rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Wertpapier-Veräußerungsgeschäften im Jahr 2003. Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte. Verfassungsmäßigkeit. Aussetzung der Vollziehung in Sachen Einkommensteuer 2003

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Besteuerung privater Wertpapierveräußerungsgeschäfte im Jahr 2003 nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 2003 verfassungsgemäß ist. Für ein nach wie vor bestehendes strukturelles Vollzugsdefizit spricht nach Auffassung des Senats, dass bis zum Jahr 2003 weder ein Quellenabzugsverfahren geschaffen noch das bestehende Deklarationsverfahren durch ein wirksames Kontrollverfahren abgesichert wurde.

 

Normenkette

EStG 2003 § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 45d Abs. 1; AO § 30a; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2

 

Tenor

1) Der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 26.10.2004 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens in Höhe von 13.545 EUR von der Vollziehung ausgesetzt.

2) Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

3) Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Gewinnen aus privaten Wertpapierveräußerungsgeschäften im Veranlagungszeitraum 2003.

I.

Der Antragsteller (ASt) erzielte im Streitjahr als Steuerfachangestellter Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Daneben wies er in seiner Steuererklärung aus dem Verkauf von Wertpapieren (Optionsscheinen und Indexzertifikaten) sonstige Einkünfte in Höhe von 35.905 DM aus. Der Antragsgegner (das Finanzamt -FA-) setzte mit Einkommensteuer(ESt)bescheid vom 26. Oktober 2004 die sonstigen Einkünfte antragsgemäß an, verrechnete sie mit Verlustvorträgen aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 4.551 DM und setzte die Einkommensteuer auf 20.150 EUR fest. Als Nachzahlungsbetrag bei der ESt forderte das FA 14.382 EUR an. Eine vorläufige Steuerfestsetzung hinsichtlich der sonstigen Einkünfte lehnte das FA mangels anhängiger gerichtlicher Verfahren in den Gründen des Bescheids ab. Über den fristgerecht eingelegten Einspruch hat das FA bislang nicht entschieden. Den mit dem Einspruch eingereichten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA mit Bescheid vom 05. November 2004 ab.

Mit dem vorliegenden Antrag begehrt der ASt vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz. Zur Begründung verweist er auf einen Beschluss des Finanzgerichts Brandenburg vom 24. Mai 2004 (3 V 974/04, DStRE 2004, 956).

Der ASt beantragt,

den ESt-Bescheid 2003 vom 26. Oktober 2004 in Höhe von 13.545 EUR von der Vollziehung auszusetzen.

Das FA beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verweist es darauf, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Urteil vom 09. März 2004 (2 BvL 17/02, BGBl I 2004, 591, BFH/NV 2004, Beilage 3, 293) den Befund eines strukturellen Vollzugsdefizits nicht auf die Jahre nach 1998 erstreckt habe. Ferner habe es auf die Änderung der einfachgesetzlichen Lage ab dem Veranlagungszeitraum 1999 hingewiesen. Schließlich nimmt das FA Bezug auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 19. März 2004 (IV D 2 – S 0338 – 11/04, BStBl I 2004, 361), in dem eine Aussetzung der Vollziehung in entsprechenden Fällen ausgeschlossen wurde.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Der zulässige Antrag ist begründet. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des ESt-Bescheids 2003 vom 26. Oktober 2004.

Nach § 69 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das Finanzgericht die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts u.a. dann ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen. Derartige Zweifel sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dies gilt auch für ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 und 3 FGO an der verfassungsrechtlichen Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 15. Dezember 2000 IX B 128/99, BFHE 194, 157, BStBl II 2001, 411). An die Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind, wenn die Verfassungswidrigkeit von Normen geltend gemacht wird, keine strengeren Anforderungen zu stellen, als im Falle der Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung (BFH-Beschluss vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454). Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (BFH-Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 25. August 1998 II...

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