Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Vorsteuervergütung; Frage der wirksamen Antragstellung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für einen wirksamen Vergütungsantrag ist die eigenhändige Unterschrift der Stpfl. notwendig. Da juristische Personen als Unternehmer zwar antragsberechtigt, verfahrensrechtlich aber nicht handlungsfähig sind, ist die eigenhändige Unterschrift ihres gesetzlichen Vertreters - Vorstand oder Geschäftsführer - oder eines besonders Beauftragten erforderlich. Ein Antrag durch einen Bevollmächtigten - wie im Streitfall - ist unwirksam.

2. Vom Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift bei in Drittstaaten ansässigen Unternehmern kann weder aufgrund der EuGH-Rechtsprechung (Rechtssache Yaesu Europe BV) noch aufgrund der Gesetztessystematik des § 18 Abs. 9 UStG, noch nach der 13. EG-RL abgewichen werden.

 

Normenkette

UStG § 18 Abs. 9

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin innerhalb der Antragsfrist einen wirksam unterzeichneten Antrag auf Vorsteuervergütung für den Zeitraum 10-12/2009 gestellt hat.

Die Klägerin ist in den USA ansässig. Sie ist im Finanzinvestitionssektor tätig.

Am 30. Juni 2010 (Posteingangsdatum) stellte sie beim Beklagten nach § 18 Abs. 9 UStG i.V.m. §§ 59 ff. UStDV einen Antrag auf Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2009 i.H.v. 29.658 €. Der Antrag war im Unterschriftenfeld mit dem Zusatz „i.V.” unterzeichnet und mit einem Stempel der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft A GmbH versehen.

Dem Antrag war eine Unternehmerbescheinigung vom 6. November 2010 beigefügt. Diese betrifft das Steuerjahr („Tax Year”) 2009.

Als Steuerpflichtige („Taxpayer”) ist die Klägerin mit TIN-Nummer – ohne Angabe einer Anschrift – eingetragen. Die Bescheinigung lautet wie folgt:

„I certify that the above-named corporation filed a U.S. corporate income tax return, Form 1120, as required. Form 1120 shows the business activity code and business activity for the above taxpayer is …123… Trust, Fiduciary, and Custody Activities

*VAT only, not applicable to income taxes*”

Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheinigung vom 6. November 2010 Bezug genommen (befindlich in der Verwaltungsakte des Beklagten, Seite 2).

Mit Bescheid vom 2. September 2011 wurde der Vorsteuervergütungsantrag mangels eigenhändiger Unterschrift der Klägerin abgelehnt.

Hiergegen legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 14. März 2014 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Zu Begründung ihrer hiergegen fristgemäß erhobenen Klage hat die Klägerin die Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde in dem Verfahren XI B 111/11 eingereicht, in dem es u.a. um die Frage geht, ob die Eintragung „Geschäftskosten – siehe Rechnungen” in Abschnitt 9 Buchst. a) für die Wirksamkeit eines Vorsteuervergütungsantrags ausreicht. Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass sie darauf verweise, da es auch dort um vom Beklagten behauptete Formfehler bei der Antragstellung gehe.

In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde wird vorgetragen, dass bei unzureichenden Angaben im Antrag ein verfahrensrechtlicher Fehler und kein materiellrechtliches Defizit gegeben seien. Die Versagung der Vorsteuervergütung wegen einer unzureichenden Eintragung würde gegen den Effektivitätsgrundsatz verstoßen.

Der Effektivitätsgrundsatz sei insbesondere auch anzuwenden, wenn es um das Konkurrenzverhältnis zwischen Verfahrensrecht und materiellem Umsatzsteuerrecht gehe. Materiell-rechtlich sei das Umsatzsteuerrecht wesentlich durch das Neutralitätsprinzip geprägt. Dieser Grundsatz bedeute, dass bei einem Konflikt zwischen dem materiellrechtlichen Anspruch auf Vorsteuervergütung als Ausdruck des Neutralitätsgrundsatzes und dem zu beachtenden Verfahrensrechts dem materiell-rechtlichen Anspruch immer Vorrang zukomme. Durch die Nichtbefolgung einer Förmlichkeit könne ein Unternehmer nicht sein Recht auf Vorsteuervergütung verlieren. Es werde Bezug genommen auf das EuGH-Urteil vom 8. Mai 2008 (C-96/07, Ecotrade, Tz. 62 f.).

Es werde auch gegen den europarechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nur gewahrt, soweit die einzutragenden Angaben zur Überprüfung des Antrags erforderlich seien. Auch die EU-Kommission habe es in dem EuGH-Verfahren Ecotrade als völlig unangemessen und unverhältnismäßig betrachtet, dass sich ein Gemeinschaftsstaat unter Berufung auf die Nichtbefolgung bloßer Aufzeichnungsförmlichkeiten ungerechtfertigt bereichern wolle (EuGH-Urteil vom 8. Mai 2008, C-96/07, Ecotrade, Tz. 33).

Es sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Beklagte habe es unterlassen, sie binnen der Jahresfrist auf die nach seiner Auffassung nach nicht ordnungsgemäße Unterschrift hinzuweisen. Folglich gelte die Jahresfrist nicht, da dieses Verhalten des Beklagten mit höherer Gewalt gleichzusetzen sei.

Im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 8. August 2013 (V R 3/11) trägt die Klägerin vor, dass die EU-Kommission Deutschland bereits im September 2012 in ein...

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