Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsschutz gegen Beitreibungsersuchen nach der EG-Beitreibungsrichtlinie ins Ausland

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine auf die Verpflichtung des Finanzamts zur Rücknahme eines Beitreibungsersuchens nach Zypern auf der Grundlage der Richtlinie 76/308/EWG (Beitreibungsrichtlinie) gerichtete Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft, aber unbegründet, da Einwendungen, die die Einhaltung der Richtlinien 76/308/EWG und 2002/94/EG betreffen, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) geltend zu machen sind.

2. Ein auf die Beitreibungsrichtlinie gestütztes Beitreibungsersuchen ist kein Verwaltungsakt i.S. des § 118 AO.

 

Normenkette

Richtlinie 76/306/EWG Art. 12 Abs. 1, 3, Art. 6, 13-14; Richtlinie 2002/94/EG Art. 25 Abs. 2; FGO § 40 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Nr. 2; AO § 118; EG-BeitrG; Richtlinie 2008/55/EG; Richtlinie 2006/84/EG; FVG § 5 Abs. 1 Nr. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.07.2009; Aktenzeichen VII R 52/08)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Ersuchens um Amtshilfe bei der Steuererhebung (Beitreibungsersuchen) nach Zypern.

Der Beklagte (Finanzamt) richtete mit Schreiben vom 22. Januar 2007 ein Beitreibungsersuchen gemäß Artikel 6 und 13 der Richtlinie 76/308/EWG auf dem Dienstweg nach Zypern. Das Beitreibungsersuchen bezog sich auf rückständige Umsatzsteuer 2001 und 2002 in Höhe von …EUR (2001) bzw. … EUR (2002) sowie im Übrigen auf steuerliche Nebenleistungen. Das Finanzamt ordnete in der beigefügten Aufstellung über die Forderungen Zinsen zur Einkommensteuer 1996 in Höhe von … EUR den Hauptforderungen und nicht der eigenständigen Rubrik „bis zur Unterzeichnung dieses Ersuchens entstandene Zinsen” zu. Dagegen erfasste es unter dieser Rubrik Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1996 und Umsatzsteuer 1999 bis 2002 sowie Säumniszuschläge zum Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 1996. Als Vollstreckbarkeitstermin wurde bei den Zinsen zur Einkommensteuer 1996 der 15. Oktober 2001 angegeben. Auch lag der Vollstreckbarkeitstermin bei einem Großteil der Säumniszuschläge vor dem 22. Januar 2002. Wegen der Einzelheiten wird auf das Beitreibungsersuchen vom 22. Januar 2007 verwiesen.

Eine gegen die Einkommensteuerfestsetzung 1996 zunächst anhängige Klage … wurde mit Schreiben vom 5. Oktober 2005 zurückgenommen. Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 7. Oktober 2005 eingestellt. Mit Schreiben vom 3. November 2005 wurde der Einspruch gegen den Bescheid über Hinterziehungszinsen zur Einkommensteuer 1996 zurückgenommen.

Dem steuerlichen Vertreter des Klägers wurde das in griechischer Sprache verfasste Beitreibungsersuchen am 25. April 2007 in Limassol zugestellt. Daraufhin legte der Kläger mit Schreiben vom 27. April 2007 beim Finanzamt Einspruch ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 8. Juni 2007 verwarf das Finanzamt den Einspruch als unzulässig. Es führte aus, dass ein Einspruch gegen das Beitreibungsersuchen nicht statthaft sei, da es sich um eine behördeninterne Maßnahme handle und damit keinen Verwaltungsakt darstelle.

Hiergegen wendet sich der Kläger. Er trägt vor, die Klage sei in Form einer Leistungsklage zulässig. Die vom Finanzamt vertretene Rechtsauffassung, dass das Amtshilfeverfahren eine „behördeninterne Maßnahme” sei, sei auf der Basis der Richtlinie des Rates 76/308/EWG unzutreffend. Durch das Beitreibungsersuchen werde eine Forderung des ersuchten Mitgliedstaates geschaffen, die zuvor nicht existiere. Es erfülle die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts. Durch das Beitreibungsersuchen sei der Kläger in das Visier der zypriotischen Behörden geraten. Es habe daher unmittelbare Rechtswirkung nach außen.

Im Beitreibungsersuchen vom 22. Januar 2007 seien zu Unrecht die Säumniszuschläge unter der Rubrik „bis zur Unterzeichnung dieses Ersuchens entstandene Zinsen” und die Zinsen unter der Rubrik „Hauptforderung” erfasst. Durch die falsche Erfassung der Zinsen werde der Anschein erweckt, als seien diese formell „Steuerforderungen”. Säumniszuschläge seien von der Richtlinie 76/308/EWG nicht umfasst.

Die im Beitreibungsersuchen aufgeführten Zinsen zur Einkommensteuer i.H.v. … EUR seien seit dem 8. Oktober 2001 fällig und damit älter als fünf Jahre. Dies gelte auch für einen großen Teil der Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 1996 und der Säumniszuschläge zum Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 1996.

Die verbleibenden Beträge im Beitreibungsersuchen lägen unter der Mindestbetragsgrenze des Art. 25 Abs. 2 der Richtlinie 2002/94/EG von 1.500 EUR.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 8. Juni 2007 das Finanzamt zu verpflichten, das Ersuchen um Beitreibung gemäß Art. 6 und 13 der Richtlinie 76/308/EWG … vom 22. Januar 2007 zurückzuziehen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es führt aus, das Beitreibungsersuchen nach Zypern sei kein Verwaltungsakt. Es bestehe kein Rechtssc...

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