Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchschnittsatzbesteuerung für Landwirte bei Organschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Das in § 24 Abs. 1 UStG enthaltene Tatbestandsmerkmal "für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze" ist richtlinienkonform dahin zu verstehen, dass damit nur die Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistungen gemeint sind, auf die die Pauschalregelung des Art. 25 RL 77/388/EWG bzw. derer Nachfolgeregelung in Art. 295 ff. MwStSystRL Anwendung findet.

2) Soweit ein Land- und Forstwirt sowohl selbst erzeugte als auch zugekaufte Produkte veräußert, unterliegt nur der Vertrieb der selbst erzeugten Produkte der (pauschalen) Umsatzbesteuerung nach § 24 UStG; die Vermarktung zugekaufter landwirtschaftlicher Erzeugnisse sowie nicht betriebstypischer Produkte (sog. Handelswaren) unterliegen der Regelbesteuerung.

3) Umsätze selbst erzeugter Produkte, die der Landwirt als Organträger im Rahmen einer Organschaft über die Organgesellschaft tätigt, unterliegen der (pauschalen) Umsatzbesteuerung nach § 24 UStG.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2; RL 77/388/EWG Art. 25; MwStSystRL Art. 295 ff; UStG § 24

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.08.2017; Aktenzeichen V R 64/16)

 

Tatbestand

Streitig ist nach Durchführung des außergerichtlichen Vorverfahrens und Erörterung der Sach- und Rechtslage im Verlauf des Klageverfahrens (nur) noch, ob und inwieweit Ausgangsumsätze, die die … GmbH (GmbH) als Organgesellschaft des Klägers (Or- ganträger) mit der Vermarktung des von diesem erzeugten Gemüses erzielt hat, infolge der vom Beklagten angenommenen umsatzsteuerlichen Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 des UmsatzsteuergesetzesUStG) gemäß § 24 UStG der für land- und forstwirt- schaftliche Betriebe geltenden Durchschnittssatzbesteuerung unterliegen.

Der Kläger bewirtschaftete in den Streitjahren (2004 und 2005) einen in F belegenen Aussiedlerhof. Er erzielte durch den Anbau von Gemüse, insbesondere einer …, aber auch mit der Erzeugung von Zuckerrüben, Kartoffeln und Getreide, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Eine Umsatzsteuererklärung gab er lediglich am 26. Oktober 2007 für das Jahr 2005 in Form einer Nullmeldung ab.

Der Kläger war darüber hinaus alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der im Jahre 1999 gegründeten … (GmbH), deren Geschäftsgegenstand ausweislich des Handelsregisterauszugs in den Streitjahren der Handel mit Agrarprodukten und -bedarfsmitteln sowie Lebensmitteln, insbesondere Frischprodukten war. Im Zuge einer von der Gesellschafterversammlung am 25. April 2007 beschlossenen Neufassung des Gesellschaftsvertrags wurde der Unternehmensgegenstand um das „Betreiben von Landwirtschaft und das Verarbeiten von landwirtschaftlichen Produkten, Businesscoaching und – training” erweitert.

Nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Beteiligten wurde das vom Kläger erzeugte Gemüse in den Streitjahren teilweise an die GmbH veräußert und sodann von dieser gewaschen, entstielt, verpackt und weiter vermarktet.

Unter dem 19. Oktober 2009 ordnete der Beklagte für das Unternehmen des Klägers eine die Jahre 2004 bis 2007 umfassende Umsatzsteuersonderprüfung an, die das Vorliegen der Voraussetzungen für die Annahme einer Organschaft einschließlich der daraus resultierenden Konsequenzen und die Überprüfung der geltend gemachten Vorsteuern aus Rechnungen anderer Unternehmen zum Gegenstand hatte. Der Prüfer gelangte in seinem Bericht vom 21. April 2010, auf dessen Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, ausgehend von den unter Tz. 13 niedergelegten Feststellungen zu der Auffassung, dass es sich im Hinblick auf die Vermietung des dem Kläger gehörenden Betriebsgrundstücks (Aussiedlerhof zzgl. zugehöriger Wirtschaftsgüter wie insbesondere Pflasterverlegung, Kistenvorplatz und Kühlanlage) an die GmbH um eine Betriebsaufspaltung handele und bis zur Einstellung des Herrn T. als Prokurist bei der GmbH (am 1. Juli 2007) auch ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis zwischen dem Kläger als Organträger und der GmbH als Organgesellschaft vorgelegen habe. Daraus zog der Prüfer den Schluss, dass die bis zum 30. Juni 2007 von der GmbH erzielten Umsätze bei dem Kläger mit 7 bzw. 16 v.H. der Umsatzsteuer zu unterwerfen und im Gegenzug die der GmbH in Rechnung gestellten Vorsteuern beim Kläger zu berücksichtigen seien. Die Vorsteuern aus Rechnungen des Klägers an die GmbH seien wegen des Organschaftsverhältnisses in 2004 um 42.424,36 € und in 2005 um 6.093,22 € zu kürzen. Außerdem ermittelte der Prüfer ausgehend von der Annahme einer Organschaft für 2004 gemäß § 15a UStG nachträglich zugunsten des Klägers zu berücksichtigende Vorsteuern i.H. von insgesamt 7.231 € und für das Folgejahr (2005) einen gemäß § 15a UStG zu gewährenden Vorsteuerabzug i.H. von 6.360 €. Schließlich errechnete er im Rahmen der Regelbesteuerung abziehbare Vorsteuern aus Rechnungen anderer Unternehmer i.H. von 127.009,08 € (2004) und 176.688,01 € (2005).

Wegen der weiteren Einzelhe...

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