Entscheidungsstichwort (Thema)

Personelle Verflechtung als Voraussetzung für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung. Handlungsfähigkeit des Vorerben. Einkommensteuer 1994

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Voraussetzungen für eine personelle Verflechtung von Besitzunternehmen und Betriebs-GmbH sind gegeben, wenn der Besitzunternehmer aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligung in der Betriebs-GmbH seinen Willen hinsichtlich der laufenden Verwaltung, insbesondere der vermieteten Wirtschaftsgüter (Geschäfte des täglichen Lebens) durchzusetzen kann. Es kommt nicht darauf an, inwieweit diese Person von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch macht.

2. Dem Vorliegen einer personellen Verflechtung von Besitzunternehmen und Betriebs-GmbH steht eine Regelung in der Satzung der Betriebs-GmbH, wonach die Gesellschafterversammlung beschlussfähig ist, wenn in ihr mindestens zwei Drittel aller die Gesellschaft im Zeitpunkt der Versammlung umfassenden Stimmen anwesend waren oder vertreten sind, nicht entgegen. Denn im Falle der Herbeiführung der Beschlussunfähigkeit der Gesellschafterversammlung durch den Minderheitsgesellschafter durch Boykott der Versammlung kann der Mehrheitsgesellschafter ohne Mitwirkung des Minderheitsgesellschafters Beschlüsse fassen.

3. Der Vorerbe ist bis zum Eintritt des Nacherbfalls Erbe und zwar auch, soweit er als solcher in die Gesellschafterstellung des Erblassers einrückt und von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen abgesehen (§§ 2112 bis 2115 BGB) als Erbe handlungsfähig.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 21 Abs. 1; GmbHG §§ 47, 50; BGB §§ 2112-2115

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.09.2006; Aktenzeichen X R 28/03)

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass bei der Einkommensteuerfestsetzung für 1994 ein Betriebsaufgabegewinn wegen Beendigung der mit dem Erbfall am 3. Mai 1990 begründeten Betriebsaufspaltung zu berücksichtigen ist.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Die 1918 geborene Klägerin erwarb am 3. Mai 1990 im Erbgang zu ihrem Anteil von 8,37 v.H. am Stammkapital der P. GmbH Lack- und Farbenfabrik einen Anteil von 41,83 v.H. hinzu. Weiterer Gesellschafter mit einem Anteil von 49,80 v.H. am Stammkapital und Geschäftsführer war ihr Sohn B.. Die Klägerin hat nach ihren Angaben ihre Anteile inzwischen auf den Sohn als Nacherben übertragen.

Die Satzung der 1945 gegründeten GmbH wurde 1971 neu gefasst. Gegenstand des Unternehmens ist danach die Herstellung und der Vertrieb von Lacken und Farben aller Art. und einschlägigen Artikeln. Organe der Gesellschaft sind die oder der Geschäftsführer und die Gesellschafterversammlung. Die Bestellung der Geschäftsführer, zu denen Gesellschafter oder andere Personen berufen werden können, erfolgt durch Beschluss der Gesellschafterversammlung. Die Bestellung kann jederzeit durch die Gesellschafterversammlung widerrufen werden. Der oder die Geschäftsführer haben die Genehmigung sämtlicher Gesellschafter einzuholen bei Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, zum Abschluss von Miet- und Pachtverträgen auf eine Dauer von mehr als zwölf Monaten, zur Bestellung von Prokuristen und Entlassung derselben, bei Investitionen von mehr als 10.000 DM und bei Inanspruchnahme von Darlehen aus Mitteln der GmbH. Die Gesellschafterversammlung ist berechtigt, eine Geschäftsordnung zu beschließen, an deren Beachtung der oder die Geschäftsführer gebunden sind.

Die Versammlungen der Gesellschafter werden durch die Geschäftsführer einberufen. Wegen außerordentlicher Gesellschafterversammlungen gelten die Bestimmungen der §§ 49 und 50 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG). Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn in ihr mindestens zwei Drittel aller die Gesellschaft im Zeitpunkt der Versammlung umfassenden Stimmen anwesend oder vertreten sind. Soweit das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes bestimmt, werden sämtliche Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Auch schriftliche Abstimmungen ohne Versammlung sind möglich.

Die GmbH wies in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1994 immaterielle Vermögensgegenstände von 329.437 DM, Sachanlagen von 1.505.597 DM und Finanzanlagen von 204.923 DM aus. Zum 31. Dezember 1995 betrugen die immateriellen Vermögensgegenstände 314.933 DM, die Sachanlagen 2.288.219 DM und die Finanzanlagen unverändert 204.923 DM. Die Abschreibungen beliefen sich im Jahr 1995 auf 668.234 DM.

Der Stammsitz der GmbH mit Geschäftsführung, Verwaltung, Teilen der Produktion und des Vertriebs und einem Ladengeschäft befand sich im Streitjahr (1994) ebenso wie in den Vorjahren auf einer von der Klägerin angemieteten, 5.272 qm großen Teilfläche des der Klägerin gehörenden Grundstücks in L. Str. 1. Die GmbH unterhielt ferner außerhalb von L. weitere Produktionsstätten.

Der Sitz der Gesellschaft wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 15. Dezember 1995 nach E. verlegt. Von dem mit Beschluss vom 15. Dezember 1997 um 700.000 DM erhöhten Stammkapital der GmbH übernahmen die Klägerin 351.400 DM und ihr S...

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