Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Beweiserleichterung für den Nachweis des Zugangs eines Bescheids nach mehreren Jahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Reduzierung des Beweismaßes bei dem vom Finanzamt nach § 122 Abs. 2 AO zu führenden Beweis des Zugangs eines Bescheids kommt auch dann nicht in Betracht, wenn die Bekanntgabe erst nach mehr als 6 Jahren streitig wird und das Finanzamt wegen Vernichtung der Steuerakten für das betreffende Streitjahr die Aufgabe zur Post (Absendevermerk) nicht nachweisen kann.

 

Normenkette

AO 1977 § 122 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.03.2003; Aktenzeichen X R 17/99)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Einkommensteuerbescheid 1980 wegen fehlender Bekanntgabe sowie offenkundig überhöhter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen unwirksam ist.

Der Kläger ist in L…… wohnhaft. Er lebte – nach seiner vom Beklagten nicht bestrittenen Darstellung – zunächst mit seiner Lebensgefährtin bis Ende 1980, dem Streitjahr, unter der Anschrift ….Platz … zusammen. Ende 1980/Anfang 1981 kehrte er zu seiner Ehefrau in die eheliche Wohnung,….16, zurück. Bereits nach ca drei Monaten verlies er wieder seine Ehefrau und zog in die Wohnung ….Platz … zurück. Seit Anfang 1982 wohnt er mit seiner Lebensgefährtin unter seiner jetzigen Anschrift ….18.

Der Kläger war bis 1980 als selbständiger Installationsmeister tätig. Sein Betrieb lag in ……(S……. Straße). Am 30.09.1980 meldete er seinen Handwerksbetrieb ab. Nach seinen Angaben hatte er wegen der bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten bereits mit Ablauf des Jahres 1979 seine Angestellten entlassen und in 1980 keine neuen Aufträge mehr ausgeführt, sondern lediglich bestehende Geschäftsbeziehungen noch „abgewickelt”. Das Unternehmen wurde nach seiner Erinnerung mit Ablauf des Monats April 1980 vollständig eingestellt.

Am 09.03.1992 eröffnete der Kläger, nachdem er in der Zwischenzeit bei verschiedenen Unternehmen als Arbeitnehmer tätig war, wieder einen neuen Gewerbebetrieb für Gas- und Wasserinstallation in…… Diesen Betrieb verlegte er mit Wirkung vom 01.04.1994 nach L……, in den Amtsbezirk des Beklagten.

1. Der Beklagte behauptet, er habe gegen den Kläger einen Einkommensteuerbescheid 1980 erlassen; das Datum des Bescheides könne er nicht mehr angeben. Die Steuerakten für das Streitjahr 1980 sind unstreitig nicht mehr vorhanden. Aus der Vollstreckungsakte ergibt sich, daß die Finanzkasse zunächst

a) am 10.12.1982 eine Rückstandsanzeige (Nr. der R.-Kartei: I/6) über eine am 10.12.1982 fällige Zahlung, und zwar über Einkommensteuer 1980 in Höhe von ….DM nebst Säumniszuschlägen und über rk. Kirchensteuer 1980 in Höhe von ….DM, und danach

b) am 10.02.1983 eine Rückstandsanzeige (Nr. der R.-Kartei: I/7) über eine am 20.1.1983 fällige Abschlußzahlung, und zwar über Einkommensteuer 1980 in Höhe von …….DM nebst Säumniszuschlägen und über rk. Kirchensteuer 1980 in Höhe von……,00 DM, ausgestellt hatte.

Des Weiteren ergibt sich aus der Vollstreckungsakte, daß die Vollstreckungsstelle bereits in der weiter zurückliegenden Zeit bis 1989 wegen rückständiger Einkommensteuern auch für den Veranlagungszeitraum 1980, und zwar sowohl wegen der Vorauszahlungen als auch wegen der Abschlußzahlung zu b), zahlreiche Vollstreckungsmaßnahmen durchgeführt hatte. Folgende Vollstreckungsmaßnahmen betrafen auch die unter b) genannte Abschlußzahlung 1980:

1.1 Antrag vom 25.04.1983 auf Eintragung einer Sicherungshypothek wegen Steuerrückstände von insgesamt ……00 DM und Beitritt mit Schreiben vom 9.05.1983 zur Zwangsversteigerung des im Grundbuch ………eingetragenen Grundstücks (Bl 5467);

1.2 Pfändung Lebensversicherung am 12.02.1985;

1.3 Pfändung in das bewegliche Vermögen am 12.03.1985;

1.4 Pfändung des Arbeitslohns am 21.03.1985;

1.5 Pfändung des Arbeitslohns am 10.01.1989.

Die Pfändungsverfügungen zu 2, 4 und 6 gab der Beklagte dem Kläger unter der Anschrift…… 18 in L…… jeweils mit einfachem Brief bekannt.

Zur Durchführung von Pfändungen in das bewegliche Vermögen wegen Rückständen von insgesamt …….DM suchte der Vollziehungsbeamte des Beklagten bei der Vollstreckungsmaßnahme zu 3 die Wohnung des Klägers (…… 18, L……. 1) auf. Der Kläger selbst wurde in der Wohnung nicht angetroffen, sondern nur Frau A…… Die Pfändung verlief fruchtlos.

1.6 Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung

Zur Feststellung u.a. des neuen Arbeitgebers forderte der Beklagte mit Schreiben vom 30.03.1989 (unter der Anschrift:…… 18, …L…. 1) den Kläger auf, unter Vorlage eines Vermögensverzeichnisses die eidesstattliche Versicherung wegen rückständiger Einkommen- und Kirchensteuer 1979 und 1980 zuzüglich Verspätungs- und Säumniszuschläge sowie Vollstreckungskosten in der Gesamthöhe von……,00 DM abzugeben.

Am 20.4.1989 gab er unter Vorlage eines Vermögensverzeichnisses die eidesstattliche Versicherung ab. In dem Verzeichnis gab er die Wohnanschrift „…… 18, L…… 1” an.

2. Nach Ablegung der eidesstattlichen Versicherung unternahm der Beklagte zunächst keine weiteren Vollstreckungsversuche. Als eine aktuell...

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