Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine einkommensteuerrechtliche Anerkennung einer Spende an eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in der Schweiz als Sonderausgaben. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: X R 20/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach dem Wortlaut des § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG sind Spenden an Zuwendungsempfänger mit Sitz in sog. Drittstaaten – d. h. weder in einem EU-Mitgliedstaat noch in einem Staat des EWR – vom Spendenabzug ausgeschlossen, obwohl die europarechtlich garantierte Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV auch im Verhältnis zu Drittstaaten gilt.

2. Im Fall des Fehlens einer Verpflichtung zur Gewährung von Amts- und Beitreibungshilfe eines Drittstaats scheidet trotz Erstreckung der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 AEUV auf Drittstaaten ein Abzug von Spenden an Zuwendungsempfänger mit Sitz in diesem Drittstaat aus (Anschluss an FG Köln, Urteil v. 15.1.2014, 13 K 3735/10, EFG 2014 S. 667; FG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.4.2015, 3 K 1766/13, DStRE 2016 S. 1495; gegen Ansicht im Schrifttum, wonach in Bezug auf Spenden in Drittstaaten aus europarechtlichen Gründen auch auf das Erfordernis der Verpflichtung zur Beitreibungshilfe verzichtet werden könne, wenn der Steuerpflichtige Nachweise vorlegen kann, die das Entstehen eines Haftungsfalls nach § 10b Abs. 4 EStG als ausgeschlossen erscheinen lassen).

3. Bei der Schweiz handelt es sich weder um einen Mitgliedstaat der EU noch um einen Staat des EWR im Sinne des § 10b Abs. 1 Satz 2 EStG, sondern um einen Drittstaat, der im Streitjahr 2017 gegenüber der Bundesrepublik Deutschland nicht kumulativ zur Gewährung von sowohl Amtshilfe als auch Beitreibungshilfe im Sinne von § 10b Abs. 1 Sätze 3-5 EStG verpflichtet war.

 

Normenkette

EStG § 10b Abs. 1 Sätze 1-6, Abs. 4 S. 1; AEUV Art. 63 Abs. 1; AO § 51 Abs. 2, § 52 Abs. 2 Nr. 7

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die einkommensteuerrechtliche Anerkennung einer Spende an eine Stiftung mit Sitz in der Schweiz als Sonderausgaben im Jahr 2017.

Der Kläger ist Alleinerbe der am 12. Juli 2018 verstorbenen U. U spendete im Jahr 2017 Beträge i.H.v. 272.612,50 CHF und 292.609,62 USD an die A-Stiftung mit Sitz in der Schweiz. Die Stiftung wurde im Jahr 2001 unter dem Namen B-Stiftung mit Sitz in …/Schweiz gegründet und im Jahr 2002 in A-Stiftung umbenannt. Zweck der Stiftung ist die materielle und ideelle Unterstützung von erzieherischen, bildungsbezogenen und humanitären Anstrengungen und Projekten jeder erdenklichen Art zu Gunsten von Kindern und jungen Erwachsenen, vorab in … sowie im gesamten mittelamerikanischen Raum. Dabei können neben spezifischen Projekten auch individuelle Personen in Notlagen begünstigt werden. Die Stiftung ist nach einer schriftlichen Bestätigung des Kantonalen Steueramts des Kantons … vom 24. August 2004 nach schweizerischen Vorschriften steuerbefreit, da der Stiftungszweck ausschließlich auf das Wohl Dritter ausgerichtet ist und die Stiftung gemeinnützige Zwecke verfolgt.

Mit Schreiben vom 17. April 2019 erklärte C gegenüber dem Beklagten (dem Finanzamt – FA –), dass sie seit dem 21. März 2019 Alleinerbin ihrer Mutter U sei und die von dieser an die A-Stiftung im Jahr 2017 getätigte Spende i.H.v. umgerechnet insgesamt 484.386 EUR als Spende im Rahmen der Veranlagung der verstorbenen U zur Einkommensteuer 2017 zu berücksichtigen sei. Zum weiteren Nachweis legte C eine schriftliche Bestätigung der A-Stiftung vom 3. August 2017 vor, wonach U die Stiftung mit Beträgen i.H.v. 272.602,50 CHF und 292.609,62 USD (Valuta 2. August 2017) unterstützt hat, und zwei Auszüge von Konten von U bei der X-Bank mit ausgewiesenen Belastungen zugunsten der A-Stiftung am 2. August 2017 i.H.v. 272.612,50 CHF bzw. 248.193,36 EUR.

Am 17. Oktober 2019 erließ das FA gegenüber C als Gesamtrechtsnachfolgerin von U einen nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid 2017, mit dem die Einkommensteuer i.H.v. 28.642 EUR festgesetzt wurde. Im Rahmen dieser Steuerfestsetzung erkannte das FA die Spende an die A-Stiftung nicht an.

Am 17. Dezember 2019 erließ das FA gegenüber C als Gesamtrechtsnachfolgerin von U einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 2017, mit dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben und die Einkommensteuer unverändert i.H.v. 28.642 EUR festgesetzt wurde. Zur Begründung wurde in streitgegenständlicher Hinsicht ausgeführt, dass die erklärte Spende nicht anerkannt werden könnte, da Spenden an eine Organisation in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) bzw. einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) zwar grundsätzlich möglich seien, nicht jedoch an Organisationen in der Schweiz.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2020 legte C als Gesamtrechtsnachfolgerin von U hiergegen Einspruch ein.

Mit Schriftsatz vom 30. März 2020 teilte nunmehr D (der Kläger) dem FA mit, dass er ausweislich des Europäischen Nachlasszeugni...

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