Entscheidungsstichwort (Thema)

Kinderfreibetrag für Monate, für die wegen verspäteter Antragstellung nach § 66 Abs. 3 EStG kein Kindergeld gezahlt wird; Maßgeblichkeit des Kalendermonats für die Günstigerprüfung i.S. des § 31 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Kann lediglich wegen der verspäteten Antragstellung nach § 66 Abs. 3 EStG (i.d.F. v. 16.4.1997) für bestimmte Monate innerhalb eines Veranlagungszeitraumes kein Kindergeld nachgezahlt werden, ist für diese Monate ein Kinderfreibetrag zu gewähren.

2. Da vom Gesetzgeber sowohl für das Kindergeld als auch für den Kinderfreibetrag monatliche Regelungen eingeführt wurden, ist auch für die nach § 31 EStG durchzuführende Vergleichsberechnung (sog. Günstigerprüfung) zur steuerlichen Freistellung des Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes auf den Kalendermonat abzustellen.

 

Normenkette

EStG § 31 Sätze 3-5, § 32 Abs. 6 S. 2, § 66 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.01.2003; Aktenzeichen VIII R 65/00)

 

Tatbestand

Die Kläger (Kl) sind Ehegatten, die im Streitjahr zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt werden.

Für ihre gemeinsame Tochter M., geb. 17.12.1978, haben sie nur für die Zeit vom 1.7. – 31.12.1996 rechtzeitig Kindergeld (KiG) beantragt und rückwirkend auch i.H. von 1.200 DM erhalten; für das erste Halbjahr 1996 hatten sie die Antragsfrist versäumt (vgl. Aktenvermerk vom 23.12.1997, Bl. 21 ESt-Akte).

Im ESt-Bescheid 1996 vom 21.3.1997 gewährte das Finanzamt (FA) den für die Tochter M. beantragten Kinderfreibetrag (KF) nicht und setzte die ESt gem. SplitTb auf 168 DM fest.

Der Einspruch blieb erfolglos.

Zur Begründung ihrer Klage führen die Kl im wesentlichen aus: die gesetzliche Regelung, wonach entweder KiG oder ein KF zu gewähren sei, habe das FA zu Unrecht auf den gesamten Veranlagungszeitraum (VZ) 1996 anstatt nur auf die ersten 6 Monate des VZ im Vergleichsverfahren angewandt.

Die Kl beantragen,

für die ersten 6 Monate des Jahres 1996 einen KF zu gewähren und die ESt 1996 entsprechend festzusetzen

Das FA beantragt Klageabweisung;

hilfsweise die Zulassung der Revision.

Es verweist unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung (EE) auf das Jahresprinzip, wovon auch das BMF-Schreiben vom 9.3.1998 IV B-S 2280–45/98 RdNr. 5 und 7 (BStBl 1998 I, 347) ausgehe.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Das FA hat zu Unrecht für die ersten 6 Monate des Streitjahres den Ansatz eines anteiligen KFB verwehrt.

1. Seit dem VZ 1996 wird für ein Kind des Steuerpflichtigen entweder KiG oder bei der Veranlagung ein KFB gewährt.

Nach der in § 31 Einkommensteuergesetz (EStG) getroffenen Regelung wird das KiG monatlich (§ 66 II EStG) als Vorausleistung auf den KFB gewährt. Wird dabei die gebotene Freistellung durch das KiG nicht in vollem Umfang bewirkt, so ist bei der Veranlagung zur ESt der KFB anzusetzen und das KiG in entsprechendem Umfang zu verrechnen (§ 31 I S. 3, 4, 36 II, 2 VI S. 2 EStG).

Für das Streitjahr beträgt der KF für ein Kind bei zusammenveranlagten Ehegatten monatlich 522 DM.

Die Anrechnung von KiG erfolgt auch dann, wenn es im VZ zwar noch nicht ausbezahlt wurde, hierauf jedoch ein Anspruch besteht (§ 36 II S. 1 EStG; Schmidt EStG 17. Aufl. Rz 3 zu § 32).

2. Das FA ist zwar grundsätzlich auch hiervon ausgegangen; es hat jedoch unzutreffenderweise den gesamten VZ als Vergleichszeitraum zugrundegelegt.

Der Senat hält hingegen ab dem VZ 1996 einen monatlichen Vergleichszeitraum für zutreffend. Dies entspricht sowohl dem für das KiG als auch für den KFB ab dem VZ 1996 eingeführten Monatszeitraum (§ § 62 II, 32 VI EStG) als auch dem Sinn und Zweck der ab dem VZ 1996 vom Gesetzgeber gewollten Alternativregelung zwischen KiG und KFB, d. h. entweder die Gewährung von KiG oder von KFB, Danach muß jedoch in jedem Fall das Existenzminimum berücksichtigt sein.

a) Dabei spielt es keine Rolle, ob der Steuerpflichtige es versäumt hat, für einen oder für mehrere Monate im VZ ein KiG rechtzeitig (§ 66 III EStG) zu beantragen, was zum Erlöschen des Anspruchs auf KiG führt (§ 47 Abgabenordnung -AO-). Für diesen Zeitraum ist dann auf jeden Fall pro Monat, in dem kein KiG beansprucht werden kann, der KF zu gewähren. Der Steuerpflichtige soll durch die Versäumung der Antragsfrist für den Anspruch auf KiG nicht auch noch des KF's verlustig gehen, wodurch er in der überwiegenden Zahl der Fälle ohnehin schon schlechter gestellt sein dürfte (FG München Urteil vom 11.11.1997 rkr., EFG 1998, 370; Schmidt a.a.O. Rz 25, 30 zu § 31 EStG; Herrmann/Heuer/Raupach Anm. 18 zu § 66 EStG).

b) Nach dem Alternativprinzip des § 31 EStG soll nach dem Willen des Gesetzgebers die für den Steuerpflichtigen günstigste Lösung im Rahmen der ESt-Veranlagung ermittelt und dann auch verwirklicht werden (Schmidt a.a.O. Rz 1, 8 zu § 31 EStG). Daß dabei – wie das FA meint – stets nur von dem Vergleich für den ges...

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