Entscheidungsstichwort (Thema)

Schenkung eines mit einem Vorbehaltsnießbrauch zugunsten des Ehemanns belasteten Grundstücks an die Kinder unter Vereinbarung eines gegenüber dem Nießbrauch des Ehemanns nachrangigen Vorbehaltsnießbrauchs. keine zinslose Stundung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG a. F. der auf den aufschiebend bedingten Nießbrauch der Ehefrau entfallenden Schenkungsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zwar können in bürgerlich-rechtlicher Hinsicht an einem Gegenstand zwei Nießbrauchsberechtigungen bestellt werden, beide Nießbrauchsrechte können jedoch nicht in vollem Umfang gleichzeitig und gleichberechtigt von den jeweiligen Berechtigten ausgeübt werden.

2. Überträgt die Steuerpflichtige ein mit einem Vorbehaltsnießbrauch zugunsten ihres Ehemanns belastetes Grundstück auf ihre Kinder weiter, ist der Ehemann Vertragpartei des notariellen Überlassungsvertrags und behält sich die Steuerpflichtige ihrerseits gegenüber den Kindern den Nießbrauch an dem Grundstück vor, der ausweislich der notariellen Urkunde „im Rang hinter dem für” den Ehemann „eingetragenen Nießbrauch” erfolgen soll, so ist auch dann von einem aufschiebend bedingten, erst mit dem Tod des Ehemanns wirksam werdenden Vorbehaltsnießbrauch der Steuerpfllichtigen auszugehen, wenn in der notariellen Urkunde keine Rede von einer aufschiebenden Bedingung ist und der Ehemann in Ausübung des ihm vorrangig zustehenden Nießbrauchs der Ehefrau weitgehend die Nutzung des Grundstücks überlässt.

3. Die zinslose Stundung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG a. F. setzt eine Nutzungslast – z. B. in Form eines vorbehaltenen Nießbrauchs i. S. d. § 1030 BGB – voraus, die eine Erwerbsschmälerung auf Seiten des Erwerbers zur Folge hat. Keine Berücksichtigung im Rahmen des § 25 Abs. 1 ErbStG a. F. finden aufschiebend bedingte oder befristete Lasten, da diese nach § 6 Abs. 1 BewG im Rahmen des Erwerbs nicht angesetzt werden.

 

Normenkette

ErbStG § 25 Abs. 1 Sätze 1-3; BGB § 1030 Abs. 1, § 1036 Abs. 1, §§ 1060, 1061 Abs. 1, §§ 1024, 879 Abs. 1 S. 1, § 158; BewG § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 1-2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Schenkungsteuer.

Mit notariell beurkundetem Überlassungsvertrag vom 15. Dezember 2008 (URNr. xxx) übertrug die am 6. November 1950 geborene X. Y. (im Folgenden: Schenkerin) unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den im Grundbuch des Amtsgerichts M. eingetragenen Grundbesitz R-Str. 32 zum Miteigentum zu je 1/2 auf ihre beiden Kinder (die Kläger). Nach Ziffer IV. Abs. 1 Satz 1 des Vertrags behielt sich die Schenkerin auf Lebensdauer das Nießbrauchsrecht an dem gesamten Grundbesitz vor. Der Vorbehaltsnießbrauch der Schenkerin sollte ausweislich der Präambel des Vertrags „im Range hinter dem für Herrn Y. eingetragenen Nießbrauch” erfolgen. Betreffend den vertragsgegenständlichen Grundbesitz war beabsichtigt, dass das aufstehende Familienwohnheim in zwei selbständige Wohnhaushälften umgebaut werden sollte, wobei die eine Wohnhaushälfte von der Schenkerin selbst bewohnt werden sollte und die andere Wohnhaushälfte von der Schenkerin an die Klägerin zu 1) vermietet werden sollte. Nach Ziffer I. Abs. 5 des Vertrags übte Y. zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses den Besitz über den vertragsgegenständlichen Grundbesitz aufgrund seines lebenslangen und an erster Rangstelle im Grundbuch eingetragenen Nießbrauchsrechts aus. Y. war Vertragspartei des Überlassungsvertrags vom 15. Dezember 2008.

Am 8. März 2010 erließ der Beklagte (das Finanzamt – FA –) gegenüber den Klägern jeweils einen Schenkungsteuerbescheid, in dem die Schenkungsteuer i.H.v. 127.205,00 EUR festgesetzt wurde. Im Rahmen dieser Schenkungsteuerfestsetzungen berücksichtigte das FA erwerbsmindernd lediglich die Belastung des übertragenen Grundbesitzes mit dem zugunsten von Y. vorbehaltenen Nießbrauch mit einem Betrag i.H.v. 789.326,00 EUR als Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten. Der zugunsten der Schenkerin vorbehaltene Nießbrauch wurde als nachrangige und aufschiebend bedingte Last i.S.d. § 6 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) nicht berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 30. März 2010 legten die Kläger hiergegen jeweils Einspruch ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das FA den vorbehaltenen Nießbrauch der Schenkerin zu Unrecht nicht erwerbsmindernd berücksichtigt habe. Die aufschiebende Bedingung i.S.d. § 6 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 BewG sei bereits insoweit eingetreten, als die Schenkerin ihren Nießbrauch tatsächlich ausübe, da die eine Wohnungshälfte von ihr bewohnt werde und die andere Wohnungshälfte vermietet sei. Die Nachrangigkeit des Vorbehaltsnießbrauchs der Schenkerin stehe einer gleichzeitigen Geltendmachung neben dem vorrangigen Nießbrauch von Y. nicht entgegen. Zudem liege auch kein gemeinsames Nutzungsrecht i.S.d. § 428 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vor, da es sich im Streitfall um zwei selbständige und...

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