Entscheidungsstichwort (Thema)

Stundung der Erbschaftsteuer. maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob die auf den Erwerb einer Wohnung entfallende Erbschaftsteuer nur durch deren Veräußerung aufgebracht werden kann

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein die Stundung ablehnender Verwaltungsakt erledigt sich nicht durch die (teilweise) Tilgung der Steuerschuld, deren Stundung begehrt wird.

2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob der Steuerpflichtige die auf den Erwerb einer Wohnung entfallende Erbschaftsteuer nur durch deren Veräußerung aufbringen kann, ist nicht der – durch die begehrte Stundung hinausgeschobene – Zeitpunkt der Fälligkeit der Erbschaftsteuer, sondern der Zeitpunkt der Steuerentstehung.

3. Ein Anspruch auf Stundung der Erbschaftsteuer besteht nicht, wenn zum Nachlass Geldmittel gehörten, die zur Tilgung der auf den Erwerb der Wohnung entfallenden Erbschaftsteuer ausgereicht hätten, jedoch anderweitig verwendet worden sind.

 

Normenkette

ErbStG § 28 Abs. 3; FGO § 40 Abs. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, die gegen den Kläger festgesetzte Erbschaftsteuer zu stunden.

Der Kläger ist neben X (Miterbe zu 2/3) Miterbe zu 1/3 nach Y (im Folgenden Erblasserin), die am X. März 2018 verstarb. Die Erbmasse bestand u.a. aus einer Wohnung in X, Y-Str. und Bankguthaben in der Gesamthöhe von … EUR. Mit Mietvertrag vom 7. Juli 2018 vermieteten der Kläger und X die o.g. Wohnung ab dem 1. August 2018 an die Eheleute Z. Die Familie Z war bereits vor dem X. März 2018 unter der Adresse in X, Y-Str. gemeldet und hat die Wohnung zusammen mit der Erblasserin genutzt. Die Familie Z erbrachte Pflegeleistungen an die Erblasserin. Mit Teilerbauseinandersetzungsvereinbarung vom 12. September 2018 wurde die Erbengemeinschafft derart auseinandergesetzt, dass der Kläger die Wohnung künftig allein übernimmt und dem Miterben von den auf der Immobilie bestehenden Lasten freistellt und ausbezahlt.

Ohne den Kläger zuvor zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung aufgefordert zu haben, setzte der Beklagte mit Erbschaftsteuerbescheid vom 5. August 2019 gegen den Kläger Erbschaftsteuer i.H.v. … EUR fest. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 4. September 2019 Einspruch beim Beklagten ein und beantragte zudem zinslose Stundung der festgesetzten Erbschaftsteuer.

Mit Schreiben vom 9. September 2019 lehnte der Beklagte unter Bezugnahme auf § 222 der Abgabenordnung (AO) die beantragte Stundung ab. Dagegen legte der Kläger mit Telefax vom 2. Oktober 2019 Einspruch beim Beklagten ein. Zur Begründung trug der Kläger u.a. vor, dass nach § 28 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der für den Streitfall geltenden Fassung (ErbStG) ein verbindlicher Anspruch auf die Stundung der festgesetzten Erbschaftseuer bestehe. Mit Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2020 wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz (Telefax) vom 12. Februar 2020 Klage.

Mit – inzwischen bestandskräftigem – Erbschaftsteuerbescheid vom 21. Februar 2020 änderte der Beklagte den Bescheid vom 5. August 2019 und setzte die Erbschaftsteuer auf … EUR herab. Durch Verrechnung mit Guthaben des Klägers bei der St.-Nr. … sowie durch Pfändung des Bausparguthabens bei der … (Vertrag mit der Nr. …) glich der Beklagte die Steuerforderung des Klägers zunächst vollständig aus. Im Anschluss gab der Beklagte das gepfändete Bausparguthaben jedoch wieder frei. Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2021 beantragte der Kläger, festzustellen, dass die Pfändungsmaßnahme des Beklagten, betreffend das Bausparguthaben, rechtswidrig gewesen sei. Der Beklagte stimmte der Klageerweiterung nicht zu. Daraufhin wurde das diesbezügliche Klagebegehren als neue Klage unter dem Aktenzeichen … erfasst.

Die Klage wird wie folgt begründet:

Der Kläger habe einen Rechtsanspruch auf eine zinslose Stundung nach § 28 Abs. 3 ErbStG. Mangels Aufforderung zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung habe der Kläger nicht mit einer Festsetzung von Erbschaftsteuer rechnen müssen. Die monatlichen Einnahmen des Klägers belaufen sich auf … EUR, welchen jedoch monatliche Belastungen in der Gesamthöhe von … EUR gegenüberstünden. Darüber hinaus habe der Kläger im Zusammenhang mit der Erbschaft und dem Erwerb der Wohnung Aufwendungen in der Gesamthöhe von … EUR gehabt. Der Kläger hätte die gegen ihn festgesetzte Erbschaftsteuer nur durch Veräußerung der ererbten Wohnung bedienen können. Die Hausbank des Klägers habe ihm mit Schreiben vom 22. August 2019 mitgeteilt, dass die Gewährung eines Darlehens über … EUR nicht möglich sei.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der Ablehnung der Stundung vom 9. September 2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Januar 2020, den Beklagten dazu zu verpflichten, die gegen den Kläger festgesetzte Erbschaftsteuer, soweit sie auf das geerbte Grundvermögen entfällt, für den Zeitraum von 5 Jahren nach §...

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