Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesellschafter-Geschäftsführer: Lohnsteuerliche Behandlung irrtümlich geleisteter Sozialversicherungsbeträge. Einkommensteuer 1987, 1988, 1989

 

Leitsatz (amtlich)

Rechts irrtümlich von einer GmbH für ihre Gesellschafter-Geschäftsführer geleistete Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung sind kein Vorteile i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG, da Sie dem Arbeitnehmer nicht mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis, sondern aufgrund der Sozialversicherungsgesetze zufließen.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1; LStDV § 2 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.06.2002; Aktenzeichen VI R 178/97)

 

Tenor

1. Der geänderte Einkommensteuer-Bescheid 1987 vom 22.12.1992 und die geänderten Einkommensteuer-Bescheide 1988 und 1989 jeweils vom 04.01.1993 sowie die Einspruchsentscheidung vom 18.05.1994 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger sind Ehegatten, die der Beklagte (Finanzamt) für die Streitjahre 1987, 1988 und 1989 zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagte. Der Kläger erzielte in den Streitjahren als Gesellschafter-Geschäftsführer der … und … Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er war bis 30.06.1989 an der GmbH mit einer Beteiligung von 45 v.H. des Stammkapitals beteiligt. Auf den Inhalt des Vertrags über die Gründung der GmbH vom 15.09.1978 und der dazu ergangenen Satzung der GmbH sowie auf den Inhalt des Geschäftsführervertrags wird Bezug genommen (Bl. 20 ff. und Bl. 35 ff. der Lohnsteuer-LSt-Akten für Arbeitgeber).

Bei einer am 13. und 14.07.1989 bei der GmbH durchgeführten LSt-Außenprüfung stellte der Prüfer fest, daß die GmbH vom 01.07.1986 bis 31.05.1989 unter anderem für den Kläger Zuschüsse zur Krankenversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung an die AOK … geleistet und für die Zuschüsse keine LSt einbehalten hatte. Er vertrat die Auffassung, daß die Arbeitgeber-Zuschüsse nicht gem. § 3 Nr. 62 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei seien. Der Kläger sei als Gesellschafter-Geschäftsführer nicht Sozialversicherungspflichtig gewesen, weil Gesellschafterbeschlüsse nach dem GmbH-Vertrag i.V.m. § 6 der GmbH-Satzung nur einstimmig gefaßt werden konnten (vgl. Prüfungsbericht vom 28.08.1989, LSt-Akten für Arbeitgeber).

Das Finanzamt erhöhte daraufhin die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um die von der Arbeitgeberin gewährten Zuschüsse von 7.939 DM (1987), 9.653 DM (1988) und 4.868 DM (1989). Mit gem. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuer(ESt)-Bescheiden setzte das Finanzamt am 22.12.1992 die ESt 1987 auf 8.682 DM, am 04.01.1993 die ESt 1988 auf 14.792 DM und die ESt 1989 auf 12.050 DM fest. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 18.05.1994 wird verwiesen.

Mit der Klage wenden sich die Kläger gegen die Änderung der ESt-Festsetzungen 1987 bis 1989 aufgrund der Feststellungen der LSt-Außenprüfung. Zur Begründung tragen sie im wesentlichen vor, daß der zuständige Sozialversicherungsträger, die AOK … die Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund mehrmaliger Überprüfung der Sozialversicherungsbeiträge bei der GmbH – zuletzt im August 1988 – als sozialversicherungspflichtig angesehen habe. Daran sei das Finanzamt gebunden. Die AOK habe die tatsächlichen Verhältnisse ihrer Entscheidung zugrundegelegt. Entgegen der Bestimmung des § 6 GmbH-Satzung seien die Beschlüsse der GmbH mit Mehrheit entspr. der Höhe der Stammeinlagen gefaßt worden.

Das Verhalten des Finanzamts stehe auch im Widerspruch zu den Grundsätzen von Treu und Glauben. In vier vorausgegangenen LSt-Außenprüfungen sei die Steuerfreiheit der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung unbeanstandet geblieben. Dies sei wie eine verbindliche Zusage gem. § 204 AO anzusehen.

Im übrigen seien die Voraussetzungen für eine Änderung der Steuerbescheide gem. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel nicht gegeben. Aufgrund der vorangegangenen vier LSt-Außenprüfungen und der Tatsache, daß der Sachverhalt Bereits seit Gründung der GmbH im Jahr 1978 steuerlich relevant sei, könne es sich nicht um neue Tatsachen oder Beweismittel handeln, die der Veranlagungsstelle des Finanzamts erstmals mit der Prüfung vom 13. und 14.07.1989 bekannt geworden seien. Bei derartigen Dauerverhältnissen müsse sich das Finanzamt die Erkenntnisse der einzelnen Prüfer zurechnen lassen. Ergänzend verweist das Gericht auf die Schriftsätze der Kläger vom 30.08.1994 und 05.12.1996.

Die Kläger beantragen,

die geänderten ESt-Bescheide 1987 vom 22.12.1992 sowie 1988 und 1989 vom 04.01.1993 und die EE vom 18.05.1994 aufzuheben.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

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