rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Datenabgleich Altersvorsorgezulage. Änderung trotz Fehler des FA nach § 91 Abs. 1 S. 4 EStG möglich. kein Grundsatz von Treu und Glauben

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Behandelt das FA einen Steuerpflichtigen – trotz Erklärung einer mittelbaren Begünstigung – hinsichtlich der Sonderausgaben und der Zulage für die Altersvorsorgebeiträge als unmittelbar begünstigt und wird dieser Fehler im Rahmen des automatisierten Datenabgleichs gem. § 91 Abs. 1 EStG festgestellt, ist die Steuerfestsetzung gem. Satz 4 der Vorschrift unabhängig von etwaigen Mitwirkungs- bzw. Ermittlungspflichtverletzungen zu ändern. Ein Ermessen steht dem FA insoweit nicht zu.

2. Der Grundsatz von Treu und Glauben findet keine Anwendung. § 91 EStG ist nach der Gesetzesbegründung eine spezialgesetzliche Änderungsnorm i. S. d. § 172 Abs. 1 S. 2 Buchst. d AO. Die Überprüfung nach § 91 EStG findet im Rahmen der Altersvorsorgebeiträge in jedem Fall statt, so dass sich der Steuerpflichtige darauf einstellen muss und ein Vertrauenstatbestand von vorneherein nicht entstehen kann.

 

Normenkette

EStG § 91 Abs. 1 S. 4; AO § 172 Abs. 1 S. 2 Buchst. d; BGB § 242

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) den Einkommensteuer(ESt)-Bescheid 2012 nach § 91 Abs. 1 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) ändern konnte.

Der Kläger erzielte im Streitjahr als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit und wurde mit der Klägerin, die als Polizeibeamtin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte, vom FA M (Beklagter) zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt. Ihrer ESt-Erklärung fügten die Kläger eine Anlage AV zu den Altersvorsorgeaufwendungen bei. Darin waren für den Kläger in Zeile 11 beitragspflichtige Einnahmen i.H.v. 83.677 EUR eingetragen. In Zeile 20 war eingetragen, dass der Kläger mittelbar begünstigt sei. Das FA veranlagte die Kläger erklärungsgemäß mit Bescheid vom 20. November 2013, behandelte den Kläger jedoch hinsichtlich der Sonderausgaben und der Zulage für die Altersvorsorgebeiträge als unmittelbar begünstigt und setzte die ESt mit 22.210 EUR fest. Als Steuerermäßigung wegen berücksichtiger Altersvorsorgebeiträge wurde in der Folge zusammen mit dem ESt-Bescheid 2012 für den Kläger und die Klägerin jeweils ein Betrag i.H.v. 400 EUR nach § 10a Abs. 4 EStG ebenfalls unter dem Datum vom 20. November 2013 gesondert und einheitlich festgestellt.

Am 26. November 2013 erhielt das FA von der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) eine Mitteilung über abweichende Besteuerungsgrundlagen nach § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG, wonach der Kläger nur mittelbar zulagenberechtigt sei und die beitragspflichtigen Einnahmen bei ihm mit 0 EUR anzusetzen seien. Das FA änderte daraufhin unter dem Datum vom 20. Dezember 2013 sowohl den ESt-Bescheid 2012 als auch die gesonderte Feststellung gemäß § 10a Abs. 4 EStG nach § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG entsprechend, setzte die ESt 2012 mit 22.462 EUR und stellte die Steuerermäßigung wegen berücksichtigter Altersvorsorgebeiträge für den Kläger mit 192,92 EUR und für die Klägerin mit 355,08 EUR fest.

Den gegen den „Steuerbescheid vom 20. Dezember 2012” eingelegten Einspruch begründeten die Kläger damit, dass eine Änderung des Bescheids mangels Änderungsvorschrift nicht möglich sei. Eine Änderung nach § 10a Abs. 5 Satz 2 EStG i.V.m. § 10 Abs. 2a Satz 8 EStG sei aufgrund der vorzunehmenden teleologischen Reduktion nicht möglich. Der in § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) zum Ausdruck gekommene Grundsatz, wonach einer Änderung der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehe, wenn der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht in vollem Umfang nachgekommen sei, dem FA also alle relevanten Daten vorlägen, sei hier zu berücksichtigen. Dann obliegen dem FA die richtige Bearbeitung und die richtige Errechnung der Steuer. Geschehe das nicht, könne der unrichtige Ansatz nicht korrigiert werden. Eine Änderung verbiete sich auch aus Gründen des Vertrauensschutzes. Das FA folgte der Auffassung der Kläger nicht und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 29. April 2014, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück. Den Einspruch gegen die gesonderte Feststellung wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 23. Oktober 2014, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der die Kläger weiterhin die Aufhebung der Bescheide vom 20. Dezember 2013 begehren. Zur Begründung beziehen sie sich im Wesentlichen auf das Vorbringen im Einspruchsverfahren.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 6. und 21. Mai 2014 samt Anlagen Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2012 sowie die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 10a Abs. 4 Einkommensteuergesetz, jeweils vom 20. Dezember 2013 und die jeweilige Einspruchsentscheidung vom 29. April bzw. 23. Oktober 2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Zur Begründung...

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