Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitunternehmerstellung eines OHG-Gesellschafters, Treuhandmodell, im Rückwirkungszeitraum ausscheidender Mitunternehmer, Feststellungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Gesellschafter einer OHG trägt aufgrund der persönlichen Haftung nach § 128 HGB Mitunternehmerrisiko und entfaltet aus der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis Mitunternehmerinitiative. Bei Ausschluss von der Geschäftsführung und Vertretung kann er ausreichende Mitunternehmerinitiative aufgrund des verbleibenden Kontrollrechts nach § 118 HGB ausüben. Etwaige Vereinbarungen im Innenverhältnis, die Einschränkungen der Initiativrechte bzw. Freistellungen von Risiken beinhalten, stehen der Mitunternehmerstellung eines persönlich haftenden Gesellschafters nicht entgegen.

2) Die Mitunternehmerstellung des persönlich haftenden OHG-Gesellschafters wird durch die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses am Gesellschaftsanteil nicht beeinträchtigt. Die Grundsätze des sog. Treuhandmodells, gemäß dem ein Kommanditist, der seinen Kommanditanteil treuhänderisch für den Komplementär hält, nicht als Mitunternehmer anzusehen ist, können nicht auf den als Treuhänder fungierenden OHG-Gesellschafter übertragen werden.

3) Wird eine Mitunternehmerschaft rückwirkend i.S.v. § 20 Abs. 6 UmwStG auf eine Kapitalgesellschaft verschmolzen, scheidet jedoch ein Gesellschafter im Rückwirkungszeitraum aus, hat die Zurechnung des auf diesen entfallenden Gewinnanteils im Rahmen eines gesonderten und einheitlichen Feststellungsverfahrens nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO zu erfolgen.

 

Normenkette

UmwStG § 20 Abs. 1, Abs. 6; AO § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen IV B 26/19)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage des Vorliegens einer Mitunternehmerschaft.

A OHG

Ursprünglich bestand die A OHG (nachfolgend A OHG) als A GmbH mit einem Stammkapital von … DM. Im Vorfeld des Börsengangs der A2 AG wurde die Gesellschaft in eine Personengesellschaft umgewandelt. Aufgrund notarieller Vereinbarung vom ….1998 trat die Alleingesellschafterin A2 AG einen Geschäftsanteil von 1.000 DM an ihre 100 %-ige Tochtergesellschaft, die A1 GmbH in E (nachfolgend A1 GmbH) ab. Gleichzeitig wurde die A GmbH mit steuerlicher Wirkung zum ….1998 formwechselnd in eine offene Handelsgesellschaft umgewandelt. An der so entstandenen A OHG waren demnach seit der Gründung bis zum ….06.2000 die A2 AG mit (gerundet) 99,999% sowie die A1 GmbH mit (gerundet) 0,001% beteiligt, wobei beide die Stellung als persönlich haftende Gesellschafter innehatten.

Gegenstand der A OHG

Gegenstand der A OHG war das Halten von Tochter- und Beteiligungsgesellschaften und die Erbringung zentraler Verwaltungsleistungen für diese sowie der Groß- und Einzelhandel mit … jeder Art und alle damit im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen (vgl. § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der A OHG vom ….1998, nachfolgend Gesellschaftsvertrag). Zur Geschäftsführung und Vertretung waren sowohl die A2 AG als auch die A1 GmbH befugt. Eine Verpflichtung zur Geschäftsführung bestand nur für die A1 GmbH (vgl. § 4 Gesellschaftsvertrag), die dafür jedoch keine Vergütung erhielt. Regelungen zur Gewinnverteilung oder Haftungsvergütung enthielt der Vertrag ebenfalls nicht. Die A1 GmbH war verpflichtet, die A2 AG über den Gang der Geschäfte dauernd zu unterrichten. Bei allen wichtigen geschäftlichen, insbesondere auch außergewöhnlichen finanziellen Anordnungen und Maßnahmen war ein Einverständnis des Vorstands der A2 AG einzuholen (vgl. § 5 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag). Es war vorgesehen, Einzelheiten über die Führung der Geschäfte, unter anderem den Kreis „außergewöhnlicher” und damit zustimmungspflichtiger Geschäfte, in einer Geschäftsordnung festzulegen (vergleiche § 5 Abs. 2 Gesellschaftsvertrag). Eine solche liegt nicht vor.

Aufgrund einer Treuhand- und Haftungsfreistellungsvereinbarung vom ….1998 (nachfolgend: Treuhandvertrag, datiert dort auch auf den ….1998) zwischen der A2 AG als Treugeberin und der A1 GmbH als Treuhänderin hielt die A1 GmbH den Geschäftsanteil an der A OHG im Innenverhältnis für Rechnung der A2 AG. Als Treuhänderin hatte die A1 GmbH nach den Weisungen und Richtlinien des Treugebers (A2 AG) zu handeln. Sie war auf deren Verlangen verpflichtet, ihre Gesellschafterstellung aufzugeben oder auf eine von der A2 AG zu benennende Person zu übertragen (Tz. 2 Treuhandvertrag). Irgendwelche Ansprüche gegen die Gesellschaft, etwa auf Beteiligung an deren Gesellschaftsvermögen oder Gewinn standen ihr nicht zu und konnten insbesondere auch nicht im Falle einer etwaigen Liquidation oder im Falle des Ausscheidens aus der Gesellschaft geltend gemacht werden. Das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung hatte die A1 GmbH unwiderruflich und auf Dauer auf die A2 AG übertragen (vgl. Tz. 2 Treuhandvertrag). Auf der anderen Seite stellte die A2 AG die A1 GmbH von ihrer unbeschränkten Haftung im Außenverhältnis frei (vgl. Tz. 3 Treuhandvertrag: „D...

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