Entscheidungsstichwort (Thema)

Einschränkung des Mitunternehmerrisikos von GbR-Gesellschaftern durch die Einräumung einer Beteiligungsverluste ausschließenden Rückkaufoption. subjektiver Tatbestand der Steuerhinterziehung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nicht jeder Gesellschafter einer mitunternehmerisch tätigen GbR muss seinerseits Mitunternehmer sein. Als Mitunternehmer ist ein GbR-Gesellschafter nur dann anzusehen, wenn auch er die Merkmale der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos erfüllt.

2. Das Mitunternehmerrisiko von GbR-Gesellschaftern ist eingeschränkt, wenn die rechtliche Möglichkeit besteht, sich ohne Vermögensverlust von der Beteiligung zu trennen, weil die Fondinitiatoren zum Zweck der Einlagesicherung rechtlich bindende Angebote abgeben, die Gesellschaftsanteile zum Nominalwert von den Gesellschaftern zu übernehmen (Ankaufsverpflichtung). Das Mitunternehmerrisiko ist bereits ab dem Zeitpunkt der Einräumung der Option und nicht erst nach Ausübung des Optionsrechtes erheblich eingeschränkt.

3. Bestehen zunächst keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Erklärungen der Fondinitiatoren letztlich wirtschaftlich wertlos sein werden, sondern nur abstrakte Insolvenzrisiken, wird das fehlende Mitunternehmerrisiko nicht ersetzt. Scheitert später die Übertragung der Gesellschaftsanteile an der fehlenden Zahlungsfähigkeit der Fondsinitiatoren, lebt das eingeschränkte Mitunternehmerrisiko nicht rückwirkend wieder auf.

4. Ist das Mitunternehmerrisiko durch die gewählte Rechtsform einer atypisch stillen Beteiligung und einer zusätzlichen Absicherung gegen den Verlust der Einlage in signifikantem Umfang beschränkt, setzt die Mitunternehmerqualifikation des Gesellschafters voraus, dass seine Initiativbefugnisse besonders ausgeprägt sind. Hierfür genügt es nicht, dass ihm lediglich die Rechte nach § 716 BGB eingeräumt sind.

5. Die durch modellbedingte Steuervorteile eintretende Steuerverkürzung muss dem Fondsinitiator und Geschäftsführer einer GmbH bekannt sein, wenn er für sein Beteiligungsmodell die Rechtsform einer atypischen stillen Gesellschaft zwischen einer GbR und der GmbH wählt, um damit die Mitunternehmerrechte der Anleger ebenso wie deren Risiko weitgehend einzuschränken, ohne die steuerliche Einordnung der Beteiligungseinkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu gefährden (subjektiver Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt).

 

Normenkette

EStG 1990 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; HGB §§ 233, 118; BGB § 716; AO § 169 Abs. 2 S. 2, § 181 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.10.2015; Aktenzeichen IV R 43/12)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Kläger in den Streitjahren 1996 und 1997 als Mitunternehmer gewerbliche Einkünfte erzielt haben.

Die Kläger sind Gesellschafter der XY Fonds I Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung (im Folgenden: GbR). Gegenstand der Gesellschaft laut Fonds-Gesellschaftsvertrag vom 26. September 1995 (Fonds-GV) ist der Erwerb einer atypisch stillen Beteiligung an dem Handelsgewerbe der XY GmbH, eingetragen im Handelsregister B des Amtsgerichts Z., HRB … (im Folgenden: GmbH). Gründungsgesellschafter der GmbH waren Herr Dr. H. (verstorben 2005) und Herr W. zu je 1/2. Als Geschäftsführer der GmbH war in den Streitjahren Herr Dr. H. bestellt.

Mit Vertrag vom 12./20. Oktober 1995 (Vertrag atyp. st. Ges.) beteiligte sich die GbR als stille Gesellschafterin an dem von der GmbH betriebenen Unternehmen. Grundlage für die Gewinnbeteiligung der GbR ist der Steuerbilanzgewinn der GmbH vor Abzug von Ertragsteuern und vor Abzug des Ergebnisanteils der GbR. Hiervon erhält die GmbH 2,5 %. Verluste werden zunächst ausschließlich der GbR zugerechnet, allerdings nur bis zur Höhe der stillen Einlage. Darüber hinausgehende Verluste werden der GmbH zugerechnet (§ 7 Vertrag atyp. st. Ges.). Bei Beendigung der stillen Gesellschaft ist das Auseinandersetzungsguthaben anhand einer Auseinandersetzungsbilanz zu ermitteln. Hierbei sind die stillen Reserven einschließlich eines selbstgeschaffenen Firmenwertes aufzulösen. Der Anteil der GmbH an den stillen Reserven beträgt 15 %; der Rest steht der GbR zu (§ 13 Vertrag atyp. st. Ges.).

Der GbR stehen die Informationsrechte nach § 118 Handelsgesetzbuch (HGB) und § 716 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu (§ 3 Nr. 5 Vertrag atyp. st. Ges.). Die Verwendung der stillen Einlagen hat in Abstimmung mit der GbR zu erfolgen (§ 3 Nr. 1 Vertrag atyp. st. Ges.). An der Geschäftsführung der GmbH ist die GbR nicht beteiligt; die GmbH bedarf jedoch für bestimmte Maßnahmen der vorherigen Zustimmung der GbR. Geschäftsführung und Beirat der GbR haben ein Recht auf Teilnahme an sämtlichen Gesellschafterversammlungen der GmbH, die ggf. über Geschäftsverlauf und Lage des Unternehmens Auskunft zu erteilen hat (§ 4 Vertrag atyp. st. Ges.). Für Reinvestitionen bestimmte Erträge sind auf ein Sonderkonto einzuzahlen, über das die GmbH nur gemeinsam mit der GbR verfügen kann (§ 5 Vertrag atyp. ...

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