Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1992

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.10.1997; Aktenzeichen VI R 136/95)

 

Tenor

Abweichend von dem Bescheid vom 11. Mai 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. November 1994 ist die Einkommensteuer 1992 nach einem zu versteuernden Einkommen von … DM unter Berücksichtigung eines Progressionsvorbehaltes von … DM (insoweit unverändert) festzusetzen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt …,– DM.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin der Kinderfreibetrag des Vaters ihrer Tochter … mit der Folge zu übertragen ist, daß dem Vater des Kindes kein Kinderfreibetrag zusteht.

Das am … geborene Kind lebt im Haushalt der Kläger. Aufgrund eines Urteils des Kreisgerichts … in … (Az.: F 147/83) vom 22. Dezember 1983 ist der Vater, … …, zu einem monatlichen Unterhalt von …,– Mark (jetzt …,– DM) verurteilt worden. Unstreitig hat er diesen Unterhaltsbetrag gezahlt.

Aufgrund eines geänderten Einkommensteuerbescheides 1992 fordert der Beklagte …,– DM Einkommensteuer, die als Nachforderung dadurch entstanden ist, daß er gegenüber seiner ursprünglichen Entscheidung nunmehr die Hälfte des Kinderfreibetrages für … nicht vom Vater des Kindes auf die Klägerin übertragen hat. Nach Angaben der Vertreterin des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung war der Vater des Kindes im Streitjahr arbeitslos.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren tragen die Kläger mit ihrer Klage vor:

Für die Frage, ob im Sinne des § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG (im Jahre 1992 geltende Fassung) der Vater des Kindes zum Unterhalt seiner leiblichen Tochter im wesentlichen Umfang beigetragen habe, müsse man sich auch im Besteuerungsverfahren nach dem festgelegten Regelbedarf richten. Danach hätte der Vater für das Kind … im Jahre 1991 monatlich 201,– DM und seit Juli 1992 monatlich 315,– DM zu zahlen. Er zahle aber nicht den gesetzlichen Unterhalt, sondern lediglich die vom DDR-Gericht im Jahre 1983 festgesetzte Summe. Auf diese Weise werde der Zahlvater ungebührlich bevorzugt.

Die Kläger beantragen (schriftsätzlich sinngemäß),

abweichend von dem Bescheid vom 11. Mai 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. November 1994 bei der Festsetzung der Einkommensteuer 1992 das zu versteuernde Einkommen um … zu mindern.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor:

Die Unterhaltsverpflichtung sei durch das Kreisgericht … in … mit Urt. vom 22. Dezember 1983 auf …,– Mark festgelegt worden. Diese Unterhaltsverpflichtung habe der Zahlvater in DM erfüllt. Entscheidend für die Feststellung, ob ein Elternteil Anspruch auf den Freibetrag des anderen Elternteils habe, sei, ob der tatsächlich geleistete Unterhalt im Verhältnis zur gerichtlich oder vertraglich festgelegten Unterhaltsverpflichtung mehr als unwesentlich sei. Hier sei der gerichtlich festgelegten Unterhaltsverpflichtung in voller Höhe entsprochen worden. Zu einem höheren Unterhalt für das Kind könne es nur durch eine Abänderungsklage kommen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Zum Az.: 1 V 8/95 hat der erkennende Senat auf Antrag Aussetzung der Vollziehung gewährt.

Dem Gericht lagen die Prozeßakte zu 1 V 8/95 (Aussetzung der Vollziehung) sowie 1 Band Einkommensteuerakten des Beklagten vor.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte entscheiden, obwohl die Kläger in der mündlichen Verhandlung weder anwesend noch vertreten waren (§ 91 Abs. 2 FGO).

Die Klage ist begründet.

Nach § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG (seit Veranlagungszeitraum 1994 Satz 5) ist auf Antrag der Klägerin der dem Beigeladenen zuerkannte Kinderfreibetrag auf sie zu übertragen, weil sie, nicht jedoch der Vater des Kindes der Unterhaltspflicht für das Kalenderjahr 1992 im wesentlichen nachgekommen ist.

Die Klägerin hat durch Aufnahme des Kindes in den gemeinsamen Haushalt mit dem Kläger ihre Unterhaltspflicht vollständig erfüllt. Es ist zwar unstrittig, daß der Vater der im Jahre 1979 geborenen Tochter … den aufgrund des Urteils des Kreisgerichts vom 22. Dezember 1983 zu zahlenden Unterhalt von jetzt …,– DM geleistet hat. Diese gerichtliche Entscheidung gilt auch nach der Wiedervereinigung fort (Art. 18 Abs. 1 Einigungsvertrag). Doch kann sie heute nicht mehr als Maßstab für die Erfüllung der Unterhaltsverpflichtung zugrunde gelegt werden.

Zwar heißt es im Absch. 181 a Abs. 1 Satz 2 EStR (an den das Gericht nicht gebunden ist), daß Feststellungen über die Höhe der Unterhaltsverpflichtung nach Unterhaltstabellen (z. B. „Düsseldorfer Tabelle”) nur zu treffen seien, „soweit die Höhe nicht durch gerichtliche Entscheidung” festgelegt sei.

Das kann aber nicht bedeuten, daß eine durch Zeitablauf u...

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