Entscheidungsstichwort (Thema)

Verteilung größerer Erhaltungsaufwendungen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn der Erbe keine solchen Einkünfte erzielt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erhaltungsaufwendungen gemäß § 82b Abs. 2 EStDV können nur von dem Steuerpflichtigen als Werbungskosten abgezogen werden, der auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.

2. Die vom Erblasser nicht berücksichtigten Erhaltungsaufwendungen gemäß § 82b Abs. 1 EStDV können grundsätzlich beim Erben als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, denn im Fall der Gesamtrechtsnachfolge tritt der Gesamtrechtsnachfolger materiell-rechtlich in die steuerrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein (§ 11d Abs. 1 EStDV).

3. Erzielt der Erbe keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, erfolgt die Berücksichtigung der nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen gemäß § 82b Abs. 2 EStDV im letzten Jahr der Einkunftserzielung des Erblassers.

4. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO sind erfüllt, wenn Erhaltungsaufwendungen gemäß § 82b EStDV weder beim Erblasser noch beim Erben in den Steuerfestsetzungen vollständig berücksichtigt wurden.

5. Nach der Ablaufhemmung des § 174 Abs. 3 Satz 3 AO ist die Änderung des Steuerbescheids, in dem der Sachverhalt nicht berücksichtigt worden ist, nur bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist zulässig.

 

Normenkette

AO § 174 Abs. 3; EStG § 21 Abs. 1; EStDV § 11d Abs. 1, § 82b Abs. 1-2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist Gesamtrechtsnachfolger seines am 9. Dezember 1997 verstorbenen Vater […] (A). Der Kläger hat u.a. das Hausgrundstück […] (M-Weg 7), von A aufgrund eines notariell beurkundeten Erbvertrages vom 15. Februar 1995 geerbt.

A vermietete das Hausgrundstück seit 1. Januar 1990 an seine Lebensgefährtin […] (K) und bestellte im Erbvertrag vom 15. Februar 1995 zu deren Gunsten am M-Weg 7 ein lebenslanges Wohnrecht nach seinem Tod und gewährte ihr eine monatliche Versorgungsrente von 500 DM. Die Gebäudeunterhaltskosten von jährlich 3.749,49 DM sollte der Kläger tragen. A führte im Jahr 1996 umfangreiche Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 119.741 DM an diesem Hausgrundstück M-Weg 7 aus. In der Einkommensteuererklärung 1996 übte der Kläger als Gesamtrechtsnachfolger nach A sein Wahlrecht gemäß § 82b Abs. 1 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) dahin aus, dass diese Werbungskosten gleichmäßig auf fünf Jahre (jährlich 23.948 DM) verteilt werden sollten. Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – berücksichtigte in den Einkommensteuerfestsetzungen 1996 (Bescheid vom 6. Juli 1998) und 1997 (Bescheid vom 2. Juni 1999) gegenüber dem Kläger als Gesamtrechtsnachfolger nach A (Steuernummer – StNr. – […] 487) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt M-Weg 7 jeweils die geltend gemachten Werbungskosten in Höhe von 23.948 DM. Im Einkommensteuerbescheid für 1997 wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt M-Weg 7 in Höhe von -30.418 DM berücksichtigt.

In der eigenen Einkommensteuererklärung für 1997 (StNr. […] 525) erklärten der Kläger und seine Ehefrau zuerst keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus dem Hausgrundstück M-Weg 7. Das FA wich von der Einkommensteuererklärung ab (Einkommensteuerbescheid 1997 vom 26. Mai 1999) und hatte aufgrund des dagegen gerichteten Einspruchs die Einkommensteuerfestsetzung 1997 mehrmals geändert (vor Erlass der Einspruchsentscheidung zuletzt Einkommensteuerbescheid 1997 vom 21. Februar 2002). Im Einspruchsverfahren machte der Kläger dann erstmals mit Schreiben vom 16. April 2003 auch wegen der von A nicht ausgenutzten Erhaltungsaufwendungen auf das Hausgrundstück M-Weg 7 in den Jahren 1998 bis 2000 Werbungskosten in Höhe von 71.845 DM (119.741 – 23.948 * 2 = 71.845) geltend. Mit Einspruchsentscheidung vom 4. April 2005 wies das FA den Einspruch des Klägers in seiner eigenen Sache wegen der Einkommensteuer 1997 insoweit als unbegründet zurück. Das FA vertrat die Auffassung, dass der Kläger für das Objekt M-Weg 7 im Streitjahr 1997 den Tatbestand der Einkunftserzielung nicht verwirklicht habe. Die Einkünfte seien dem A bis zu seinem Tod zugeflossen und danach habe der Kläger nur das mit dem Wohnrecht für K belastete Eigentum als Erbe erhalten. Zuvor hatte das FA bereits mit Einspruchsentscheidung vom 9. September 2003 mit derselben Begründung die Einsprüche des Klägers in eigener Sache wegen der Einkommensteuer für 1998 (Bescheid vom 18. Mai 2001), für 1999 (Bescheid vom 21. Februar 2002) und für 2000 (Bescheid vom 5. März 2002) – mit denen begehrt wurde, dass in jedem dieser Jahre jeweils 1/5 der Erhaltungsaufwendungen als Werbungskosten zum Abzug zugelassen werde – als unbegründet zurückgewiesen. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 4. April 2005 wegen der Einkommensteuer 1997 in eigener Sache haben der Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau Klage...

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