Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfüllung des Grunderwerbsteuertatbestands nach § 1 Abs. 2a GrEStG in der Fassung des StÄndG 2015 bei mehrstöckigen Personengesellschaften. keine Rückgängigmachung der nach § 1 Abs. 2a GrEStG erfolgten Besteuerung nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG bei Nichterfüllung der Anzeigepflicht durch den Steuerpflichtigen und verspäteter Anzeigeerstellung durch den beurkundenen Notar. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 16/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Infolge der für Erwerbe ab 6.11.2015 geltenden Neuregelung des § 1 Abs. 2a GrEStG durch das StÄndG 2015 v. 2.11.2015 ist für die Beurteilung, ob sich der Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG mittelbar geändert hat, nunmehr anders als unter Geltung des vorherigen alten Rechts nicht mehr auf die oberste Beteiligungsebene abzustellen, an der keine Beteiligung mehr möglich ist, sondern auf die oberste Beteiligungsebene, auf der eine Änderung der Beteiligungsverhältnisse stattgefunden hat.

2. Die Vorschrift des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG betrifft über ihren Wortlaut hinaus nicht nur den Rückerwerb des Eigentums an einem veräußerten Grundstück, sondern auch Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2a GrEStG.

3. Wird ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 2a GrEStG zwar innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer rückgängig gemacht, war er aber nicht ordnungsgemäß angezeigt (§§ 18 GrEStG und § 19 GrEStG) worden, schließt § 16 Abs. 5 GrEStG den Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung aus. Es fehlt an einer ordnungsgemäßen Anzeige, wenn die Steuerpflichtige selbst ihre Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a GrEStG in Verbindung mit § 13 Nr. 6 GrEStG nicht erfüllt hat und die notarielle Anzeige erst nach Ablauf der Zweiwochenfrist (§ 18 Abs. 3 GrEStG) beim Finanzamt eingegangen ist.

4. Die Anzeigen gem. § 18 Abs. 3 GrEStG sind auch dann innerhalb von zwei Wochen nach der Beurkundung zu erstatten, wenn die Wirksamkeit des Rechtsvorgangs vom Eintritt einer Genehmigung abhängig ist. Die Anzeigepflicht ist hier mithin von der Entstehung der Steuerschuld unabhängig.

5. Ein Steuerpflichtiger, der seiner Anzeigepflicht nicht nachkommt, kann sich nicht dadurch entlasten, dass der Notar die Erfüllung seiner Anzeigepflicht zugesagt und man übereinstimmend eine nochmalige Anzeige durch den Steuerpflichtigen selbst für entbehrlich gehalten hat (vgl. BFH, Urteil v. 4.3.1999, II R 79/97, BFH/NV 1999 S. 1301). Die etwaige Unkenntnis eines Beteiligten über seine Anzeigepflicht nach § 19 GrEStG schließt die Anwendung des § 16 Abs. 5 GrEStG nicht aus.

 

Normenkette

GrEStG 2015 § 1 Abs. 2a Sätze 1-2, § 16 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, § 18 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a, Abs. 3; AO § 38

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist u.a. streitig, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG in der für den Streitfall geltenden Fassung des StÄndG 2015 erfüllt sind.

Die Klägerin, deren Geschäftsleitung sich in A Stadt befindet, ist eine Personengesellschaft mit Grundbesitz in mehreren Finanzamtsbezirken. An der Klägerin war die X KG als Kommanditistin i.H.v. 100 %, an der X KG war die Y KG als Kommanditistin i.H.v. 100 % beteiligt. An der Y KG waren die L GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin, A und B i.H.v. jeweils 20 %, C i.H.v. 20 %, D i.H.v. 30 % und E i.H.v. 10 % beteiligt.

Mit notarieller Urkunde vom 17. Dezember 2015 schenkte C ihren Söhnen D und E jeweils hälftig ihren Anteil an der Y, so dass D nunmehr mit 40 %, E nunmehr mit 20 % an der Y KG beteiligt waren.

In der notariellen Urkunde ebenfalls vom 17. Dezember 2015 (– im Folgenden U1 genannt –) wurden folgende Vereinbarungen getroffen:

  • D bringt seinen Anteil an der Y KG i.H.v. 40 % in die T S.r.L., eine Kapitalgesellschaft italienischen Rechts, ein. D handelte bei Errichtung der Urkunde im eigenen Namen und als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der T S.r.L..
  • E bringt seinen Anteil an der Y KG i.H.v. 20 % in die U S.r.L. (NI.KA), eine Kapitalgesellschaft italienischen Rechts, ein. E wurde bei Vertragsschluss durch D vertreten, der auch als Vertreter für die U S.r.L. handelte, vorbehaltlich deren Genehmigung in notariell beglaubigter Form. Die Genehmigung sollte mit Zugang beim Notar wirksam werden.
  • A und B bringen ihre Anteile an der Y KG i.H.v. jeweils 20 % in die S KG ein. A und B sind Kommanditisten zu je 50 %, die L GmbH ist die persönlich haftende Gesellschafterin der am 20. Oktober 2015 gegründeten S KG. Als Gegenleistung für die Einbringung gewährt die S KG A und B jeweils einen erhöhten Gesellschaftsanteil in Form einer weiteren Kommanditbeteiligung i.H.v. 5.000 EUR an der S KG. Sowohl B, B, als auch die S KG wurden dabei durch D, unter dem Vorbehalt der Genehmigung in notarieller Form, vertreten. Die Genehmigung galt mit Zugang beim Notar als den Beteiligten mitgeteilt und somit rechtswirksam. Zur Vertretung der S KG ist allein ...

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