und … DM (1996). In den Jahren 1995 und 1997 entstanden den Antragstellern Verluste aus Optionsgeschäften (Börsentermingeschäften) in Höhe von … DM und … DM. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass diese Gewinne und Verluste unter den Tatbestand des § 22 Nr. 3 in der in den Streitjahren geltenden Fassung des EStG (im Folgenden EStG) fallen.

In ihren Steuererklärungen führten die Antragsteller die Gewinne bzw. Verluste aus den Optionsgeschäften nicht auf. Im Rahmen einer Prüfung durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen wurde dem Antragsgegner bekannt, dass die Antragsteller in den Streitjahren 1994 bis 1997 die genannten Optionsgeschäfte an der Deutschen Terminbörse getätigt hatten.

Ebenfalls im Rahmen der Steuerfahndungsprüfung wurden die folgenden Umstände des Verkaufes und Rückkaufes des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstückes M-Straße 01 in C. bekannt:

Die Antragsteller, die ursprünglich Eigentümer des Einfamilienhauses waren, veräußerten mit notariellem Kaufvertrag vom 07.04.1993 das Grundstück zu einem Kaufpreis von … DM an den Patenonkel des Antragstellers, Herrn S. V.. Am 08.04.1993 schlossen die Antragsteller als Treugeber mit Herrn V. als Treuhänder einen privatschriftlichen Treuhandvertrag bezüglich des Grundstücks. Der Treuhandvertrag enthielt u. a. folgende Regelungen:

„§ 1 Treuhandverhältnis

Treugeber und Treuhänder sind darüber einig, dass der Treuhänder das vorbezeichnete Grundstück ausschließlich für den Treugeber treuhänderisch besitzt; mithin der Treugeber wirtschaftlicher Eigentümer bleibt.

§ 2 Verpflichtung des Treuhänders

Der Treuhänder wird seine Befugnisse und Rechte ausschließlich im Interesse des Treugebers ausüben. Er wird dabei den Weisungen des Treugebers Folge leisten.

Der Treuhänder wird Verfügungen über dieses Grundstück und Belastungen des Grundstücks nur mit schriftlicher Zustimmung des Treugebers vornehmen.

§ 4 Beendigung des Treuhandverhältnisses

Das Treuhandverhältnis kann von jeder Vertragspartei ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform.

Treugeber und Treuhänder sind dann verpflichtet, rechtzeitig vor Beendigung dieses Vertrages alle Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, das Grundstück auf den Treugeber oder auf eine von ihm zu benennende Person zum Zeitpunkt der Beendigung dieses Vertrages zu übertragen und aufzulassen.

§ 5 Sicherung des Treugebers

Der Treuhänder erteilt hiermit dem Treugeber Vollmacht über das Grundstück.

…”

Der Verkauf des Hauses und der gleichzeitige Abschluss des Treuhandvertrages sollten nach dem Willen der Antragsteller eine Zwangsversteigerung durch die Gläubigerbanken wegen bestehender Haftungsschulden des Antragstellers und anderer Darlehnsverbindlichkeiten der Antragsteller verhindern. Der Kaufpreis in Höhe von … DM wurde dem Käufer, Herrn V., von den Antragstellern auf dem Notaranderkonto zur Verfügung gestellt und nach Auskehrung des Kaufpreises durch den Notar an die Antragsteller zur Tilgung ...

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