Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzung der Umsätze eines Imbissstandes nach § 163 AO dem Grunde und der Höhe nach. Nebeneinander von Nachkalkulation mit unterschiedlichen Aufschlagssätzen und Sicherheitszuschlag. Gewählte Schätzungsmethode muss die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben, was bei der Nachkalkulation mit unterschiedlichen Aufschlagssätzen der Fall ist. Kein Sicherheitszuschlag, wenn Aufzeichnungen über den Wareneinsatz vollständig waren und den Unsicherheiten, die im Rahmen der Einnahmenerfassung festgestellt worden sind, durch die Nachkalkulation ausreichend Rechnung getragen worden ist. Einkommensteuer 1990 bis 1994. Gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1991 bis 31.12.1993. Umsatzsteuer 1991 bis 1994. Gewerbesteuermessbetrag 1991 bis 1994. Gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1991 bis 31.12.1994

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aus dem Gebot, dass eine gewählte Schätzungsmethode dem Ziel gerecht werden muss, den Besteuerungsgrundlagen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen möglichst nahe zu kommen, folgt die Ausschöpfung aller für die Schätzung bedeutsamer Erkenntnismöglichkeiten, so dass im Rahmen der Gewinnschätzung eines FA die vorgelegten Buchführungsunterlagen auch zu berücksichtigen sind, wenn die Buchführung zwar nicht ordnungsgemäß ist, sich aus dieser aber Anhaltspunkte für eine sachgerechte Schätzung ergeben.

2. Lassen sich keine Anhaltspunkte für die Unvollständigkeit der Aufzeichnungen des Wareneinsatzes einer Imbissstube finden und wird Unsicherheiten, die im Rahmen der Einnahmenerfassung festgestellt worden sind, durch eine Nachkalkulation mit unterschiedlichen Aufschlagsätzen ausreichend Rechnung getragen, ist neben den auf diese Weise ermittelten Umsätzen kein Raum für einen Zuschlag, der dieselben Unsicherheiten abdecken soll wie die Nachkalkulation.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 162, 158, 146 Abs. 1, § 90

 

Tenor

1. In Änderung der Einkommensteuerbescheide 1991 bis 1994 vom 13. November 1998 (Einkommensteuer 1991 und 1992), vom 12. Mai 1999 (Einkommensteuer 1993) und vom 3. März 1997 (Einkommensteuer 1994) und der hierzu erlassenen Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2002 wird die Einkommensteuer 1991 auf 135,49 EUR, die Einkommensteuer 1992 auf 2.157,65 EUR, die Einkommensteuer 1993 auf 874,31 EUR und die Einkommensteuer 1994 auf 592,59 EUR festgesetzt.

In Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1991 bis 1994 vom 13. November 1998 (Umsatzsteuer 1991) und vom 17. Februar 1997 (Umsatzsteuer 1992 – 1994) und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2002 wird die Umsatzsteuer 1991 auf -568,10 EUR, die Umsatzsteuer 1992 auf 4.504,48 EUR, die Umsatzsteuer 1993 auf 3.220,12 EUR und die Umsatzsteuer 1994 auf 2.369,33 EUR festgesetzt.

In Änderung der Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1992 und 1993 vom 13. November 1998 und der hierzu erlassenen Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2002 wird der Gewerbesteuermessbetrag 1992 und 1993 auf jeweils 0 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 2/5 und der Beklagte zu 3/5.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

 

Tatbestand

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten. Der Kläger betrieb in den Streitjahren einen Imbissstand „…t”, der aus einem Gastraum, einer kleinen Küche und einem WC bestand. Bis einschließlich 1992 ermittelte der Kläger seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG), ab 1993 durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Der erklärte Gewinn betrug im Jahr 1991 -127.251 DM, 1992 -44.469 DM, 1993 -46.556 DM und 1994 -75.271 DM. Die Kläger wurden mit unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) stehenden Bescheiden zunächst antragsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt. Zum 31.12.1991, 31.12.1992 und 31.12.1993 ergingen ferner Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer. Außerdem ergingen gegenüber dem Kläger unter Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide über Umsatzsteuer 1991 bis 1994.

Bei einer vom beklagten Finanzamt (dem Finanzamt – FA –) im März 1996 durchgeführten abgekürzten Außenprüfung für die Jahre 1992 bis 1994 stellte der Prüfer fest, dass Buchführungsunterlagen nur unvollständig vorlagen. Es gab keine Kassenbücher und keine Inventurlisten. Ein Buchungsjournal wurde erst ab dem 30. Mai 1993 geführt, Kontoauszüge bei der Stadtsparkasse … wurden nur lückenhaft ab 1993 vorgelegt. Die Unterlagen über den Wareneinkauf waren nach Feststellung des Prüfers vollständig. Eine auf Verlangen dem Prüfer vorgelegte Preisliste stammte nach Angabe des Klägers aus 1995. Anhand der Unterlagen über den Wareneinkauf und mit den in der Preisliste genannten ...

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