Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzureichende Identifizierung eines zugestellten Bescheides

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Kürzel "UStB" neben der Steuernummer genügt selbst dann nicht als Geschäftsnummer für die notwendige Identifizierung einer zugestellten Sendung, wenn er mit einer Jahreszahl verbunden ist. Denn es könnte sich um einen beliebigen Verwaltungsvorgang handeln, der die Umsatzsteuer des betreffenden Jahres angeht. Für eine wohlwollende Interpretation der Bezeichnung ist nach Sinn und Zweck des VwZG kein Raum.

 

Normenkette

VwZG § 3 Abs. 1 S. 2, § 9 Abs. 1; AO 1977 § 355 Abs. 1, 1 S. 1, § 122 Abs. 2, 5; VwZG § 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.03.2004; Aktenzeichen V R 11/02)

 

Tatbestand

Der Kläger war im Streitjahr 1997 unternehmerisch tätig. Wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung setzte der Beklagte die Umsatzsteuer im Wege der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen fest. Der Beklagte veranlaßte die Bekanntgabe des Umsatzsteuerbescheids für 1997 vom 16.10.1998 an den Kläger persönlich durch förmliche Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz. Weil der Zusteller den Kläger nicht antraf, übergab er die Sendung am 17.10.1998 im Wege der Ersatzzustellung dem Vater des Klägers. Auf der Postzustellungsurkunde vermerkte der Zusteller: „Ich habe den Empfänger selbst in der Wohnung nicht angetroffen. Daher habe ich die Sendung dort dem zu seiner Familie gehörenden erwachsenen Hausgenossen/im Dienst der Familie stehenden Erwachsenen … unter der Zustellanschrift übergeben”.

Die Postzustellungsurkunde weist unter der Gliederungsnummer „1.1. Geschäftsnummer” die Steuernummer des Klägers und unter der Gliederungsnummer „1.2. Ggf. weitere Kennz.” den handschriftlichen Vermerk „UStB 97” aus.

Mit Schreiben vom 17.12.1998, beim Beklagten eingegangen am 4.1.1999, erhob der Kläger Einspruch mit der Begründung, er habe den Umsatzsteuerbescheid nicht erhalten. Sein Vater habe den Bescheid an ihn nicht weitergeleitet. Erst Mitte Dezember 1998 sei er durch eine Mahnung auf die Existenz des Bescheids aufmerksam geworden. Zugleich beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er legte dazu eine eigene sowie eine eidesstattliche Versicherung seines Vaters vom 12.1.1999 vor. Danach erinnert sich der Vater, die Sendung für den Kläger entgegengenommen zu haben, die ihm jedoch abhanden gekommen sei.

Mit der Einspruchsentscheidung vom 1.2.1999 verwarf der Beklagte die Einsprüche wegen Fristversäumnis als unzulässig. Wiedereinsetzung gewährte er nicht, weil das Versäumnis des Vaters dem Kläger zuzurechnen sei.

Mit der dagegen erhobenen Klage läßt der anwaltlich vertretene Kläger lediglich vortragen, der Einspruch sei zulässig und begründet. Die angekündigte gesonderte Begründung ist bis heute nicht bei Gericht eingegangen. In der mündlichen Verhandlung war der Kläger nicht vertreten.

Der Kläger beantragt,

die Einspruchsentscheidung wegen Umsatzsteuer 1997 18.3.1999 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

Die Klage abzuweisen.

Er beruft sich auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die vorgelegten Steuerakten (1 Band Umsatzsteuer, Jahrgänge 1995 bis 1997, 1 Band Einkommensteuerakte 1994 bis 1999, 1 Band Erlaß- und Stundungsakte, 1 Band Vertragsakte) verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat die Einspruchsfrist nicht versäumt. Der Umsatzsteuerbescheid für 1997 ist durch die Ersatzzustellung am 17.10.1998 nicht wirksam bekanntgegeben worden, weil er unter Verletzung des § 3 Abs. 1 Satz 2 VerwaltungszustellungsgesetzVwZG – zugestellt worden ist. Zum Zeitpunkt der Einspruchserhebung am 4.1.1999 war deshalb die Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen. Der Bescheid ist dem Kläger bis dahin nicht nachweislich zugegangen. Nach der eidesstattlichen Versicherung des Vaters, der die Sendung entgegengenommen aber nicht weitergegeben hatte, kann von einem Zugang des Bescheids beim Kläger persönlich nicht ausgegangen werden (§ 9 Abs. 1 VwZG).

Ein Steuerbescheid wird erst wirksam und setzt die Rechtsbehelfsfrist in Gang, wenn er dem Adressaten bekannt gegeben worden ist (§ 355 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung – AO–). Anstelle der formlosen Bekanntgabe durch einfachen Brief (§ 122 Abs. 2 AO) kann die Finanzbehörde die Zustellung eines Steuerbescheides anordnen (§ 122 Abs. 5 AO). Die Zustellung richtet sich in diesem Falle nach den Vorschriften des VwZG.

Diese Zustellung ist im Streitfall mißlungen, denn es ist die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 2 VwZG verletzt worden. Danach ist die zuzustellende Sendung mit der Anschrift des Empfängers und der Bezeichnung der absendenden Dienststelle, einer Geschäftsnummer sowie einem Vordruck für die Zustellungsurkunde zu versehen.

Die Postzustellungsurkunde bezeugt aber nicht die Übergabe des Schriftstücks selbst, sondern nur die Übergabe einer Sendung, die mit einer Geschäftsnummer bezeichnet ist. Die Geschäftsnummer auf der Sendung und a...

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