Entscheidungsstichwort (Thema)

§ 10d Abs. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des StEntlG 1999/2000/2002 ist verfassungsgemäß

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.03.1999 (EStG 1999), der den Abzug des Verlustvortrags vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen anordnet, ist verfassungsgemäß. Die von Verfassungs wegen gebotene einkommensteuerrechtliche Freistellung des Existenzminimums betrifft nur den Verlustausgleich im Verlustentstehungsjahr.

2. Der Gesetzgeber war von Verfassungs wegen nicht gehalten, beim Verlustvortrag ein der Regelung des § 10d Abs. 1 Satz 8 EStG vergleichbares Wahlrecht zur Beschränkung des Verlustvortrags zu schaffen.

3. Der Gesetzgeber respektiert in § 10d Abs. 2 EStG 1999 das objektive Nettoprinzip, indem er die grundsätzliche Abziehbarkeit entstandener Verluste nicht in Frage stellt.

4. Die Anwendung des § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG 1999 begegnet im Hinblick auf das sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebende grundsätzliche Verbot, rückwirkend belastende Steuergesetze zu erlassen, keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln.

 

Normenkette

EStG 1997 Fassung: 1999-03-24 § 10d Abs. 2 S. 1; EStG 1997 Fassung: 1999-03-24 § 10d Abs. 1 S. 8; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.04.2010; Aktenzeichen IX B 191/09)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert beträgt 1.430,00 EUR.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/ 2002 vorgenommene Änderung in § 10 d Abs. 2 Satz 1 EStG (Berücksichtigung von Verlusten vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen) verfassungswidrig ist.

Der im Jahr 1941 geborene Kläger ist von Beruf Rechtsanwalt und Steuerberater. Er erzielte im Jahr 2001 Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Einkünfte aus Kapitalvermögen und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV).

Der Beklagte stellte gegenüber dem Kläger mit dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2000 vom Januar 2002 einen verbleibenden Verlustvortrag für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf 19.911,00 DM und für die Einkünfte aus VuV auf 142.987,00 DM fest. Mit dem Bescheid vom selben Tag setzte er für das Jahr 2000 eine Einkommensteuer von 0,00 DM fest. Der zum 31. Dezember 2000 für den Kläger festgestellte verbleibende Verlustvortrag zur Einkommensteuer ergab sich im Wesentlichen aus der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz (FördergebietsG).

Der Kläger besaß in … zwei Eigentumswohnungen, für die er seit 1996 Sonderabschreibungen in unterschiedlicher Höhe in Anspruch genommen hatte. Auf das Jahr 2000 entfielen dabei 56.094,00 DM und 38.304,00 DM. Aus der Beteiligung des Klägers an der GbR … in … entfielen auf den Kläger im Jahr 2000 Sonderabschreibungen nach dem FördergebietsG von 37.058,16 DM.

Der Kläger gab am … Januar 2003 seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 beim Beklagten ab. Mit dem Bescheid vom … März 2003 setzte der Beklagte eine Einkommensteuer von 0,00 EUR fest. Die verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer stellte der Beklagte zum 31. Dezember 2001 mit 11.261,00 DM bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit und 102.853,00 DM bei den Einkünften aus VuV fest. Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens ermittelte der Beklagte aufgrund von Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit von 7.304,00 DM, Einkünften aus Kapitalvermögen von 13.635,00 DM und Einkünften aus VuV von 27.845,00 DM einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 48.784,00 DM. Unter Berücksichtigung eines Verlustvortrags in gleicher Höhe sowie unter Abzug von Sonderausgaben und Ausbildungskosten nach § 33 a Abs. 2 EStG ermittelte der Beklagte ein zu versteuerndes Einkommen von – 13.885,00 DM.

Gegen beide Steuerbescheide legte der Kläger am … April 2003 Einsprüche ein. Er führte zur Begründung an, dass der Abzug des Verlustvortrags vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen rechtswidrig sei, weil § 10 d Abs. 2 Satz 1 EStG in der ab 1999 geltenden Fassung verfassungswidrig sei.

Mit den Bescheiden vom … September 2003 änderte der Beklagte die angefochtenen Bescheide aus anderen, hier nicht streitigen Gründen. Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens berücksichtigte er einen Gesamtbetrag der Einkünfte von 48.908,00 DM und einen Verlustvortrag von 48.908,00 DM und gab das zu versteuernde Einkommen mit – 13.885,00 DM an. Die festgesetzte Einkommensteuer betrug weiterhin 0,00 EUR. Die verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer stellte der Beklagte zum 31. Dezember 2001 mit 11.249,00 DM bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit und 102.741,00 DM bei den Einkünften aus VuV fest.

Eine weitere Begründung der Einsprüch...

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