Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnsteuerhaftung des GmbH-Geschäftsführers nach Insolvenzantrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Lohnsteuer-Haftung des GmbH-Geschäftsführers entfällt nicht durch die mögliche Anfechtung der Zahlung durch den Insolvenzverwalter nach §§ 129 ff. InsO.

2) Die Pflicht zur Abführung der Lohnsteuer entfällt auch nicht durch einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

 

Normenkette

AO § 69; InsO §§ 129 ff.; AO § 34

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger für Lohnsteuerschulden der Firma A GmbH & Co KG i. I. (KG) haftet.

Der Kläger führte als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH auch die Geschäfte der KG. Am ….02.2010 beantragte er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der KG. Noch am selben Tag wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO) bestellt. Das Insolvenzverfahren wurde am ….06.2010 eröffnet (…IN …).

Mit Haftungsbescheid vom 30.06.2010 bzw. Teil-Änderungsbescheid vom 16.08.2010 wurde der Kläger für Lohn- und Kirchensteuer sowie Solidaritätszuschlag der KG für die Monate Januar und Februar 2010 i.H.v. 32.494,05 EUR gemäß §§ 34, 69 AO in Anspruch genommen; ebenso verfuhr der Beklagte mit dem zweiten Geschäftsführer der GmbH.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 02.09.2010 aus: Die Liquiditätsschwierigkeiten der KG befreiten den Kläger nicht von seiner Verpflichtung zur Abführung der Lohnsteuer. Bei nicht ausreichenden Mitteln dürfe der Geschäftsführer die Löhne nur gekürzt oder als Teilbetrag auszahlen und müsse aus den übrigen Mitteln das FA befriedigen. Der Kläger habe demgegenüber während des Haftungszeitraums die Nettolöhne ungekürzt an die Arbeitnehmer auszahlen lassen, die entsprechenden Abzugssteuern aber nicht an das FA abgeführt. Die Lohnsteuer 1/2010 sei zum 10.02.2010 und damit vor dem Insolvenzantrag fällig gewesen. Daran ändere sich auch dann nichts, wenn der Kläger wie vorgetragen davon ausgegangen wäre, dass die Liquiditätslage der KG die Abführung bei Fälligkeit ermöglicht hätte.

Die Lohnsteuer 2/2010 sei am 10.03.2010 fällig geworden. Auch bei diesem Verfahrensstand sei der Kläger von seiner Verpflichtung zur Abführung der Lohnsteuer nicht befreit gewesen, da im Streitfall kein allgemeines Verfügungsverbot, sondern nur ein Zustimmungsvorbehalt beschlossen worden sei. Soweit der vorläufige Insolvenzverwalter im Rahmen seines Zustimmungsvorbehalts die Lohnsteuerabführung verweigere, habe der Kläger als verantwortlicher Geschäftsführer auch keine Löhne auszahlen dürfen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem BFH-Beschluss vom 19.02.2010 – VII B 190/09. Diese Entscheidung wäre nur dann einschlägig, wenn der Kläger alles ihm Mögliche für die Abführung der Lohnsteuer bei Fälligkeit getan habe, der vorläufige Insolvenzverwalter aber (etwa durch Stornierung von Überweisungsaufträgen oder von Einzugsermächtigungen) in den Zahlungsverkehr der KG eingegriffen hätte. Der Kläger habe jedoch erst gar keine Zahlungen an das FA veranlasst, sondern lediglich darauf vertraut, dass die Lohnsteuer bei einem erfolgreichen Abschluss der Verkaufsverhandlungen würde abgeführt werden können. Würden solche Erwartungen später enttäuscht, so lägen diese Umstände in seiner Risikosphäre.

Neben dem Kläger sei auch der zweite Geschäftsführer der GmbH durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen worden. Beide hafteten gemäß § 44 Abs. 1 AO als Gesamtschuldner und schulden jeder für sich die gesamte Leistung.

Der Kläger macht unter Hinweis auf das Insolvenzverfahren geltend, keine Verantwortung für die Nichterfüllung der Lohnsteuer zu tragen; er beruft sich dazu auf den BFH-Beschluss vom 19.02.2010 – VII B 190/09. Danach bestehe für den Geschäftsführer einer insolvenzreifen GmbH keine allgemeine rechtliche Verpflichtung, gegen einen vorläufigen Insolvenzverwalter vorzugehen, der in den Zahlungsverkehr der GmbH eingreife. Der Insolvenzverwalter habe keine Freigabe für die Bezahlung der Lohnsteuer erteilt. Außerdem habe dieser eine Zahlung nach §§ 129 ff. InsO anfechten können. Dies gelte auch für die vor dem Insolvenzantrag fällige Lohnsteuer 1/2010, bei der nach der Liquiditätseinschätzung zum 10.02.2010 davon ausgegangen worden sei, dass sie hätte abgeführt werden können. Die Löhne für Februar seien nach dem Schreiben des Insolvenzverwalters vom 04.08.2010 im Zuge der anhaltenden Verkaufsverhandlungen vorfinanziert und aus der Masse ausgeglichen worden.

Der Kläger beantragt, den Haftungsbescheid vom 30.06.2010 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 16.08.2010 und die Einspruchsentscheidung vom 02.09.2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich dazu im Wesentlichen auf die Begründung in der Einspruchsentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Allein der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens befreit den GmbH-Geschäftsführer nicht von der Lohnsteuer-Haftung.

1. Gemäß § 69 Satz 1 i.V....

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