Entscheidungsstichwort (Thema)

Von Notaren für Vertretung an Notarassessoren freiwillig geleistete Zahlungen keine steuerfreien „Trinkgelder”

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Muss ein Notarassessor im Rahmen seiner Ausbildung Vertretungen für Notare übernehmen und erhält er von den vertretenen Notare freiwillige Zahlungen, so handelt es sich insoweit um steuerpflichtigen Arbeitslohn und nicht um nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfreie „Trinkgelder”.

2. Das Verhältnis zwischen dem Notarassessor und den vertretenen Notaren ist kein solches Verhältnis, das man typischerweise wie für die Anwendung von § 3 Nr. 51 EStG erforderlich mit dem Verhältnis zwischen einem Kunden oder einem Gast zu Mitarbeitern in der Gastronomie, im Handwerk oder im Taxigewerbe vergleichen könnte. Trinkgeld i. S. d. § 3 Nr. 51 EStG ist eine dem dienstleistenden Arbeitnehmer vom Kunden oder Gast gewährte zusätzliche Vergütung; es handelt sich beim Begriff des „Trinkgelds” um eine freiwillige und typischerweise persönliche Zuwendung an den Bedachten als eine Art honorierende Anerkennung seiner dem Leistenden gegenüber erwiesenen Mühewaltung in der Form eines kleineren Geldgeschenks.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 51, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.03.2015; Aktenzeichen VI R 6/14)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert beträgt 1.000,00 EUR.

 

Tatbestand

Streitig ist die Steuerpflicht von freiwilligen Zuwendungen von Notaren an eine Notarassessorin.

Die Kläger wurden nach § 26 b EStG zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.

Die Klägerin war im Streitjahr 2009 Notarassessorin in Mecklenburg-Vorpommern. Sie erhielt in diesem Jahr durch Vertretungen insgesamt 1.000,00 EUR als zusätzliche Zuwendungen von den vertretenen Notaren. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 gab die Klägerin diesen Betrag als steuerfrei erhaltene Aufwandsentschädigung (Trinkgeld) an.

Mit Datum vom 27. Dezember 2010 erließ das Finanzamt den Bescheid für 2009 über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag und behandelte den Betrag als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Gegen diesen Bescheid richtete sich der am 11. Januar 2011 im Finanzamt eingegangene Einspruch der Kläger. Zur Einspruchsbegründung tragen sie vor, dass die an die Klägerin gezahlten Beträge i. H. v. 1.000,00 EUR zu Unrecht nicht als Trinkgeld i. S. v. § 3 Nr. 51 EStG anerkannt worden seien. Bezüglich des weiteren Sachvortrages wird auf die ausgetauschten Schriftsätze verwiesen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21. November 2011 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger unter Hinweis auf das Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 15. September 2011 zum Az.: 3 K 115/11 zurück.

Die Kläger haben am 27. Dezember 2011 Klage erhoben.

Die Kläger tragen zur Begründung ihrer Klage vor,

bei den der Klägerin zugeflossenen 1.000,00 EUR handele es sich um Trinkgeld. Die Klägerin habe dieses Geld von Notaren, die im Hinblick auf die Vertretungsleistung durch Notarassessoren in einem kundenähnlichen Verhältnis zur Notarkammer stünden, als Ausdruck besonderer Wertschätzung der von ihr erbrachten Leistung erhalten. Des Weiteren stehe der Notar in einem kundenähnlichen Verhältnis zu den bei der Kammer beschäftigten Notarassessoren. Er habe zwar ein Recht, für Vertretungszwecke einen Notarassessor anzufordern, dabei handele es sich aber nur um ein Antragsrecht, da der Antrag auch abgelehnt werden könne.

Darüber hinaus spreche auch die Zahlung der Abgabe an die Ländernotarkasse A.d.ö.R für ein kundenähnliches Verhältnis. Der Notar müsse für die Leistung der Notarkammer zahlen.

Zahle der Notar an den vertretenden Notarassessor zusätzlich einen Betrag, so geschehe dies auf rein freiwilliger Basis, weil er die durch den Notarvertreter erbrachte Leistung honorieren wolle. Er sei hierzu rechtlich nicht verpflichtet, weder gegenüber der Notarkammer noch gegenüber dem jeweiligen Notarvertreter. Anders sehe dies beispielsweise in Sachsen-Anhalt aus: hier sei der Notar nach einem Beschluss der Kammerversammlung verpflichtet, bei Urlaubsvertretungen einen Betrag von mindestens 26,00 EUR für jeden Vertretungstag zu zahlen.

Der freiwillig gezahlte Betrag übersteige pro Vertretungstag i. d. R. nicht 50,00 EUR und sei angesichts der normalerweise zu erbringenden Leistung ein im Verhältnis zum Gehalt angemessener Betrag, wenn man die Leistung des Notarassessors mit der einer Kellnerin oder Friseurmitarbeiterin vergleiche.

Der Notarassessor stehe also genauso wie der Kellner oder Friseurmitarbeiter in einer doppelten Leistungsbeziehung, wenn er von seinem Arbeitgeber bzw. der von ihm beauftragten Stelle seinen Arbeitslohn erhalte und darüber hinaus unter Umständen auch von dem Vertretungsnotar ein Honorar wegen des besonderen Arbeitseinsatzes. Daher seien die ihr zugeflossenen Beträge als persönliche Anerkennung für die von ihr erbrachten Tätigkeiten während der Vertretungszeit (insgesamt 21 Tage) als steuerfreies Trinkgeld im Sinne des § 3 ...

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