Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Wohnsitz eines durch die Ausländerbehörde ausgewiesenen Ausländers. Einkommensteuer 1998, 1999 und 2001

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist ein Ausländer nach teilweiser Verbüßung einer Freiheitsstrafe aus Deutschland ausgewiesen worden, verbunden mit einem zehnjährigen Aufenthaltsverbot in Deutschland, hat er auch dann keinen Wohnsitz im Inland (als Voraussetzung für eine unbeschränkte Steuerpflicht und eine Zusammenveranlagung), wenn er baldmöglichst nach Deutschland zurückkehren will und seine Ehefrau und die gemeinsame Tochter weiter in Deutschland wohnen.

 

Normenkette

AO § 8; EStG § 1 Abs. 1, § 26b

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob eine Zusammenveranlagung zu erfolgen hat.

Die Klägerin (Klin) ist seit 4.12.1995 mit A verheiratet. Am 23.4.2000 wurde eine gemeinsame Tochter geboren. A ist in Kroatien geboren, kroatischer Staatsangehöriger und in Deutschland aufgewachsen. Von Beruf ist er Fotograf. Ausweislich der gemeinsam von der Klin und A eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1998, 1999 und 2001 erzielte A in diesen Jahren keine Einkünfte. Die Klin erzielte überwiegend Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Außerdem erzielte sie aus einer Werbeagentur Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ferner Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen. In sämtlichen Einkommensteuererklärungen der Streitjahre wurde Zusammenveranlagung beantragt.

Im Rahmen einer hinsichtlich der steuerlichen Verhältnisse der Klin durchgeführten Außenprüfung durch das Finanzamt … (Prüfungsbericht vom 28.11.2001, Prüfungszeitraum: 1997–1999) wurde u.a. festgestellt, dass A nach teilweiser Verbüßung einer Freiheitsstrafe am 1.10.1997 aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen worden war. Die Ausweisung war mit einem zehnjährigen Aufenthaltsverbot in Deutschland verbunden. Die Verjährung der Restfreiheitsstrafe tritt am 1.10.2007 ein. Ferner wurde mitgeteilt, dass A nach Aussage der Staatsanwaltschaft … beim Antreffen in der Bundesrepublik Deutschland zum Zwecke der Verbüßung der Restfreiheitsstrafe festgenommen würde. Ob A nach dem 1.10.2007 einen Antrag auf Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland stellen werde und ob diesem Antrag gegebenenfalls von der Ausländerbehörde entsprochen werde, könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden. Nach den glaubhaften Angaben der Klin fahre sie aber regelmäßig zu ihrem Mann nach Kroatien und halte dadurch die eheliche Gemeinschaft aufrecht.

Da A im Inland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt habe, komme eine Zusammenveranlagung nicht in Betracht. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Ehegatten nicht dauernd getrennt lebten. Der Fall sei vergleichbar mit der Situation eines Gastarbeiters, der im Inland arbeite, während seine Familie weiterhin im Ausland lebe.

Ein gewöhnlicher Aufenthalt des A im Inland komme nicht in Frage, da er sich im Inland nicht aufhalten habe dürfen. Auch seien die Voraussetzungen für das Innehaben einer Wohnung gem. § 8 AO nicht erfüllt. Abweichend von den Regeln des bürgerlichen Rechts sei für den steuerlichen Wohnsitzbegriff die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse und nicht eine Willenserklärung maßgebend. In der Zeit vom 1.8.1995–31.7.1998 habe die Klin zusammen mit ihrer Mutter in der von dieser angemieteten Zweizimmerwohnung in der C-Str. (Rückgebäude) in N gewohnt. Seit dem 1.8.1998 bewohne sie ein Zimmer im 1. Stock des Vordergebäudes dieses Anwesens.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Außenprüfungsbericht vom 28.11.2001 Bezug genommen.

Entsprechend den Ergebnissen der Außenprüfung erteilte das FA am 29.1.2002 Einkommensteueränderungsbescheide für die Jahre 1998 und 1999. Für das Streitjahr 2001 datiert der Einkommensteuerbescheid vom 19.7.2002. Diese Bescheide (Einzelveranlagungen) waren lediglich an die Klin adressiert.

Mit Schreiben vom 20.2.2002 (1998 und 1999) und vom 9.8.2002 (2001) legte die Klin gegen diese Bescheide Einspruch ein. Mit den Einsprüchen wandte sie sich gegen die Nichtanwendung der Splittingtabelle. Im Rahmen der Einspruchsverfahren wurde vorgetragen, dass A in München einen Wohnsitz begründet gehabt habe. Dass dieser aufgrund ausländerrechtlicher Bestimmungen im Melderegister gelöscht worden sei, sei ohne Belang. Die gemeinsame Wohnung hätten die Eheleute auch in den Streitjahren noch innegehabt.

Die Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung – EE– vom 20.11.2002).

Mit der Klage wird vorgetragen, dass analog dem Urteilsfall des Urteils des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 7.9.1990 (EFG 1991, 102) trotz der ausländerrechtlichen Bestimmungen, die einem dauerhaften Verbleiben des Kl im Inland entgegenstünden, ein auf Dauer angelegter Aufenthalt im Inland vorhanden und eine Zusammenveranlagung deshalb vorzunehmen sei. Nach dem Wegfall der Bedingungen des Strafurteils werde der Kl die Wohnung in N wieder nutzen. Für die Nutzungsab...

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