Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld. Obhutsprinzip

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei Getrenntleben der Eltern steht das Kindergeld auch dann demjenigen Elternteil zu, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat, wenn die Eltern im Innenverhältnis im Rahmen einer zivilrechtlichen Unterhaltsvereinbarung eine andere Regelung getroffen haben.

 

Normenkette

EStG 2002 § 62 Abs. 1, § 64 Abs. 2 S. 1, Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Klägerin ab November 2001 Kindergeld für die Kinder yy und zz zu gewähren ist. Der Beklagte hatte zunächst Kindergeld bis Januar 2003 an die Klägerin ausgezahlt, dann aber die Festsetzung des Kindergeldes ab April 2000 aufgehoben und Kindergeld für April 2000 bis Januar 2003 zurückgefordert. In der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 15.02.2005 wurde die Aufhebung und die Rückforderung auf den Zeitraum November 2001 bis Januar 2003 beschränkt. Beide Kinder hätten in diesem Zeitraum im Haushalt des Vaters gelebt, diesem stehe deshalb auch das Kindergeld zu.

Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, sie habe im Klagezeitraum die Kosten für Schule und Krankenkasse der Kinder getragen und sei deshalb kindergeldberechtigt.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 24.06.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.02.2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachvortrags der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Kindergeldakte und die zum Prozesskostenhilfeverfahren 5 S 1244/05 sowie zum Hauptsacheverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

II.

Über die Klage konnte ohne Beiladung des Kindsvaters zz zz entschieden werden (Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 60 Rz 92 unter Hinweis auf Bundesfinanzhof -BFH-Beschluss vom 16.04.2002 VIII B 171/01, BStBl II 2002, 578 und BFH-Urteil vom 26.08.2003 VIII R 91/98BFH/NV 2004, 324).

Die Klage ist unbegründet.

Sowohl die Kindsmutter als auch der Kindsvater haben einen Anspruch auf Kindergeld, § 62 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Für jedes Kind wird jedoch nur an einen Berechtigten Kindergeld ausgezahlt, § 64 Abs. 1 EStG. Hat einer von mehreren Berechtigten das Kind in seinen Haushalt aufgenommen, so erhält er das Kindergeld, § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG. Die Klägerin bestreitet selbst nicht, dass sich beide Kinder im streitigen Zeitraum im Haushalt des Kindsvaters aufgehalten haben, sie aber diesen Haushalt im Laufe des Oktober 2001 verlassen hatte und nicht mehr zurückgekehrt ist. Daher hat der Beklagte zutreffend die Kindergeldfestsetzung ab November 2001 aufgehoben und das bis Januar 2003 zu Unrecht an die Klägerin gezahlte Kindergeld nach § 37 Abgabenordnung (AO 1977) zurückgefordert.

Ob die KIägerin mit dem Vater der Kinder eine zivilrechtliche Unterhaltsregelung dahingehend getroffen hat, dass er alle Mieteinnahmen aus einer gemeinsamen vermieteten Wohnung, sie aber das Kindergeld behalten solle, ist unerheblich. Die Vorschrift des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG, wonach bei mehreren Berechtigten das Kindergeld demjenigen gezahlt wird, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat, kann durch zivilrechtliche Vereinbarungen nicht außer Kraft gesetzt werden (BFH-Beschluss vom 30.06.2000 VI B 93/99, BFH/NV 2001, 33 m.w.N.). Im Falle der Trennung oder Scheidung der Eltern kann der Ausgleich beim barunterhaltsverpflichteten Elternteil nur über das zivilrechtliche Unterhaltsrecht durch Kürzung der Unterhaltsverpflichtung erfolgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1572833

FamRZ 2007, 684

FuR 2006, 572

NWB direkt 2006, 5

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