Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft als ständiger Vertreter im Inland (§ 13 AO). Aussetzung der Vollziehung in Sachen Körperschaftsteuer 1995,. Zinsen zur Körperschaftsteuer 1995,. Solidaritätszuschlag 1995 und Gewerbesteuer-Meßbetrag 1995

 

Tenor

1. Die Vollziehung des Gewerbesteuer-Meßbescheids 1995 vom 7.7.1997 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens in voller Höhe gegen Sicherheitsleistung von 4.800 DM ausgesetzt.

2. Die Verwirkung angefallener Säumniszuschläge wird insoweit aufgehoben, als sie auf den ausgesetzten Betrag entfallen.

3. Im übrigen wird der Antrag abgelehnt.

4. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner zu 1/3 und der Antragstellerin zu 2/3 auferlegt.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren das Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte und die Körperschaftsteuer- sowie Gewerbesteuerpflicht der Antragstellerin in der Bundesrepublik Deutschland.

Wegen des Sachverhalts im einzelnen wird auf den Bericht über die Steuerfahndungsprüfung vom … die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Antragstellerin beantragt die Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuer-Bescheids 1995, des Bescheids über die Festsetzung von Zinsen zur Körperschaftsteuer 1995, des Bescheids über die Festsetzung des Solidaritätszuschlags 1995 sowie des Gewerbesteuer-Meßbescheids 1995, alle vom 7.7.1997, in voller Höhe wegen ernstlicher Zweifel an deren Rechtmäßigkeit.

Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt die Ablehnung des Antrags.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist nur teilweise begründet.

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand der präsenten Beweismittel ergeben sich neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in rechtlicher oder Unklarheit in tatsächlicher Hinsicht bewirken (§ 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO); Bundesfinanzhof-BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BStBl III 1967, 182 und vom 5. März 1979 GrS 5/77, BStBl II 1979, 50).

Die Antragstellerin ist eine nach portugiesischem Recht als Sociedade por Quotas (Lda) gegründete Gesellschaft. Diese Rechtsform ist der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung vergleichbar. Der Sitz der Antragstellerin soll sich in P. Portugal befinden. Im Veranlagungszeitraum 1995 unterhielten die Gesellschafter … L. (L.) und … M. (M.) jeder eine Wohnung in München. Beide Herren waren auch Geschäftsführer der Antragstellerin, Herr M. seit 23.8.1995. Von Juli bis November 1995 (Steuerfahndungsprüfung: 29.11.1995) erzielte die Antragstellerin unstreitig gewerbliche Einkünfte durch Erbringung von Subunternehmerleistungen im Baugewerbe.

Das Finanzamt schätzte wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen die Höhe dieser Einkünfte, veranlagte die Antragstellerin als im Inland beschränkt Steuerpflichtige zur Körperschaftsteuer und setzte anhand der geschätzten Besteuerungsgrundlagen einen einheitlichen Gewerbesteuer-Meßbetrag für 1995 fest.

Die Erfassung der Antragstellerin als beschränkt Körperschaftsteuerpflichtige begegnet keinen Bedenken des Senats.

Nach § 2 Nr. 1 Körperschaftsteuergesetz sind Körperschaften, zu denen auch die Gesellschaften mit beschränkter Haftung zählen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Körperschaftsteuergesetz), die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben, mit ihren inländischen Einkünften beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Welche Einkünfte inländische im Sinne des § 2 Nr. 1 Körperschaftsteuergesetz sind, bestimmt sich nach § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz i.V.m. § 49 Einkommensteuergesetz. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Einkommensteuergesetz zählen zu den inländischen Einkünften aus Gewerbebetrieb solche, für die im Inland eine Betriebsstätte unterhalten oder ein ständiger Vertreter bestellt ist.

Das Finanzamt stützte seine Auffassung von der beschränkten Steuerpflicht der Antragstellerin auf das Vorliegen einer Betriebsstätte im Sinne des § 12 Satz 1, insbesondere Satz 2 Nr. 1 Abgabenordnung. Diese Betriebsstätte soll sich in der Wohnung des Geschäftsführers M. in U. befunden haben. Das erscheint dem Senat jedoch ernstlich zweifelhaft.

Der in § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Einkommensteuergesetz verwendete Betriebsstättenbegriff bestimmt sich zwar nach § 12 Abgabenordnung (BFH vom 28.7.1993 I R 15/93, BFHE 172/301, BStBl II 1994, 18). Bedenken bestehen im vorliegenden Fall aber am Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Abgabenordnung.

Was unter einer Stätte der Geschäftsleitung im Sinne des § 12 Satz 2 Nr. 1 Abgabenordnung zu verstehen ist, ist der Bestimmung des § 10 Abgabenordnung zu entnehmen (vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO, 16. Aufl., § 12 AO Tz. 11). Danach befindet sich die Geschäftsleitung einer Kapitalgesellschaft dort, wo sich der Mittelpunkt ihrer geschäftlichen Oberleitung befindet. Als Mittelpunkt der geschäftl...

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