Entscheidungsstichwort (Thema)

Bildung bzw. Auflösung einer Ansparrücklage bei Tod eines Freiberuflers im Folgejahr und anschließender Betriebsveräußerung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird die Einnahmen-Überschussrechnung für einen Freiberufler erst zu einem Zeitpunkt erstellt, zu dem wegen des Todes des Freiberuflers im Folgejahr und der anschließenden Betriebsveräußerung durch die Witwe als Erbin feststeht, dass die geplanten Investitionen tatsächlich nicht realisiert worden sind und auch nicht mehr realisiert werden können, so darf keine Ansparrücklage gebildet werden. Dass der Steuerberater die von dem Freiberufler kurz vor seinem Unfalltod noch bekräftigte Investitionsabsicht bezeugen kann, ist insoweit unerheblich.

2. Ermittelt das FA in Kenntnis des Todesfalls zunächst nicht näher hinsichtlich der Investitionsabsicht, so ist es später nach Treu und Glauben an einer Änderung des bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheids, in dem die Ansparrücklage erklärungsgemäß anerkannt worden ist, nach § 173 AO gehindert.

3. Da im Folgejahr wegen der Betriebsveräußerung die Gewinnermittlungsart geändert werden muss (Wechsel von der Überschussrechnung zum Betriebsvermögensvergleich) und in der Übergangsbilanz mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 7g EStG kein Sonderposten mit Rücklageanteil erfasst werden darf, ist die zu Unrecht gebildete Ansparrücklage zu diesem Zeitpunkt zuzüglich des Gewinnzuschlags nach § 7g Abs. 5 EStG aufzulösen. Dabei handelt es sich um einen laufenden Gewinn und nicht um einen Teil des steuerbegünstigten Betriebsaufgabegewinns.

 

Normenkette

EStG § 7g Abs. 3-6, § 4 Abs. 3, § 16 Abs. 1, § 2 S. 2, § 34; AO § 173 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz in der für die Jahre 1997 und 1998 geltenden Fassung (EStG) für das Jahr 1997 gebildete Ansparrücklage nach § 7 g EStG im Streitjahr 1998 im Rahmen des laufenden Gewinnes oder im Rahmen des Veräußerungsgewinnes zu berücksichtigen ist.

I.

Die Klägerin war mit Herrn (Ehemann) verheiratet, der bis 1998 als … selbständig tätig war; im Frühjahr dieses Jahres erlitt er einen Unfall und ist am 04.06.1998 verstorben. Die Klägerin ist seine Rechtsnachfolgerin. Sie veräußerte die …-praxis ihres Ehemannes mit Vertrag vom 02.08.1998 (vgl. Akte Gewinnermittlung, letztes Blatt).

In der Einkommensteuererklärung für 1997 vom 05.01.1999 (Eingang beim Beklagten – dem Finanzamt: 07.01.1999) erklärte die Klägerin u.a. Einkünfte ihres Ehemannes aus selbständiger Arbeit als … und beantragte die Zusammenveranlagung. In der mit der Einkommensteuererklärung für 1997 beim Finanzamt eingereichten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für die selbständige Arbeit ihres Ehemannes für 1997 vom 05.01.1999 ermittelte die Klägerin einen Gewinn in Höhe von … DM. Als Betriebsausgabe berücksichtigte die Klägerin hierbei u.a. eine Ansparabschreibung in Höhe von … DM für verschiedene, in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung aufgeführte Einrichtungsgegenstände für die …-praxis ihres Ehemannes; nach den in dieser Einnahmen-Ausgaben-Rechnung enthaltenen Erläuterungen hatte ihr Ehemann beabsichtigt, diese Gegenstände im Jahr 1998 anzuschaffen. Diese Einkommensteuererklärung für 1997 wurde mit dem Einkommensteuerbescheid vom 11.03.1999 erklärungsgemäß veranlagt; dieser Einkommensteuerbescheid für 1997 wurde bestandskräftig.

In der Einkommensteuererklärung für 1998 vom 06.04.2000 (Eingang Finanzamt: 11.04.2000, Frühleerung) erklärte die Klägerin u.a. Einkünfte ihres Ehemannes aus selbständiger Arbeit als … und beantragte die Zusammenveranlagung. In der mit der Einkommensteuererklärung für 1998 beim Finanzamt eingereichten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für die selbständige Arbeit ihres Ehemannes für den Zeitraum vom 01.01.1998 bis zum 04.06.1998 vom 10.04.2000 ermittelte die Klägerin einen laufenden Gewinn in Höhe von … DM. Aus der ebenfalls eingereichten, gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG erforderlichen Übergangsbilanz zum 04.06.1998 ergab sich ein Verlust in Höhe von DM. Die gleichfalls am 10.04.2000 wegen der Praxisveräußerung erstellte und mit der Einkommensteuererklärung für 1998 eingereichte Aufgabebilanz zum 05.06.1998 für die selbständige Tätigkeit ihres Ehemannes ergab einen ermäßigt zu besteuernden Veräußerungsgewinn in Höhe von … DM; hierbei berücksichtigte die Klägerin u.a. die Auflösung der Ansparrücklage in Höhe von … DM wegen der Betriebsaufgabe als sonstigen betrieblichen Ertrag.

Die Einkommensteuererklärung für 1998 wurde mit dem Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 18.05.2000 erklärungsgemäß bzw. unter nicht streiterheblichen Abweichungen veranlagt; der Einkommensteuerbescheid setzte eine Einkommensteuer in Höhe von … DM fest und erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO 1977).

Am 16.09.2002 erging ein Bericht über die Außenprüfung bei der K...

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