Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis der Unternehmereigenschaft im Vergütungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Es bestehen Zweifel, ob das Erfordernis der Vorlage einer Unternehmerbescheinigung nach § 61 Abs 3 UStDV durch Billigkeitserwägungen substituiert werden kann.

2) Es ist klärungsbedürftig, ob eine nach eigener Auffassung in den Niederlanden ansässige Gesellschaft die Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus einer von ihr vorgelegten britischen Unternehmerbescheinigung beanspruchen kann.

 

Normenkette

UStDV § § 59 ff., § 61 Abs. 3; UStG § 18 Abs. 9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.10.2003; Aktenzeichen V R 103/01)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Vergütung von Vorsteuer im Rahmen des besonderen Verfahrens nach § 18 Abs. 9 UStG, §§ 59 ff. UStDV; streitentscheidend ist letztlich die Frage nach einer Unternehmerbescheinigung für die Klägerin.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine BV (GmbH) niederländischen Rechts. Gegenstand des Unternehmens war der Im- und Export sowie der Großhandel mit elektronischen Geräten.

Die Klägerin stand in einem Konzernverhältnis zur NN (EUROPE) Ltd., X, Großbritannien. Die NN (EUROPE) Ltd. war wiederum eine Tochterfirma der Konzernobergesellschaft MM CORP., Y, USA .

Die Geschäftsleitung bei der Klägerin übten die Herren A, USA; B, Großbritannien und C, Großbritannien, aus.

Die Geschäftsführertätigkeiten wurden von den Geschäftsführern nebenberuflich in den USA bzw. in Großbritannien wahrgenommen. Die Abwicklung der Geschäftstätigkeit der Klägerin (Vertragsabschlüsse, Auslieferungen, Rechnungserteilungen usw.) erfolgte im wesentlichen von Großbritannien aus.

Die Klägerin beschäftigte keine eigenen Arbeitnehmer. Der Telefonanschluß der Klägerin lautete auf die PP-GmbH

Die Klägerin vertrieb von den Niederlanden aus für die Konzernobergesellschaft deren Produkte in Europa.

Die Klägerin trat dabei als Verkäuferin im eigenen Namen und für eigene Rechnung auf. Unter anderem lieferte die Klägerin auch nach Deutschland. Bei den Produkten handelte es sich um Prüfgeräte für die F-Industrie. Die Produkte wurden für Zwecke des Transportes zerlegt und beim Abnehmer vor Ort wieder zusammengebaut.

Die Lieferbedingungen richteten sich – für die ganze Gruppe – nach den „MM- Corperation Sales & Service Polices”. Diese regelten, welche Leistungen im Zusammenhang mit der Lieferung der Prüfgeräte zu erbringen waren. Danach wurden auch verschiedene Gewährleistungen, Dienstleistungen, Beratungs- und Trainingsleistungen erbracht.

Da die Klägerin in Deutschland nicht vertreten war, beauftragt sie die O-(Deutschland) GmbH mit der Durchführung der vorgenannten Arbeiten. Zu diesem Zwecke schlossen die Klägerin und O- GmbH Deutschland ein sogenanntes „Sales Representative and Support Agreement” (einen Vertreter- und Unterstützungsvertrag). Entsprechend dieser Vereinbarung belastete die O- GmbH Deutschland der Klägerin ihre Kosten mit einem Aufschlag zuzüglich Umsatzsteuer.

Darüber hinaus kam es noch zur Durchführung von Wartungsleistungen seitens der O- GmbH Deutschland, deren tatsächliche und rechtliche Qualität zwischen den Beteiligten streitig ist.

Die Klägerin beantragte die Vergütung von Vorsteuern im Rahmen des besonderen Verfahrens nach § 18 Abs. 9 UStG, §§ 59 bis 61 UStDV für in Rechnung gestellte Verkaufs-, Service- und Trainingsleistungen der O-Deutschland GmbH:

Antragsdatum:

01.05.1993

01.05.1993

14.06.1994

14.06.1994

21.06.1995

Vergütungszeitraum

07-10 1992

01-04 1993

07-12 1993

01-04- 1994

06-12 1994

Die Anträge waren unterschrieben von einem „MR. R”, den die Klägerin als „International Controller” der NN EUROPE Ltd. mit Sitz in X, Großbritannien, bezeichnete; die Klägerin wies darauf hin, daß sich in den Niederlanden kein Direktor bzw. Unterschriftsbevollmächtigter befinde.

Die Klägerin reichte darüber hinaus eine „Erklärung über Steuerpflicht” der niederländischen Steuerbehörde vom 14.04.1993 ein; danach war die Klägerin als „mehrwertsteuerpflichtig” unter einer Steuernummer geführt. Diese Bescheinigung war von dem niederländischen „BELASTINGDIENST / GROTE ONDERNEMINGEN ROTTERDAM” ausgestellt worden; die Kläger hatte zum Zeitpunkt der Ausstellung ihren „Geschäftssitz” in Amsterdam.

Mit den Bescheiden vom 15.12.1994 und 20.12.1995 lehnte der Beklagte die Vergütung der Umsatzsteuer ab, weil die Klägerin kein Unternehmer im Sinne des § 2 UStG und die tatsächliche Geschäftsleitung nicht von den Niederlanden aus erfolgt sei.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Einsprüche ein. Die Klägerin vertrat die Auffassung, die Unternehmereigenschaft läge vor, da sie, wie von der 6. EG-Richtlinie gefordert, eine wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausübe. Der Beklagte habe nicht das Recht, den Begriff zu ihrem Nachteil nach nationalem Recht auszulegen. Die Klägerin führte weiter aus, der Verkauf und die Lieferung der Geräte an die Endabnehmer sei durch sie selbst erfolgt. Daneben habe sie – die Klägerin – unentgeltliche Service- und Wartungsarbeiten im Rahmen der Lieferung ihrer Produkte durchgeführt, für dere...

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