[Ohne Titel]

Axel Jansen[*]

Im EU-Ausland steuerbare und steuerpflichtige elektronische sonstige Leistungen an Nichtunternehmer können seit dem 1.7.2021 vereinfachend über das One Stop Shop-Verfahren gem. § 18j UStG versteuert werden. Bei Organschaften versagt die deutsche Finanzverwaltung derzeit dem gesamten Organkreis die Meldung von Umsätzen über das OSS-Verfahren in einzelnen Ländern, wenn auch nur eine Organgesellschaft in diesem Land über eine Betriebsstätte bzw. feste Niederlassung verfügt. Das FG Köln widerspricht dieser Vorgehensweise, da es sich um eine unionsrechtswidrige Auslegung der Vorschriften zum OSS handelt. Der Beitrag erläutert die Entscheidung des FG und befasst sich mit den divergierenden Rechtsauffassungen der Verfahrensbeteiligten.

[*] Der Autor Axel Jansen ist als Syndikus-StB in Neuss tätig.

I. Gegenstand des Verfahrens

Das FG Köln hat sich mit Beschluss vom 3.4.2023 zu Einzelheiten des besonderen Besteuerungsverfahrens für bestimmte, im übrigen Gemeinschaftsgebiet zu versteuernde, Umsätze geäußert.[1] Dieses sog. "One Stop Shop" (OSS)-Verfahren ist in der aktuellen Fassung seit dem 1.7.2021 aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben anzuwenden (Art. 369a ff. MwStSystRL), wenn an Nichtunternehmer Leistungen erbracht werden, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet der Umsatzbesteuerung unterliegen. Dies betrifft Fernverkäufe von Waren nach § 3c UStG (früher "Versandhandel"), Lieferungen, die über eine elektronische Schnittstelle abgewickelt werden, z.B. über Online-Marktplätze, sowie elektronisch erbrachte Dienstleistungen, die an im EU-Ausland ansässige private Endverbraucher und andere Nichtunternehmer erbracht werden ("B2C" = Business to Consumer).[2]

[2] Zur Darstellung der Regelungen und Probleme allg. vgl. Oldiges/Mateev, DStR 2021, 2377 ff.; zu Fernverkäufen von Gegenständen vgl. z.B. von Streit/Duyfjes, UStB 2018, 197; von Streit/Duyfjes, UStB 2020, 62; Gothmann, UStB 2020, 363.

II. E-Commerce und Umsatzsteuer seit dem 1.7.2021

Sofern derartige Lieferungen und Leistungen an Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten erbracht werden, wird die Umsatzsteuerschuld auf die im Ausland ansässigen Unternehmer übertragen, sei es als innergemeinschaftlicher Erwerb bei körperlichen Gegenständen oder als Reverse Charge-Verfahren bei sonstigen Leistungen, analog zu § 13b UStG. Im Leistungsaustausch zwischen Unternehmern treffen den inländischen Leistenden daher keine Erklärungs- und Steuerzahlungspflichten im EU-Ausland.

Bei Leistungen an Nichtunternehmer ist dies anders. Da dem Nichtunternehmer nicht zugemutet werden kann, Umsatzsteuer auf aus dem EU-Ausland empfangene Waren und Dienstleistungen abzuführen, bleibt der leistende inländische Unternehmer Schuldner der im Ausland zu entrichtenden Umsatzsteuer. Dies führt bei international tätigen Unternehmen zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand, da sie sich in jedem einzelnen Land, in dem sie steuerpflichtige Umsätze ausführen, für umsatzsteuerliche Zwecke bei den dortigen Finanzbehörden registrieren und – unter Beachtung des jeweiligen Landesrechts – Steueranmeldungen abgeben müssen. Die internen und externen Kosten bei Beauftragung von lokalen Steuerberatern im Ausland betragen schnell mehrere Tausend Euro pro Jahr und Land.

Das OSS-Verfahren, dem zuvor in einem eingeschränkten Umfang das Mini-OSS-Verfahren (MOSS) vorangegangen war, bietet hier für die Unternehmer grundsätzlich eine erhebliche Erleichterung. Der Grundgedanke des OSS-Verfahrens ist, dass sich der Unternehmer nur in seinem Ansässigkeitsstaat bei der zuständigen Behörde registriert und dann vierteljährlich eine besondere Voranmeldung abgibt, in der er die Umsätze für alle übrigen EU-Mitgliedstaaten deklariert und die Steuerschuld für jedes Land berechnet. Die Gesamtzahlung für diese ausländischen Steuerschulden leistet er dann an die zuständige inländische Behörde. In Deutschland ist das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) für die Entgegennahme dieser Meldungen und die Weiterleitung der Daten und Gelder an die ausländischen Finanzbehörden verantwortlich.[3]

Die EG-rechtlichen Vorgaben wurden mit §§ 18h bis 18k UStG in nationales Recht umgesetzt. Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schr. vom 1.4.2021 zu den Regelungen Stellung genommen und den UStAE entsprechend ergänzt.[4]

 

Beispiel

Der in Deutschland ansässige Konzern K bildet mit dem Organträger OT und mehreren Organgesellschaften OG einen umsatzsteuerlichen Organkreis. Die Organgesellschaft OG1 erbringt auf elektronischem Weg[5] Informationsdienstleistungen, die sie über eine Internetplattform entgeltlich Kunden in der gesamten EU anbietet.

Kunden, die bei der Registrierung auf der Plattform eine gültige USt-ID-Nr. eines anderen Mitgliedstaates hinterlegen, erhalten Rechnungen ohne Umsatzsteuer mit Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers. Kunden, die keine USt-ID-Nr. hinterlegen, erhalten Rechnungen mit der Umsatzsteuer ihres Sitzlandes. Zwar könnte OG1 diese elektronisch erbrachten Leistungen auch so lange mit deutscher Umsatzsteuer abr...

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