rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitliches Vertragswerk im Grunderwerbsteuerrecht. Erschließungskosten als Gegenleistung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Annahme eines einheitlichen Erwerbsgegenstands, wonach die Baukosten in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, kommt es nicht darauf an, ob eine rechtliche Bindung des künftigen Bauherrn hinsichtlich der Bebauung im Zeitpunkt des Grundstückskaufs bestanden hat.

2. Die Baukosten sind wegen abgestimmten Verhaltens als Gegenleistung nach § 8 Nr. 1 GrEStG anzusehen, wenn das nach dem Grunderwerb mit der Bebauung beauftragte Unternehmen vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags einen Bauplan fertigt, den Bauantrag genehmigungsreif beim Bauamt einreicht, bei den Stadtwerken schriftlich und unter ausdrücklicher Nennung des Steuerpflichtigen als Anschlussnehmer einen Antrag auf Erstellung eines Hauswasseranschlusses stellt und der Kaufvertrag für den Fall der Ablehnung des Bauantrags einen Rücktrittsvorbehalt enthält sowie der Erwerb und die Bebauung der nachbarschaftlichen Doppelhaushälfte ebenso abläuft.

3. Baurechtliche oder kommunalabgabenrechtliche Erschließungsbeiträge können Bestandteil der Gegenleistung für den Erwerb eines Grundstückes sein, wenn diese etwa in der Person des Grundstücksveräußerers bereits entstanden sind und vom Grundstückserwerber kaufvertraglich übernommen werden. Eine Gegenleistung des Erwerbers an den Veräußerer liegt hingegen nicht vor, wenn die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Zahlung eines Erschließungsbeitrages erst nach dem grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerbstatbestand entstanden ist und der Beitragsbescheid gegen den Grundstückserwerber gerichtet ist.

4. Betrifft der gegen den Grundstückseigentümer gerichtete Kommunalabgabenbescheid eine Zahlung für die Anschlussmöglichkeit des Hauses an die bereits bestehende städtische Abwasserkanalanlage, steht die öffentlich-rechtliche Beitragsverpflichtung nicht in Zusammenhang mit dem Grunderwerb, sondern mit der Errichtung des Hauses und ist nicht in die Bemessungsgrundlage nach § 8 Nr. 1 GrEStG einzubeziehen.

5. Der von den Stadtwerken verlangte Baukostenzuschuss für die örtliche Wasserverteileranlage nach § 9 Abs. 1 S. 1 AVBWasserV stellt (ebenfalls) keine Gegenleistung für den Grunderwerb dar.

 

Normenkette

GrEStG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1; AVBWasserV § 9 Abs. 1 S. 1; BayKAG Art. 5 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

1. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 5. Juli 2010 in Gestalt der ihn bestätigenden Einspruchsentscheidung wird dahingehend geändert, dass die Grunderwerbsteuer auf 6.300 EUR herabgesetzt wird.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte zu Recht Baukosten u.a. für das von der Klägerin auf dem zuvor erworbenen Grundstück erstellte Wohnhaus in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer mit einbezogen hat.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 9. Oktober 2009 erwarb die Klägerin von D. eine aus dem unbebauten Grundstück in R der Gemarkung N in der Größe von 1630 m² noch herauszumessende mit ca. 329 m² umschriebene Teilfläche zu einem Kaufpreis von 37.012,50 EUR. Im Kaufvertrag hatte sich die Klägerin zudem ein Rücktrittsrecht für den Fall vorbehalten, dass „die beantragte Baugenehmigung bis zum 30. Oktober 2009 nicht oder nur mit wesentlichen Änderungen” erteilt werden würde. Nach der zum 4. Juni 2010 erfolgten notariell beurkundeten Messungsanerkennung erhielt die Grundstücksteilfläche mit nunmehr 338 m² die neue Flurstücknummer 1221/4 und die Adressenbezeichnung R, X-Straße. Wegen des Messungsunterschiedes wurde außerdem der Grundstückskaufpreis auf 38.025 EUR erhöht. Der Beklagte hatte zwischenzeitlich der Klägerin zu den Umständen des Grundstückserwerbes einen Fragebogen zugeschickt, den die Klägerin am 7. November 2009 beantwortet hatte. Die Klägerin hatte hierin erklärt, die Erstellung einer Doppelhaushälfte auf ihrem Grundstück beabsichtigt, das auch die Bebauung umfassende Kaufangebot von der Fa. Immobilien Y, einem Immobilienmakler aus R erhalten, sowie ein Bauangebot der Fa. Z Wohnbau GmbH (Landkreis R) bekommen zu haben. Des Weiteren gab die Klägerin in diesem Fragebogen an, dass die Fa. Z Wohnbau GmbH sowohl einen Bauplan erstellt als auch einen Bauantrag eingereicht hatte, und das Stadtbauamt der Stadt R die Baugenehmigung für die Errichtung der für die Klägerin bestimmten Doppelhaushälfte am 12. Oktober 2009 erteilt hatte. Die Bebauung sollte nach Angabe der Klägerin im Jahre 2010 erfolgen. Die weiteren Ermittlungen des Beklagten ergaben, dass bereits zum 30. September 2009 bei den Stadtwerken R GmbH ein Antrag auf Errichtung eines Hauswasseranschlusses gestellt worden war, in dem die Klägerin als Anschlussnehmerin und die Fa. Z Wohnbau GmbH als Rechnungsanschrift für die Anschlusskosten bezeichnet waren. Der Beklagte ermittelte weiter, dass die Klägerin am 16. Oktober 2009 mit der Fa. Z Wohnbau GmbH einen Vertrag über die schlüsse...

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