Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung von Kindergeld wegen Haushaltswechsel des Kindes

 

Leitsatz (NV)

Nach einem Haushaltswechsel des Kindes ist die Kindergeldfestsetzung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben. Da hierdurch der rechtliche Grund für die Zahlung des Kindergeldes an den bisherigen Berechtigten wegfällt, kann das gezahlte Kindergeld von diesem zurückgefordert werden. Der Erstattungsanspruch der Familienkasse wird nicht durch eine zivilrechtliche Unterhaltsregelung zwischen den Eltern berührt.

 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) bezog Kindergeld für seine 1992 geborene Tochter (T). Nachdem der Beklagte (das Arbeitsamt -Familienkasse-) davon Kenntnis erhalten hatte, dass der Antragsteller seit März 1996 von seiner Ehefrau dauernd getrennt lebt und T sich in deren Haushalt aufhält, hob er die Festsetzung des Kindergeldes gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab April 1996 auf und forderte das bis April 1997 gezahlte Kindergeld zurück. Da der Antragsteller nachwies, dass er die Hälfte des Kindergeldes an seine Ehefrau weitergeleitet habe, wurde der Rückforderungsanspruch auf 1 340 DM ermäßigt.

Der Antragsteller erhob nach erfolglosem Vorverfahren Klage und beantragte die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH).

Das Finanzgericht (FG) lehnte den PKH-Antrag wegen fehlender Erfolgsaussicht der Klage ab. In § 64 Abs. 2 und 3 EStG sei geregelt, wem das Kindergeld zustehe und an wen es auszuzahlen sei, wenn mehrere Berechtigte vorhanden seien. Dabei komme es entscheidend auf die Haushaltszugehörigkeit an, auch wenn die Berechtigten zivilrechtlich etwas anderes vereinbart hätten. Unmaßgeblich sei, wer und in welchem Umfang Unterhalt leiste. Danach habe der Ehefrau des Antragstellers ab April 1996 das Kindergeld zugestanden, so dass der Antragsteller die ohne rechtlichen Grund erhaltene Leistung habe zurückerstatten müssen.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er trägt vor, das Kindergeld stehe im Innenverhältnis beiden Elternteilen je zur Hälfte zu. Da er ―der Antragsteller― das Kindergeld erhalten habe, sei die Hälfte davon auf seine Unterhaltsverpflichtung aufgeschlagen und seiner Ehefrau ausbezahlt worden. Diese sei damit einverstanden gewesen und erhebe keinen Anspruch mehr auf Kindergeld für den fraglichen Zeitraum, da sie das ihr zustehende Kindergeld voll erhalten habe. Die Auffassung des FG wäre nur dann verständlich, wenn das zurückgeforderte Geld an die Ehefrau ausgekehrt würde. Sie erhielte dann mehr, als ihr unterhaltsrechtlich zustehe. Ein Ausgleichsanspruch des Antragstellers gegen seine Ehefrau wäre wertlos.

Der Antragsteller beantragt, ihm unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses PKH für das Klageverfahren zu gewähren.

Der Beklagte tritt der Beschwerde entgegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat den PKH-Antrag zu Recht abgelehnt, weil die Klage bei der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 142 der Finanzgerichtsordnung ―FGO― i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung).

Zutreffend hat der Beklagte die Kindergeldfestsetzung hinsichtlich der Zeit ab April 1996 aufgehoben, weil der Antragsteller insoweit keinen Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes hatte. Nach § 64 Abs. 1 EStG erhält für jedes Kind nur ein Berechtigter Kindergeld. Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Eltern trennen und das Kind anschließend nur bei einem der Berechtigten im Haushalt lebt. Haben sich die für die Zahlung des Kindergeldes maßgeblichen Verhältnisse durch einen Haushaltswechsel des Kindes geändert, so ist die ―nicht mehr der Rechtslage entsprechende― Festsetzung des Kindergeldes vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse an aufzuheben (vgl. Beschluss des Senats vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231).

Da aufgrund der rechtmäßigen Aufhebung der Kindergeldfestsetzung der rechtliche Grund für die Zahlung des Kindergeldes an den Antragsteller weggefallen war, konnte die Familienkasse gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) das gezahlte Kindergeld zurückzufordern. Diesen Erstattungsanspruch hat die Familienkasse nur hinsichtlich des Teils des Kindergeldes geltend gemacht, den der Antragsteller nicht an seine Ehefrau weitergeleitet hatte. Zur Berücksichtigung der Weiterleitung war die Familienkasse nach der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes 64.4 Abs. 4 (BStBl I 1998, 386) grundsätzlich befugt.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers wird der Erstattungsanspruch des Beklagten nicht durch eine zivilrechtliche Unterhaltsregelung zwischen den Eheleuten berührt. Die Vorschrift des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG, wonach bei mehreren Berechtigten das Kindergeld demjenigen gezahlt wird, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat, kann durch zivilrechtliche Vereinbarungen nicht außer Kraft gesetzt werden (Senatsbeschluss vom 10. November 1998 VI B 125/98, BFHE 187, 477, BStBl II 1999, 137). Im Falle der Trennung oder Scheidung der Eltern kann der Ausgleich beim barunterhaltsverpflichteten Elternteil nur über das zivilrechtliche Unterhaltsrecht durch Kürzung der Unterhaltsverpflichtung erfolgen (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231).

 

Fundstellen

Haufe-Index 509989

BFH/NV 2001, 33

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