Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückstellungen für betriebliche Mehrsteuern aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung sind erst dann zu bilden, wenn mit der sog. aufdeckungsorientierten Maßnahme der Steuerfahndung begonnen wurde

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Werden Einlagen bzw. ihre Herkunft geprüft, ist der Steuerpflichtige wegen der von ihm selbst hergestellten Verbindung zwischen Privat- und Betriebsvermögen verstärkt zur Mitwirkung verpflichtet.

2. Bei Verletzung dieser Pflicht kann ein Sachverhalt dahin gewürdigt werden, dass unaufgeklärte Kapitalzuführungen auf nicht versteuerten Einnahmen beruhen.

3. Rückstellungen für betriebliche Mehrsteuern aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung sind erst dann zu bilden, wenn der Steuerpflichtige mit seiner Inanspruchnahme aus den Mehrsteuern zu rechnen hatte.

4. Dies ist der Fall mit dem Beginn der sog. aufdeckungsorientierten Maßnahmen der Steuerfahndung.

 

Normenkette

AO §§ 162, 90 Abs. 2, § 158; FGO § 96 Abs. 1 Sätze 1, 2. Halbsatz; EStG § 4 Abs. 1, 5 Nr. 10, § 5 Abs. 1; HGB §§ 247, 252 Abs. 1 Nr. 4, § 266

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob der Antragsgegner – das Finanzamt (FA) – zu Recht die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen nach einer Steuerfahndungsprüfung erhöht hat.

Der Antragsteller (ASt) ist als freier Handelsvertreter […] tätig und ermittelt seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den strafrechtlichen und steuerrechtlichen Ermittlungsbericht (Steufa-Bericht) vom 5. Dezember 2007 […], die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide vom 11. Februar 2008 für 1996 […], für 1997 […], für 1998 […], für 1999 […], für 2000 […], für 2001 […], für 2002 […], für 2003 in Höhe von [… xxx EUR] und der Einkommensteuerbescheide vom 19. Februar 2008 für 2004 […], für 2005 […], für 2006 in Höhe von [… xxx EUR],

die Vollziehung der Steuerbescheide über den Solidaritätszuschlag vom 11. Februar 2008 für 1996 […], für 1997 […], für 1998 […], für 1999 […], für 2000 […], für 2001 […], für 2002 […], für 2003 in Höhe von [… xxx EUR] und der Steuerbescheide vom 19. Februar 2008 für 2004 […], für 2005 […], für 2006 in Höhe von [… xxx EUR] und

die Vollziehung der Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag vom 11. Februar 2008 für 1996 […], für 1997 […], für 1998 […], für 1999 […], für 2000 […], für 2001 […], für 2002 […], für 2003 in Höhe von [… xxx EUR]

wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit für die Dauer des Einspruchsverfahrens auszusetzen.

Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Mit Beschluss vom 17. Juli 2008 hat der Senat das Verfahren wegen der Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Umsatzsteuer für 1996 bis 2003 abgetrennt und an den zuständigen 14. Senat abgegeben.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist unbegründet.

An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte bestehen keine ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. mit Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der Antrag auf AdV ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (Bundesfinanzhof-BFH-Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674).

2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Der beschließende Senat hat keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1996 bis 2006.

a) Soweit sich der ASt gegen die Zurechnung der Bareinzahlungen auf die Konten bei der […] (X-Bank) als Betriebseinnahmen in den Jahren 1996 bis 2003 wendet, ist der beschließende Senat nach summarischer Prüfung der Auffassung, dass die Schätzung des FA zutreffend ist.

Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Erklärung zu geben vermag oder wenn ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt. Gleiches gilt, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnung der Besteuerung nicht nach § 158 AO zugrunde gelegt werden kann (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO). Buchführung und Aufzeichnungen eines Steuerpflichtigen sind der Besteuerung nur zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls...

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