Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein einheitliches Vertragswerk bei bloßer Empfehlung eines Bauunternehmers durch den Grundstücksverkäufer; selbständige Herstellbarkeit von Gebäuden in der Rechtsform des Wohnungs- oder Teileigentums bei der Grunderwerbsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird ein Miteigentumsanteil an einem unbebauten, zur Bebauung mit Doppelhaushälften vorgesehenen Grundstück erworben, verbunden mit der Verpflichtung, zugunsten der Käufern der übrigen Miteigentumsanteile noch Wohnungseigentum zu begründen, so sind die späteren Bauleistungen nicht nach den Grundsätzen des "einheitlichen Vertragswerks" in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn auf der Veräußererseite mehrere untereinander nicht verbundene Personen auftreten und diese Personen nicht aufgrund einer vertraglichen Abrede bei der Veräußerung zusammenarbeiten und nicht durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluß aller Verträge hinwirken. Die Empfehlung eines in Frage kommenden Bauunternehmers durch den Grundstücksveräußerer unter Hinweis auf dessen Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft kann insbesondere dann nicht als derartiges Zusammenwirken zwischen Grundstückseigentümer und Bauunternehmer gewertet werden, wenn der Bauunternehmer erst nach Abschluss des Grundstückskaufvertrages und auf eine entsprechende Nachfrage des Erwerbers hin benannt wird.

2. Beim Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück, der noch mit dem Sondereigentum an einem erst zu errichtenden Gebäudeteil zu verbinden ist, kann eine Einbeziehung der Bauleistungen in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage nicht mit der Rechtsprechung begründet werden, dass Eigentumswohnungen oder Reihenhäuer in der Rechtsform des Wohnungseigentums nicht für sich allein erstellt werden können (gegen BFH-Urteil vom 23.6.1982 II R 155/80, BStBl II 1982, 741). Jedenfalls Doppelhaushälften, die in der Rechtsform des Wohnungs- bzw. Teileigentums errichtet werden, können auch zeitlich und technisch voneinander unabhängig errichtet werden.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1; WEG § 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.04.2003; Aktenzeichen II R 29/01)

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (FA) zu Recht beim Erwerb eines Grundstücks Miteigentumsanteils auch die Baukosten für die Errichtung einer Doppelhaushälfte in die Grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage einbezogen hat.

Der Kläger (Kl) erwarb mit notariell beurkundeten Vertrag vom 16.03.1999 von der Firma (C) einen ideellen Miteigentumsanteil (MEA) von 390/970 am Grundstück Fl. Nr. 565, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts. Als Kaufpreis waren 516.800 DM vereinbart. Im Kaufpreis waren Leistungen des Verkäufers u. a. für Planung des zu errichtenden Gebäudes, Unterstützung beim Abschluss eines Bauvertrages, Mitwirkung bei der Rohbau- und Schluss-Abnahme etc. (vgl. Angebot der C vom 01.03.1999, Bl. 83/FA Akte) in Höhe von 29.800 DM enthalten.

Der Kl verpflichtete sich im Vertrag durch echten Vertrag zu Gunsten Dritter gegenüber den Käufern der restlichen Miteigentumsanteile an den erworbenen Grundstück Wohnungseigentum nach § 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) zu begründen, sobald die Aufteilungspläne und die Abgeschlossenheitsbescheinigung vorlägen. Ein Konzept für die Begründung von Wohnungseigentum, wonach der Erwerber Sondereigentum an einer noch zu errichtenden Doppelhaushälfte zu erhalten würde, war dem Kaufvertrag als Anlage beigefügt.

Die von der C eingereichte und bereits behördlich genehmigte Eingabeplanung wurde mit allen Rechten und Pflichten an den Kläger abgetreten und übergeben.

Weiter wurde darauf verwiesen, dass der Kläger nicht ein schlüsselfertiges Haus, sondern ein Grundstücksanteil erwerbe. Das Risiko der Bebauung trage nicht der Veräußerer, sondern der Erwerber. Weiter erklärten der Verkäufer und Erwerber unter dem Abschnitt Bauvertrag ausdrücklich, dass der Kaufvertrag völlig losgelöst und unabhängig von anderen Verträgen, insbesondere von Verträgen über das geplante Bauvorhaben (z. B. Generalunternehmer- oder Generalübernehmervertrag), abgeschlossen sei. Dem Erwerber stehe es völlig frei, ob, mit wem und mit welchem Inhalt er solche Verträge abschließe.

Bei den Finanzamtsakten befinden sich folgende weitere Unterlagen:

  1. Generalunternehmervertrag mit der Firma vom 15.04.1999 zur Errichtung der Doppelhaushälfte zu einem Festpreis von 402.100 DM (Bl. 32 – 35/FA-Akte). Die Anlagen zum Generalunternehmervertrag bestanden aus dem Bauplan und einer detaillierten Baubeschreibung, beides von der Firma C erstellt (Bl. 43 – 51/FA-Akte).
  2. Reservierungsvertrag vom 01.03.1999 mit der Firma C (Bl. 52 – 54 bzw. 83/FA-Akte).
  3. Bescheid über die Baugenehmigung vom 01.03.1999 an die Firma C. (Bl. 56 – 58/FA-Akte).
  4. Angebot der Firma K. vom 01.03.1999 zur Errichtung der Doppelhaushälfte zu einem Preis von 406.887,25 DM. Der Empfänger des Angebots war der Erwerber eines weiteren Miteigentumsanteils (Bl. 42/FA-Akte).
  5. Ein Exposé der Firma P. zur Bebauung des strei...

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