Entscheidungsstichwort (Thema)

Formelle Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

Leitsatz (redaktionell)

Für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO reicht es nicht aus, innerhalb der Antragsfrist lediglich die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Vielmehr müssen auch die für die Wiedereinsetzung wesentlichen Tatsachen schlüssig vorgetragen werden.

 

Normenkette

AO § 110 Abs. 2, 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten in verfahrensrechtlicher Hinsicht über die Zulässigkeit eines Einspruchs gegen die Einkommensteuerfestsetzung für 2006 und in der Sache über die Erfassung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Grundstücks bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft.

Die steuerlich beratenen Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten unter anderem gemeinsam Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger erzielte darüber hinaus Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie aus einer selbständigen Tätigkeit.

Außerdem war der Kläger Eigentümer eines 4.779 qm großen Grundstücks in C (Flur a, Teilstück b/c), das ihm im Jahr 1966 von seinen Eltern unentgeltlich übertragen worden war. Die Eltern des Klägers hatten unter anderem dieses Grundstück in den Jahren 1955/56 als Wiesengrundstück erworben und zum Teil mit Jungfichten bepflanzt. In der Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts gaben die Eltern des Klägers an, dass es sich bei diesem Grundstück um eine sogenannte „Holzung” handelte. Dementsprechend wurde ihnen gegenüber für das Grundstück der Einheitswert zum 1.1.1964 als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft festgestellt.

Nach dem Tod seines Vaters erhielt der Kläger von seiner Mutter im Jahr 2002 weitere, an anderer Stelle gelegene forstwirtschaftliche Grundstücke (Waldflächen) von insgesamt 2,13 Hektar geschenkt. Vor diesem Hintergrund wurde im Wege der Zurechnungsfortschreibung auf den Kläger für die o.g. Grundstücke zum 1.1.2003 ein Einheitswert für Stückländereien als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft festgestellt.

Mit notariellem Vertrag vom 5.12.2005 veräußerte der Kläger eine Teilfläche des Grundstücks Flur a, Teilstück b/c, an die Stadt C für 24.850 Euro. Nach Abzug von Veräußerungskosten verblieb ein zwischen den Beteiligten unstreitiger Veräußerungsgewinn von 23.226 Euro.

Das seinerzeit zuständige Finanzamt H setzte die Einkommensteuer für 2006 auf Grundlage der von den Klägern eingereichten Einkommensteuererklärung mit Steuerbescheid vom 2.6.2008 fest und berücksichtigte dabei den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Der Steuerbescheid erging nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Am 2.10.2008 ging beim Finanzamt H ein auf den 2.10.2008 datierter Schriftsatz des steuerlichen Beraters der Kläger mit folgendem Inhalt ein:

„[…]

Berater Nummer: d

Steuernummer e:

Eheleute A und A1

Einkommensteuerbescheid 2006 vom 02.06.2008

Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen den obigen Bescheid hatten wir mit Schreiben vom 12.06.2008 Einspruch eingelegt und dürfen diesen nunmehr wie folgt begründen:

Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die Veräußerung einer Teilfläche von ca. 710 m² aus dem Grundbesitz „F” gemäß Kaufvertrag vom 05.12.2005 – UR Nr. f/2005 des Notars X – keine Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft begründet.

Streitig ist, ob der unserem Mandanten zuzurechnende Grundbesitz einen forstwirtschaftlichen Betrieb darstellt oder zum privaten Grundvermögen rechnet.

[… Es folgen weitere Ausführungen in der Sache]”

In der Sache führten die Kläger im Schreiben vom 2.10.2008 aus, dass es sich bei Grundstücken des Klägers bereits mit Blick auf die geringe Gesamtfläche von 0,47 Hektar und 2,13 Hektar nicht um einen forstwirtschaftlichen Betrieb handele. Daher sei der Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücksanteils nicht bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zu erfassen.

Für nähere Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 2.10.2008, der sich in den Steuerakten des Beklagten befindet, Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 30.1.2009 teilte das Finanzamt H mit, dass ihm kein Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 vorliege und der Bescheid vom 2.6.2008 daher in Bestandskraft erwachsen sei. Im Übrigen sei der Gewinn aus der Veräußerung der Teilfläche von 710 m² zutreffend bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft erfasst worden.

Für nähere Einzelheiten wird auf das Schreiben des Finanzamts H vom 30.1.2009, das sich in den Steuerakten des Beklagten befindet, Bezug genommen

Am 5.2.2009 ging beim Finanzamt H ein Schriftsatz des steuerlichen Beraters der Kläger vom selben Tag mit folgendem Inhalt ein:

„[…]

Berater Nummer: d

Steuernummer e VST…

Eheleute A und A1

Bezug: Ihr Schreiben vom 30.1.2009

Sehr geehrte Damen und Herren,

auf ihr obiges Schreiben übersenden wir ihnen eine Kopie unseres Einspruchs vom 12.06.2008 gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 sowie einen Auszug aus unserem Postausgangsbuch vom 1...

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