Entscheidungsstichwort (Thema)

Umbaukosten als Herstellungskosten bei Erneuerung unter anderem der Elektro-, Heizungs- und Sanitärinstallationen sowie der Fenster einer vermieteten Wohnung in einem alten Bauernhaus

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine – nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu Herstellungskosten führende – wesentliche Verbesserung ist bei einem Wohngebäude immer dann gegeben, wenn der Gebrauchswert (das Nutzungspotential) des Gebäudes durch die Baumaßnahmen in bestimmter Weise gehoben wird. Dies setzt voraus, dass mindestens drei der Kernbereiche der Ausstattung einer Wohnung, nämlich Elektro-, Heizungs-, Sanitärinstallationen und Fenster, von Grund auf erneuert werden (sogenannter Standardsprung). Die Kosten für die grundlegende Renovierung einer vermieteten Wohnung in einem alten Bauernhaus sind hiernach als Herstellungskosten zu qualifizieren, wenn unter anderem

  • Decken- und Wandschalungen demontiert, die Lattung und Isolierung abgerissen, die Teppichböden und Türen entfernt, die Trennwände der Süd- und Nordseite abgerissen, bei den restlichen Wänden der Putz und die Fliesen abgeschlagen, die Treppe herausgerissen, teils tragende Altlädenböden herausgeschnitten und neue Deckenbalken eingebaut, der bestehende Balkon gesichert sowie neu verankert und die Außenwände gesichert worden sind,
  • Kunststofffenster und eine Kunststofftür mit zweifachem Wärmeschutzglas eingesetzt, die Elektroinstallation erneuert worden sind, ein Antennen-, Telefon- und Sprechanlagenkabel neu verlegt wurde, die Böden trittschallisoliert sowie der Bodenbelag neu verlegt worden sind,
  • neue Flachheizkörper und Badheizkörper installiert sowie im Bad eine neue Duschanlage, Waschtischanlage, Wannenanlage und WC-Anlage hergestellt worden sind.
 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 7, § 7 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a; HGB § 255 Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.03.2023; Aktenzeichen IX B 60/22)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Umbaukosten für das Obergeschoss des Objekts in W., S-Str. 8, Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwendungen darstellen.

Der Kläger übernahm einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb durch Übergabevertrag vom 28. August 2000 von seinen Eltern, Herrn H. und Frau H.. Im Rahmen dieser Übergabe wurde auch das im Jahr 1861 erbaute Wohnhaus auf den Kläger übertragen. Den Eltern und der Schwester des Klägers wurde mit der Übergabe ein lebenslanges Wohnrecht in dem Bauernhaus eingeräumt. Das Dachgeschoss wurde seit 1998 vom Bruder des Klägers bewohnt. Für den Zugang zur Dachgeschosswohnung wurde eine Außentreppe ins Obergeschoss und von dort eine Innentreppe genutzt. Die Wohnung im Erdgeschoss wurde ursprünglich von den Eltern des Klägers und die Wohnung im Obergeschoss vom Kläger und seiner Schwester bewohnt. Im Jahr 2003 baute der Kläger im angrenzenden Stall eine Wohnung aus, die er im Anschluss an den Umbau selbst nutzte. Die ehemalige Wohnung des Klägers im Obergeschoss wurde nach dessen Auszug von seiner Schwester bewohnt. Beide Geschosse waren über eine eingehauste Innentreppe verbunden. Nach dem Tod der Eltern und dem Umzug der Schwester in ein Pflegeheim wurde die Wohnung im Erdgeschoss an fremde Dritte vermietet. Ausweislich des Mietvertrages vom 16. April 2014 wurde die Wohnung im Erdgeschoss, bestehend aus fünf Zimmern, Küche, Diele, Bad/WC mit einer Wohnfläche von etwa 100 m² vermietet. Nach Umbaumaßnahmen wurde durch Mietvertrag vom 17. Dezember 2015 die Wohnung im Obergeschoss, bestehend aus drei Zimmern, zwei Bädern mit WC, einer Küche, einem Balkon und einer Loggia mit einer Gesamtwohnfläche von etwa 140 m² vermietet.

Der Kläger wurde in den Streitjahren 2015 – 2017 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre wurden die Umbaukosten für das Obergeschoss als Erhaltungsaufwendungen bei den Vermietungseinkünften angesetzt. Aufwendungen in Höhe von xxx.xxx EUR wurden auf fünf Jahre verteilt und in den Jahren 2015 und 2016 jeweils in Höhe von xx.xxx EUR als Werbungskosten zum Abzug gebracht. Die im Jahr 2016 angefallenen Aufwendungen von x.xxx EUR wurden ebenfalls auf fünf Jahre verteilt und im Jahr 2016 in Höhe von x.xxx EUR als Werbungskosten abgezogen. Der Kläger wurde insoweit zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt. Auch für das Jahr 2017 wurden die erklärten Vermietungseinkünfte zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt.

In der Zeit vom 22. August 2018 bis 27. August 2019 wurde beim Kläger eine Außenprüfung für die Jahre 2014 – 2016 durchgeführt. Der Prüfer kam zu dem Ergebnis, dass die Umbaukosten für das Obergeschoss nicht als Erhaltungsaufwendungen, sondern als Herstellungskosten für ein neues Wirtschaftsgut zu qualifizieren seien und nur im Rahmen der Absetzungen für Abnutzungen (AfA) berücksichtigt werden könnten. Durch den Abbruch der Treppe zwischen...

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