Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragungsfehler bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine berichtigungsfähige ähnliche Unrichtigkeit i.S.v. § 129 AO in Form eines Übertragungsfehlers liegt vor, wenn Aufwendungen in der Buchführung zutreffend auf einem Aufwandskonto verbucht, jedoch aufgrund eines technischen Fehlers versehentlich nicht in die Berechnung des Gewinns nach § 4 Abs. 3 EStG übernommen wurden. Unbeachtlich ist, wenn der Fehler bei bloßer Sichtung der Gewinnermittlung ohne Berücksichtigung des Kontennachweises schwer bzw. nur bei einem Abgleich mit Vorjahres-Gewinnermittlungen ersichtlich ist.

 

Normenkette

AO § 129 S. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2013 über die Frage, ob der Beklagte zum Erlass eines Änderungsbescheids verpflichtet ist, in welchem der Gewinn um bisher nicht berücksichtigte Personalkosten (hier: gesetzliche soziale Aufwendungen) i.H.v. 55.709,08 EUR zu vermindern ist.

Der Kläger ist Arzt, seine Einkünfte werden vom Beklagten im Wege der gesonderten Gewinnfeststellung festgestellt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wirkt seit vielen Jahren an der Erstellung der Feststellungserklärungen mit.

Im Streitjahr 2013 verbuchte der Prozessbevollmächtigte für den Kläger im Rahmen des im Buchführungsprogramm „DATEV” eingerichteten Kontenrahmen „SKR 81” (für Ärzte; siehe aktuelle Fassung des Kontenrahmens Bl. 38 ff. der Gerichtsakte – d.A.) u.a. „Gesetzliche Sozialaufwendungen” (Konto 4130) i.H.v. insgesamt 55.709,08 EUR (siehe Kontenblatt Bl. 36 f. d.A.). Das Konto ist allgemein der Kontengruppe 4 – „Betriebliche Aufwendungen” – zugeordnet und stellt ein Unterkonto des Kontenbereichs 4100 (Personalkosten) dar.

Ausweislich der Bilanzakte reichte der Kläger im Februar 2015 – vorab zur später im April 2015 eingereichten Feststellungserklärung – die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für das Streitjahr ein. Hierin wird ein Gewinn von 349.567,78 EUR erklärt. Als Vorjahreswert (= 2012) wird ein Gewinn von 355.558,22 EUR angegeben, ausweislich der Vorjahres-Gewinnermittlung betrug der tatsächlich erklärte Gewinn des Vorjahres hingegen 296.935,80 EUR.

Auf Blatt 2 der Gewinnermittlung 2013 sind keine wesentlichen Veränderungen der Personalkosten erkennbar (Vorjahr: 136.239,14 EUR; Streitjahr: 131.083,95 EUR), die ausgewiesenen Personalkosten des Vorjahres weichen jedoch auch hier von den tatsächlich im Vorjahr erklärten Personalkosten (194.861,56 EUR) ab.

Grund dieser Differenzen ist, dass im Büro des Prozessbevollmächtigten ein von diesem im Rahmen des Schriftsatzes vom 10. November 2016 nebst Anlagen (Bl. 32 ff. d.A.), auf den vollumfänglich verwiesen wird, geschilderter Zuordnungsfehler unterlaufen ist. Während im Vorjahr 2012 mehrere Aufwandskategorien der Personalkosten erstellt wurden (Löhne und Gehälter; Gesetzliche soziale Aufwendungen; Freiwillige soziale Aufwendungen; Sonstige Personalkosten) und diese zutreffend mit ihren Salden in die Gewinnermittlung einflossen (siehe insbes. Bl. 2, 15 der Gewinnermittlung 2012), wurde im Streitjahr 2013 eine Aufwandskategorie „Personalaufwendungen” erstellt, in welche dann Einzelkonten mit ihren Salden eingegliedert wurden (siehe Bl. 2, 14 der Gewinnermittlung 2013). Bei dieser Zuordnung, welche technisch in DATEV über eine sog. „Zuordnungstabelle” funktioniert, ist jedoch fehlerhaft das hier maßgebliche Konto 4130 (Gesetzliche Sozialaufwendungen) mit dem Saldo von 55.709,08 EUR nicht in die Personalaufwendungen oder eine andere Aufwandskategorie eingruppiert worden. Das Konto wird – wie in Bl. 17 der Gewinnermittlung 2013 erkennbar ist – unter „Sonstige Konten” am Ende des Kontennachweises aufgeführt, ohne in die Gewinnermittlung einzufließen. Unter den „Sonstigen Konten” sind ansonsten nur Bestandskonten (z. B. Praxiseinrichtung, Verbindlichkeiten, Bank, Kasse) sowie Entnahme- und Einlagekonten aufgeführt. Das Konto 4130 ist das einzige Konto der „4000er-Gruppe”, welches unter den „sonstigen Konten” aufgeführt wird.

Zum Programmablauf hat der Prozessbevollmächtigte hierzu im Klageverfahren mit Vorlage von Kontenrahmen und Bildschirmausdrucken erläutert, dass bei Erstellung der Zuordnungstabellen von einem seiner Mitarbeiter ein „Haken” falsch gesetzt worden ist, wodurch das Konto entgegen der eigentlich vorgesehenen Darstellung im Rahmen des DATEV-Kontenrahmen 05 „Freiberufler, § 4 Abs. 3 EStG”) nicht gewinnwirksam geworden ist.

In der Gewinnermittlung des Folgejahres (2014) ist der Prozessbevollmächtigte zur Darstellung wie im Jahre 2012 zurückgekehrt, das Konto 4130 wird dort wieder zutreffend als Aufwandskonto erfasst und in der Gewinnermittlung gewinnmindernd berücksichtigt.

Im April 2015 reichte der Kläger im Anschluss an die Erstellung durch den Prozessbevollmächtigten, welcher unter „Bei der Ausfertigung dieser Steuererklärung hat mitgewirkt” aufgeführt wird, die Feststellungserklärung beim Beklagten ein und wurde dur...

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