Entscheidungsstichwort (Thema)

Angabe des Umfangs der Vorläufigkeit in einer Anlage zum Steuerbescheid. Einkommensteuer 1992

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Vorläufigkeitsvermerk als Nebenbestimmung zur Steuerfestsetzung wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Die nähere Beschreibung des Umfangs der Vorläufigkeit eines Steuerbescheids kann auch in den in einer Anlage zum Steuerbescheid enthaltenen Erläuterungen erfolgen.

 

Normenkette

AO § 165 Abs. 1-2, § 124 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger (Kl) wurden für das Streitjahr 1992 mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Am 17.3.1992 erwarben die Kl zu je 1/2 einen Mitberechtigungsanteil am Erbbaurecht an dem Grundstück in …, verbunden mit dem Sondereigentum an der im 1. Obergeschoss gelegenen Wohnung samt Abstellplatz in der Tiefgarage für 289.000 DM (notarieller Kaufvertrag vom 17.3.1992). Mit „Ehevertrag, Scheidungsvereinbarung, Erb- und Pflichtteilsverzicht, Aufhebung eines Erbvertrags” vom 26.8.1992 überließ der Kl zum Zweck der Vermögensauseinandersetzung der Eheleute seinen Hälfteanteil an dem Wohnungserbbaurecht samt allen rechtlichen Bestandteilen der Klägerin (Klin) als Alleinberechtigte.

In der Einkommensteuererklärung für 1992 machte die Klin bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für das Objekt … (WA.) negative Einkünfte in Höhe von 57.392 DM geltend (Mieteinnahmen: 0 DM; Werbungskosten – insbesondere Schuldzinsen und Erhaltungsaufwendungen – von insgesamt 57.392 DM). Im teilweise für vorläufig erklärten Einkommensteuerbescheid 1992 vom 14.3.1994 setzte der Beklagte (Finanzamt –FA–) die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit insgesamt ./. 39.003 DM an. In den (maschinellen) Erläuterungen zur Steuerfestsetzung gab das FA an, dass die Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden hinsichtlich bestimmter Punkte vorläufig ist. Die Erläuterungen enthielten u. a. auch den Vermerk „Auf die Anlage zu diesem Bescheid wird hingewiesen.” In der (manuell erstellten) Anlage zum Bescheid (Bl. 29 der ESt-Akten) wird u. a. erläutert: „Die Steuerfestsetzung ist nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Objekt, … .” Auf die Angaben im Einkommensteuerbescheid (Bl. 27 und 28 der ESt-Akten 1992) im Einzelnen, die (personellen) „Erläuterungen” (Bl. 29 der ESt-Akten) und den vom Rechenzentrum erstellten „Prüfhinweis” (Bl. 30 der ESt-Akten) wird Bezug genommen.

Auf den Aktenvermerk des FA vom 18.9.1997 über eine Besprechung beim Amt mit der Klin zur beabsichtigten Nutzung des Objekts W.A. (Bl. 33 der ESt-Akten) wird verwiesen.

Am 15.10.1997 erließ das FA daraufhin einen gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 1992, in dem die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit insgesamt 18.389 DM angesetzt sind und die Steuerfestsetzung insoweit für endgültig erklärt ist. Das FA erkannte den bisher berücksichtigten Verlust aus Vermietung und Verpachtung für das Objekt W.A. wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht nicht mehr an. Auf den Einspruch der Kl stellte das FA am 17.1.1998 die Anlage zum Einkommensteuerbescheid 1992 vom 14.3.1994 mit dem Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Objekt W.A. dem steuerlichen Vertreter der Kl zu. Der Einspruch der Kl gegen den Änderungsbescheid hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 3.8.1998).

Mit der Klage wenden sich die Kl gegen die Änderung des Einkommensteuerbescheids 1992 gemäß § 165 Abs. 2 AO. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, eine Änderungsmöglichkeit gemäß § 165 Abs. 2 Satz 1 AO habe nicht bestanden, weil ihnen keine Anlage mit dem angeblichen Vorläufigkeitsvermerk zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugegangen sei. Außerdem habe bereits bei Erwerb der Wohnung eine Vermietungsabsicht bestanden. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Kl vom 12.8.1998, 15.9.1998 und 4.5.2000 Bezug genommen.

Die Kl beantragen,

den geänderten Einkommensteuerbescheid für 1992 vom 15.10.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3.8.1998 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt das FA vor, es gehe weiterhin von der fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht aus. Der Vortrag der Kl stehe in klarem Widerspruch zu dem vom FA ermittelten Sachverhalt und den bisherigen aktenkundigen Aussagen der Klin.

Zum Vorbringen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift vom 30.7.2002 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Das FA durfte den Einkommensteuerbescheid 1992 vom 14.3.1994 nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO ändern, weil hinsichtlich der strittigen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein wirksamer Vorläufigkeitsvermerk bestand.

Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO kann eine Steuer vorläufig festge...

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