Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuervergütungsantrag; elektronisch übersandte Kopie des Originaldokuments als "Kopie der Rechnung" ausreichend

 

Leitsatz (redaktionell)

Für einen wirksamen Vorsteuervergütungsantrag bedeutet es keinen Unterschied, ob das Originaldokument verwendet wird, um es elektronisch an die Finanzverwaltung zu übertragen oder ob das Originaldokument zuvor kopiert wird und nur die Kopie Ausgangspunkt der elektronischen Übertragung ist.

 

Normenkette

UStDV § 61 Abs. 2 S. 4; UStG § 18 Abs. 9

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.05.2017; Aktenzeichen V R 54/16)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Vorsteuern im Zeitraum Januar bis Dezember 2010 i.H.v. 9.300,33 €.

Am 27.09.2011 stellte die Klägerin einen Antrag auf Vergütung von Vorsteuern für den Streitzeitraum i.H.v. 16.694,56 €. Dem Antrag waren auf elektronischem Wege unter anderem Rechnungen der Firma A beigefügt, welche den Aufdruck „COPY 1” trugen. Im Einzelnen handelte es sich dabei um die Rechnungen der Positionen 34-40 und 42-49 der Anlage zum Vergütungsantrag. Wegen der Einzelaufstellung wird auf den Schriftsatz der Klägerin Bl. 5 der Gerichtsakte Bezug genommen. Insgesamt betrug das Volumen der Rechnungen der vorgenannten Positionen 9.300,33 €.

Am 29.06.2012 vergütete der Beklagte Vorsteuern i.H.v. 6.699,74 € und lehnte den Antrag im Übrigen ab, da zum Teil keine eingescannten Originalrechnungen vorgelegt worden seien.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Einspruch vom 29.06.2012. Dem Einspruch fügte sie eingescannte Originalrechnungen bei.

Am 17.08.2012 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid und vergütete 409,44 €.

Im Übrigen wies er den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17.08.2012 als unbegründet zurück.

Die Rechnungen zu den Positionen 34-40 und 42-49 seien dem Beklagten erst am 29.06.2012 und damit nach Ablauf der für das Kalenderjahr 2010 geltenden Ausschlussfrist (30.09.2011) übermittelt worden. Daher seien die Rechnungen nicht mehr zu berücksichtigen. Anhaltspunkte, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen würden, lägen nicht vor.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 13.09.2012.

Zur Begründung trägt sie vor, dass nach Art. 10 der EG-Richtlinie 2008/9/EG sowie gemäß § 61 Abs. 2 S. 1-3 UStDV auf elektronischem Weg „Kopien” aller Rechnungen zu übermitteln seien. Die dem Beklagten vorgelegten Kopien stammten sämtlich von der Rechnungsausstellerin und seien somit als Zweitschriften zu betrachten.

Sämtliche Rechnungen seien innerhalb der Ausschlussfrist übermittelt worden. Sowohl aus der Richtlinie als auch aus dem Umsatzsteuergesetz ergebe sich nicht, dass das Original der Rechnung elektronisch übermittelt werden müsse und die Übermittlung einer Kopie des Originals nicht ausreichend sei. Würden elektronisch übermittelte Ablichtungen einer Kopie der Rechnung nicht akzeptiert, verstieße dies gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Die Klägerin sei nicht nur im Besitz der Rechnungskopien, sondern auch der Originale. Sie habe vorgeschlagen, die Rechnungen in Papierform gemäß § 61 Abs. 2 S. 4 UStDV vorzulegen, was der Beklagte nicht in Betracht gezogen habe. Es bestehe auch keine Gefahr eines Betruges, da die auf den Rechnungskopien enthaltenen Daten mit den Daten auf den Originalen übereinstimmten. Daher könne auch keine Doppelerstattung erfolgen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Änderung des Ablehnungsbescheides vom 29.06.2012 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 17.08.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.08.2012 zu verpflichten, für den Vergütungszeitraum Januar bis Dezember 2010 weitere 9.300,33 € zu vergüten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine Vergütung von Vorsteuern setze voraus, dass eine ordnungsgemäße Originalrechnung vorgelegt werden könne. Die Rechtslage bis zum 31.12.2009 habe vorgesehen, dass die jeweiligen Originalbelege dem Beklagten vorzulegen seien. Mit der Einführung des elektronischen Vorsteuervergütungsverfahrens habe sich hieran nichts geändert. Lediglich seien die Originalrechnungen nicht mehr in Papierform vorzulegen, sondern auf elektronischem Wege. Die Vorlage einer Kopie reiche nicht aus, da nicht auszuschließen sei, dass die Originalrechnung nicht mehr beim Antragsteller vorliege und in anderem Zusammenhang zum Zwecke des Erhalts einer Steuervergütung verwendet werde.

Daher sei es nicht ausreichend, wenn nur eine Kopie einer Rechnung elektronisch übersandt werde. Dem stehe auch nicht § 61 Abs. 2 S. 4 UStDV entgegen. Danach könne der Beklagte im Einzelfall die Originalrechnungen anfordern. Er sei hierzu aber nicht verpflichtet. Es handele sich um eine Ausnahmevorschrift. Würde der Beklagte verpflichtet sein, in sämtlichen Zweifelsfällen die Originalrechnungen anzufordern, würde die Ausnahme zur Regel und sein Ermessen zu einer Anforderungspflicht. Im Übrigen würde dies zu einer deutlichen Verzögerung des Verfahrens führen, was in einem Widerspruch zu den Zielen der Richtlinie 2008/9/EG stehe.

 

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