Entscheidungsstichwort (Thema)

Spontanauskunft an chinesische Finanzverwaltung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Aufgrund der "kleinen Auskunftsklausel" in Art. 27 Abs. 1 Satz 1 DBA China ist es der deutschen Finanzverwaltung erlaubt, der chinesischen Finanzverwaltung "spontan" Informationen mitzuteilen, die zur Durchführung des DBA China erforderlich sind.

2) Eine Auskunftserteilung ist zur Durchführung des DBA "erforderlich", wenn die ernstliche Möglichkeit besteht, dass der andere Vertragsstaat abkommensrechtlich ein Besteuerungsrecht hat und ohne die Auskunft von dem Gegenstand diese Besteuerungsrechts keine Kenntnis erlangt.

3) Die deutsche Finanzverwaltung ist danach befugt, der chinesischen Finanzverwaltung Informationen über den Aufenthalt in China und die Einkünfte eines in China tätigen deutschen Arbeitnehmers mitzuteilen, für die nach Art. 15 DBA China der chinesische Staat das Besteuerungsrecht hat.

 

Normenkette

AO § 117 Abs. 2; DBA China Art. 27 Abs. 1 S. 1; AO § 30 Abs. 4 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.04.2008; Aktenzeichen I R 79/07)

BFH (Urteil vom 29.04.2008; Aktenzeichen I R 79/07)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Zulässigkeit der Erteilung von Spontanauskünften an die chinesische Finanzverwaltung aufgrund einer sog. „kleinen Auskunftsklausel” im Doppelbesteuerungsabkommen.

I.

Die Klägerin, eine juristische Person in Gestalt einer Aktiengesellschaft, ist als technische Sachverständigenorganisation u.a. für die Überwachung von … sowie von Anlagen der … tätig.

Die Klägerin unterhielt jedenfalls im Jahr 2003 eine Betriebsstätte in A, Volksrepublik China.

In dieser Betriebsstätte war Herr B.C. – von Beruf … – als Arbeitnehmer der Antragstellerin vom 17.04.2002 bis 31.12.2003 beschäftigt. Der Arbeitnehmer behielt während dieser Zeit seinen Wohnsitz im Inland (00000 K.L., Nähe D) bei.

Am 06.08.2002 fertigte die Klägerin bezüglich des Arbeitnehmers einen „Antrag für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer auf Erteilung einer Bescheinigung über die Freistellung des Arbeitslohns vom Steuerabzug auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung”, der bei dem zuständigen Betriebsstätten-Finanzamt D.x. am 08.08.2002 einging.

Mit Bescheid vom 15.08.2002 bescheinigte das Finanzamt die Freistellung des Arbeitslohns vom Steuerabzug unter Bezugnahme auf § 39b Einkommensteuergesetz (EStG – Durchführung des Lohnsteuerabzugs) und auf Art. 15 Abs. 1 (Unselbständige Arbeit) des Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 10. Juni 1985 (BGBl. Teil II 1986, S. 447 – DBA-China). Die Freistellung war auf den Zeitraum 17.04.2002 – 31.12.2003 – längstens bis zur Beendigung der Tätigkeit in China – befristet.

Daraufhin erstellte die Klägerin ihrem Arbeitnehmer eine Lohnsteuerkarte für das Dienstverhältnis vom 01.01. bis 31.12.2003.

In dieser Lohnsteuerkarte war in Ziff. 16 „Steuerfreier Arbeitslohn nach Doppelbesteuerungsabkommen / Auslandstätigkeitserlass” der Betrag von 92.638,28 EURO eingetragen. Der Betrag wurde nach Angaben der Klägerin in Deutschland an den Arbeitnehmer ausbezahlt.

Im Hinblick auf das bestehende Besteuerungsrecht in China behielt die Klägerin einen Steueranteil vom Arbeitslohn ein und führte diesen an die chinesische Finanzverwaltung ab.

Mit seiner Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2003 reichte der Arbeitnehmer am 21.05.2004 auch die Lohnsteuerkarte bei dem örtlich zuständigen Wohnsitzfinanzamt G ein. Auf der beigefügten Anlage N gab der Arbeitnehmer als „Bruttoarbeitslohn / Lohnsteuer / Solidaritätszuschlag” in den Feldern 10, 40, und 50 jeweils „0” an.

In Zeile 14 – 16 der Anlage N zur Einkommensteuererklärung hieß es auf dem Vordruck:

„Steuerfreier Arbeitslohn nach Doppelbesteuerungsabkommen / nach Auslandstätigkeitserlass …

Zu Zeile 14: Unter bestimmten Voraussetzungen erfolgt eine Mitteilung über die Höhe des in Deutschland steuerfreien Arbeitslohnes an den anderen Staat. Einwendungen gegen eine solche Weiterleitung bitte als Anlage beifügen.”

Die zugehörigen Felder 39 und 36 ließ der Arbeitnehmer frei.

Dagegen trug der Arbeitnehmer in Feld 122 des Mantelbogens der Einkommensteuererklärung den Betrag von 92.638 EUR ein. Dieses Feld bezog sich auf Zeile 52 des Vordrucks, in welcher es hieß:

„Ausländische Einkünfte, die außerhalb des in Zeile 51 [Nur bei zeitweiser unbeschränkter Steuerpflicht im Kalenderjahr 2003: Im Inland ansässig …] genannten Zeitraums bezogen wurden und nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen haben …”

Das Wohnsitzfinanzamt G legte in einem Vermerk vom 08.09.2004 seine Auffassung nieder, wonach gemäß Art. 15 Abs. 1 und 2 des DBA-China das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bei der Volksrepublik China lag und die Einkünfte in Deutschland lediglich dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen waren.

Mit gleichem Datum, dem 08.09.2004, fertigte das Finanzamt eine Mitteilung im st...

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