rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vom Erwerber eines unbebauten Grundstücks übernommener städtebaulicher Folgekostenbeitrag keine grunderwerbsteuerliche „Gegenleistung”

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Verpflichtungsübernahme des Erwerbers eines unbebauten Grundstücks ist in die grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung nur einzubeziehen, wenn es sich um eine konkrete, den Veräußerer belastende Verpflichtung handelt, die der Erwerber übernimmt und dadurch den Veräußerer bereichert. Übernimmt der Erwerber dagegen keine konkrete Schuld des Veräußerers, sondern stellt er lediglich den Veräußerer (klarstellend) von einer bei einer künftigen Bebauung entstehenden Verpflichtung frei, so begründet diese Verpflichtungsübernahme keine sonstige Leistung i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, weil die übernommene Verpflichtung den Erwerber ohnehin selbst und nicht mehr den Veräußerer belasten wird.

2. Haben sich der Veräußerer eines unbebauten Grundstücks oder der Rechtsvorgänger des Veräußerers in einem städtebaulichen Vertrag gegenüber einer Kommune verpflichtet, für jeden Quadratmeter künftig errichteter Wohnfläche einen Folgelastenbeitrag zu erbringen, und wird diese Verpflichtung des Veräußerers im Grundstückskaufvertrag vom Erwerber ausdrücklich übernommen und wird der Veräußerer insoweit auch von der Haftung freigestellt, so gehört der Folgelastenbeitrag nicht als sonstige Leistung zur Gegenleistung und damit auch nicht zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.06.2014; Aktenzeichen II R 12/13)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 30. Dezember 2011 wird die Grunderwerbsteuer auf 224 000 EUR herabgesetzt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Übernahme einer aus einem städtebaulichen Vertrag herrührenden Folgelastenverpflichtung des Grundstücksveräußerers durch den Erwerber zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer zählt.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 31. März erwarb die Klägerin von der Firma XY Immobilien GmbH & Co. KG in N. (KG) den in Ziff. I des Vertrages näher bezeichneten Grundbesitz … in B. zum Kaufpreis von … EUR. Unter Ziff. VI. 2. des Vertrages ist festgehalten: „Der Verkäufer – seinerzeit T – GmbH & Co. KG Gesellschaft – hat mit der Stadt B., der Stadtwerke B. Energie GmbH, der Stadtwerke B. Wasser GmbH und der H. Aktiengesellschaft zur Urkunde des Notars Dr. R. in B. vom 30.04.2001, URNr. 683/2001 einen Städtebaulichen Vertrag geschlossen. … Der Käufer tritt anteilig, nämlich bezüglich des Vertragsgegenstandes in alle Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag zur ferneren Erfüllung ein und stellt den Verkäufer im Innenverhältnis insoweit aus jeder Haftung frei. Dies gilt in Bezug auf die in Teil 3 des städtebaulichen Vertrags geregelten Verpflichtungen auch für Erschließungsanlagen außerhalb des Vertragsgegenstandes, soweit damit der Vertragsgegenstand erschlossen wird. … Der Käufer übernimmt anstelle des Verkäufers bezüglich des Vertragsobjekts den Folgekostenbeitrag in Höhe von 30,68 EUR … (60,00 DM) je Quadratmeter Nettogeschoßfläche (= Wohnfläche) gemäß Teil 5 § 2 und 3 des Städtebaulichen Vertrages in künftiger Haftung. Der Käufer stellt den Verkäufer auch insoweit von Forderungen der Stadt B. frei.”

Der vorgenannte städtebauliche Vertrag enthält auf Seite 7 unter der Überschrift „Vorbemer-kung/Vertragszweck” folgende Ziffer 2: „Nachdem mit der durch den künftigen Bebauungsplan ermöglichten Nutzung soziale infrastrukturelle Auswirkungen und sonstige Auswirkungen verbunden sein werden, schließen die Vertragsteile zur Regelung der anteiligen Übernahme derjenigen Kosten oder Aufwendungen, die der Stadt als Folge des geplanten Vorhabens entstanden sind oder entstehen werden, im Sinne von § 11 Abs. 1 Ziffer 3 des Baugesetzbuches (BauGB) folgenden Vertrag.” Der Vertrag ist in mehrere Teile aufgeteilt, darunter „Teil 5 Folgelasten”. Dieser Teil enthält u. a. folgende Regelungen:

  • § 1 Erforderlichkeit: Infolge der durch den in der Vorbemerkung genannten Bebauungsplan begründeten Bebauungsmöglichkeit (ca. 550 Wohnungen) wird ein zusätzlicher Bedarf von zwei Kindergarten- und einer Hortgruppe und dadurch der nachfolgende Folgelastenbeitrag ausgelöst.
  • § 2 Folgelastenbeitrag: 1. Gemäß den Grundsatzbeschlüssen der Stadt vom 02.03.1995 und vom 22.07.1999 zur Anwendung des Instruments des Städtebaulichen Vertrages in B.

wird eine Beteiligung der Begünstigten einer Baurechtsbegründung an den Folgekosten in Höhe eines Betrages von 60,00 DM/qm Nettogeschossfläche (= Wohnfläche) als Obergrenze der anfallenden höheren Kosten als angemessen angesehen.

2. Der Investor ve...

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